F1 Unfall-Bilanz 2021: 16 Mal richtig Schrott

Inflation an Unfällen
16 Mal richtig Schrott

Veröffentlicht am 04.10.2021

In jedem anderen Jahr wäre diese Statistik nicht der Rede wert gewesen. In diesem Jahr tut sie weh. Weil Unfälle Kosten verursachen, die seit 2021 anderswo eingespart werden müssen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Formel 1 zwingt eine Budgetdeckelung die Teams zum Sparen. Unfälle gab es zwar schon immer, aber in der Vergangenheit kamen die Kosten einfach obendrauf.

Für die reichen Teams kein Problem. Für die armen schon. Sie mussten sich schon in der Vergangenheit das Geld anderswo abknapsen, wenn die realen Unfallkosten die vorher eingeplanten überstiegen. Jetzt müssen das alle. Rund drei Prozent des Budgets werden vorab für Reparaturen und Ersatzteile nach Unfällen auf die Seite gelegt.

"Wenn es mehr Unfälle werden, musst du bei der Entwicklung sparen. In der ersten Saisonhälfte kannst du das noch gut ausbalancieren. Je später die Unfälle stattfinden, desto schwieriger wird das. Weil dann bei beiden Posten nicht mehr viel Spielraum ist", erklärt McLaren-Teamchef Andreas Seidl.

Die Unfallkasse klingelt

Trotzdem ist es erstaunlich, dass bei den Buchhaltern die Schadenskasse so häufig klingelt wie schon lange nicht mehr zuvor. 28 Mal wurde ein Training oder ein Rennen wegen Unfällen mit der roten Flagge unterbrochen. Insgesamt 16 Mal an 15 GP-Wochenenden produzierten die Fahrer Schrott jenseits der Viertelmillion-Grenze. Acht Mal im Rennen, vier Mal in der Qualifikation, ein Mal im Sprint und drei Mal in freien Trainingssitzungen.

Yuki Tsunoda - Formel 1  - Imola - GP Emilia Romagna 2021
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Dazu zählen Yuki Tsuonda, Valtteri Bottas und George Russell in Imola, Mick Schumacher in Monte Carlo und Budapest, Yuki Tsunoda, Lance Stroll und Max Verstappen in Baku, Sebastian Vettel am Red-Bull-Ring, Max Verstappen in Silverstone, Charles Leclerc und Sergio Perez in Budapest, Lando Norris in Spa, Nicholas Latifi in Zandvoort und Pierre Gasly in Monza.

26 Mal schlug der Blitz so ein, dass theoretisch zwischen 100.000 und 250.000 Dollar Schaden anfiel. Das ist schnell der Fall, wenn man bedenkt, dass eine neue Nase samt Frontflügel 170.000 oder ein Unterboden 100.000 Dollar kosten. Sieben Mal passierte es im Rennen, acht Mal in der Qualifikation und neun Mal in einer der freien Trainingssitzungen. Weitere 20 Unfälle haben wir notiert, wo der geschätzte Schaden fünfstellig war. Jeden Fan würde diese Rechnung ruinieren. Für ein Formel-1-Team sind es Peanuts.

Man muss bei der Berechnung allerdings vorsichtig sein. Mercedes und Red Bull gaben bei den Unfällen von Valtteri Bottas in Imola und Max Verstappen in Silverstone jeweils Schäden von über einer Million Dollar an. Das ist eine fiktive Rechnung und geht davon aus, dass alle Teile am Auto neu waren. "Wenn bei einem Unfall Komponenten am Ende ihrer Einsatzdauer oder eine auslaufende Spezifikation kaputtgehen, kostet es praktisch nichts. Die Teile wären ja sowieso aussortiert worden", relativiert Seidl.

Üblicherweise fahren die Autos mit einem Mix aus Alt- und Neuteilen. Die einzelnen Komponenten haben unterschiedlich Ablaufdaten. Aerodynamikteile werden wegen der fortlaufenden Entwicklung häufiger gewechselt als mechanische Komponenten. Überhaupt, ist 2021 ein gnädiges Jahr. "Wegen des neuen Reglements 2022 können wir praktisch nichts für die neue Saison übernehmen. Was am Ende noch kaputtgeht, wäre sowieso weggeworfen worden."

Carlos Sainz - Ferrari - Formel 1 - GP Ungarn - Budapest - Samstag - 31. Juli 2021
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Alonso schickt Unfallliste an sein Team

Die Gründe für die Inflation an Unfällen können vielfältig sein. Die Autos sind seit den Aerodynamikbeschränkungen im Heck schwerer zu fahren. Die Fahrer riskieren mehr. Das Feld ist enger zusammengerückt. Das provoziert Kollisionen, aber auch Abflüge ohne Fremdeinwirkung. Wenn ein Zehntel fünf Plätze ausmachen kann, gehen die Fahrer näher ans Limit. Komisch ist, dass sich relativ viele Unfälle in freien Trainingssitzungen ereignen, wo es noch um nichts geht.

Carlos Sainz führt seine Unfallserie darauf zurück, dass er sich in seinem Ferrari immer noch nicht hundertprozentig zuhause fühlt. "Ich bin eigentlich kein Crashpilot. Die vielen Unfälle haben einen Grund. Ich bin immer noch auf der Suche nach dem vollen Vertrauen in das Auto. Deshalb habe ich es in Sotschi mit einem etwas konservativeren Ansatz versucht und bin gut damit gefahren."

Fernando Alonso hat es gefunden. Der Spanier schickte an Alpine-Technikdirektor Marcin Budkowski eine Mail mit der Auflistung aller Unfälle in dieser Saison und schrieb dazu, wen sie betrafen. Fazit des Ex-Champions: "Wir haben unser Unfallkonto am wenigsten von allen Teams belastet." Budkowski schrieb zurück: "Dann schau, dass es bitte so bleibt!"