Red Bull: Max Verstappen flucht nach Ungarn-Quali

Zweite Quali-Niederlage für Red Bull
Verstappen flucht über zweiten Platz

GP Ungarn 2023
Zuletzt aktualisiert am 22.07.2023

In Baku Charles Leclerc, in Budapest Lewis Hamilton. Eine Startaufstellung, in der kein Red Bull ganz vorne steht, genießt Sonderstatus in dieser Saison. Max Verstappen verfehlte die Bestzeit von Hamilton nur um drei Tausendstelsekunden. Trotzdem machte der Titelverteidiger ein Gesicht, als müsste er von Platz 15 ins Rennen gehen.

Mit einer Siegesserie wie in diesem Jahr steigen die Ansprüche. "Ich bin extrem enttäuscht", resümierte Verstappen die Niederlage. Um nicht überheblich zu wirken, korrigierte er: "Die Enttäuschung rührt nicht daher, dass die anderen so nah dran waren oder mir nur drei Tausendstel auf die Pole Position gefehlt haben. Wir haben das ganze Wochenende keine vernünftige Balance gefunden. Mir fehlte das Vertrauen, in den Kurven voll zu attackieren."

Max Verstappen - Red Bull - GP Ungarn 2023 - Budapest - Formel 1 - Qualifikation
Wilhelm

Mühsame Reise durch die K.O.-Runden

Schon in den freien Trainingssitzungen zeigte der Red Bull RB19 völlig untypische Launen. "Wir verlieren in den Kurven 5 und 6 und haben Probleme mit den Randsteinen", rapportierte Sportchef Helmut Marko. In der Qualifikation änderte das beste Auto im Feld erneut sein Gesicht. "Wir haben viel mit dem Setup probiert, aber nichtshat geholfen", bedauerte der Champion.

Es war ein unerwartet mühsamer Gang durch die Instanzen. Im Q1 auf den harten Reifen schnappte Guanyu Zhou im Alfa-Sauber Verstappen die Bestzeit vor der Nase weg. Im Q2 auf den Medium-Gummis war es Lando Norris, nachdem Verstappen die schnellste Runde wegen Übertretung der Streckenlimits in Kurve 5 gestrichen wurde. Das zwang ihn dazu, einen zweiten Satz Medium zu investieren. Eigentlich war es anders geplant.

Red Bull in Longruns überlegen

Das Q3 begann mit der üblichen Verstappen-Runde. Der Niederländer nahm seinen Verfolgern zwei Zehntel ab. "Eine ordentliche Runde", urteilte Verstappen. Aber auch eine Runde, in der er noch nicht alles gezeigt hatte. "Als ich im zweiten Versuch etwas mehr attackieren wollte, sind wir wieder aus dem Fenster rausgefallen."

Beim letzten Versuch fiel der Red Bull dann wieder in seine Balance-Schwankungen zurück. "Ich hatte am Scheitelpunkt keinen Grip. In Sektor 1 fühlte sich die Vorderachse an wie auf Eis. Im zweiten konnte ich dann ein bisschen Zeit gutmachen, nur um im letzten Abschnitt wieder die Probleme von Sektor 1 zu bekommen."

Zu allem Übel fing Lewis Hamilton den WM-Spitzenreiter in letzter Sekunde noch ab. Der Mercedes-Pilot warnte davor, seine Bestzeit gleich als Zeitenwende zu verkaufen. "In den Longruns am Freitag und Samstagmittag waren die Red Bull in einer eigenen Liga." Verstappen antwortete mit Zweifeln: "Die Longruns am Freitag waren schwer zu lesen, weil wir nur die weichen Reifen gefahren sind und wir nicht wissen, wie es bei den anderen gelaufen ist." Trotzdem sieht der Vorjahressieger für das Rennen nicht schwarz: "Da ist alles ein bisschen ruhiger und stabiler. Deshalb werden uns die Balanceprobleme im Rennen nicht notwendigerweise verfolgen."

Max Verstappen - Red Bull - GP Ungarn 2023 - Budapest - Formel 1 - Qualifikation
Wilhelm

Verstappen vermutet Fehler im Setup

Im Ingenieursbüro von Red Bull wurde nach der Qualifikation stundenlang analysiert, warum das Auto sich über zwei Tage so unberechenbar benahm. Strecken wie der Hungaroring mit Bodenwellen und Randsteinen sind nicht die Paradedisziplin des Red Bull, doch selbst unter schlechtesten Voraussetzungen reichte es bis jetzt immer noch, die Konkurrenz abzuhängen.

Verstappen vermutete, dass der Fehler im Setup lag. Möglicherweise eine Wiederholung des Fehlgriffs letztes Jahr in Interlagos, als man Mercedes mit der falschen Fahrzeugabstimmung das Tor zum Sieg öffnete. Natürlich muss man sich auch die Frage stellen, ob die Balance-Irritationen in Zusammenhang mit dem Debüt des großen Aerodynamik-Upgrades stehen, das nur ein Rennen nach der Premiere von Pirellis neuen Reifenkonstruktionen folgte.

Verstappen kann sich das nicht vorstellen. Marko auch nicht. "Unsere Zahlen sagen, dass die neuen Teile funktionieren." Trotzdem sind ein paar Unterschiede zu vorher zu erkennen. Der Red Bull ist nicht mehr das schnellste Auto auf der Gerade. Bis zum Zielstrich kann er noch mit den Besten mithalten, doch dann fällt man mit dem Topspeed ins hintere Tabellendrittel ab.

Verstappens Idealzeit gut für Pole

Die breiteren Seitenkästen kosten Red Bull möglicherweise etwas Effizienz. Aber bringen sie auch das Auto im Verlauf der Kurven aus der Balance? Die Analyse der drei Sektoren zeigt, dass Verstappen mit seiner Idealzeit von 1.16,373 Minuten klar auf die Pole Position gefahren wäre. Hamiltons theoretisch beste Runde liegt bei 1.16,570 Minuten. Lando Norris packte alle drei Sektorbestzeiten in seine beste Runde.

Das wäre ein Indiz dafür, dass die Topografie der Strecke Red Bull mit der Bodenfreiheit in einen Bereich zwang, in dem es für einige Kurven passte und für einige nicht. Da fehlt wohl auch noch ein bisschen Setup-Erfahrung mit dem neuen Paket. Das erste Training fiel ja buchstäblich ins Wasser. Das würde erklären, warum es Verstappen schwerfiel, alle drei Sektoren zu einer perfekten Runde zusammenzufassen.

Und die Konkurrenz schläft nicht. McLaren hat unzweifelhaft einen Riesensprung nach vorne gemacht, und Mercedes erwischte in Budapest genau die Zutaten, die das Auto mag: Mittelschnelle Kurven, Hitze, eine Strecke, die alle zu etwas mehr Bodenfreiheit zwingt.