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Neuer Trend in der Weiterentwicklung
Deshalb gibt es weniger große Upgrades

Aston Martin hat sich mit seinem großen Imola-Upgrade verrannt. Die letzten Ausbaustufen von Red Bull und Ferrari brachten auch nicht viel. Toro Rosso machte mit der jüngsten Entwicklungsstufe sogar einen halben Schritt rückwärts. Ist die Zeit der großen Upgrades vorbei?

Yuki Tsunoda - GP Österreich 2024
Foto: Wilhelm

Red Bull zündet in Silverstone das vierte große Upgrade in diesem Jahr. 2023 reichte eines. In Milton Keynes verspricht man sich von den neuen Teilen einiges. Windkanal und Simulationen spucken vielversprechende Zahlen aus. Dagegen steht, dass die Upgrades von Suzuka, Imola und Barcelona wenig gebracht haben. McLaren hängt dem Titelverteidiger im Getriebe. Mercedes und Ferrari sind zwei bis drei Zehntel entfernt.

Ferrari schob in Imola und Barcelona Neuentwicklungen in größerem Umfang nach. Noch haben sie die Lücke zu Red Bull nicht geschlossen. Aston Martin ist mit seinen beiden Ausbaustufen in Suzuka und Imola komplett auf die Nase gefallen. So weit weg von den Punkten wie in Barcelona und Spielberg war das Überraschungsteam des letzten Jahres lange nicht.

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Halber Rückzieher bei Toro Rosso

Toro Rosso hatte sich mit seinem Upgrade in Barcelona große Hoffnungen gemacht. Mit einem Aerodynamikpaket bestehend aus Unterboden, Kühleinlass, Seitenkästen, Motorabdeckung, Heckflügel und Beam-Wing wollte man Aston Martin überholen und das beste Auto hinter dem Spitzenquartett auf die Räder stellen. Doch der Fortschritt wurde zum Rückschritt.

In Spielberg machte Red Bulls B-Team einen halben Rückzieher. Der neue Unterboden ging zurück in die Fabrik, der Rest des Upgrades blieb am Auto. Das hatte man nach Experimenten mit unterschiedlichen Kombinationen von neuen und alten Teilen im freien Training ausgetüftelt.

Die Umgestaltung des Bodens sollte das Auto in den schnellen Kurven verbessern. Dafür opferte man sogar ein bisschen Komfort in den langsamen Ecken. Doch der gewünschte Effekt stellte sich nicht ein. Stattdessen waren die Autos instabil im Heck und ließen sich nicht mehr für alle Kurventypen ausbalancieren. Geschäftsführer Peter Bayer lobt seine Truppe: "Wir waren ehrlich mit uns selbst und haben nicht mit Macht an allen neuen Teilen festgehalten. So etwas kann dich ein paar Rennen kosten."

Daniel Ricciardo - Formel 1 - Spielberg - GP Österreich 2024
xpb

In Österreich rüstete Toro Rosso auf einen alten Unterboden zurück.

Von tief auf höher und wieder tief

Andere Teams konnten mitfühlen. Ihnen kam die Geschichte bekannt vor. Das liegt daran, dass sich die Groundeffect-Autos nun langsamen ihrem Limit nähern. Im ersten Jahr versuchte jeder, seine Autos so tief wie möglich zu fahren. Das sorgte für Bouncing, viel Bodenkontakt und unberechenbares Fahrverhalten in bestimmten Kurventypen.

Daraufhin legten die Ingenieure 2023 den Punkt, an dem der maximale Anpressdruck erzielt werden sollte, etwas höher. Das verbesserte auch den Fahreigenschaften. Doch die Ingenieure merkten schnell, dass dem Abtrieb damit Grenzen gesetzt waren. König war, wer es wie Red Bull schaffte, tief zu fahren, ohne die üblichen Probleme mit Bouncing zu bekommen. Von den Gegnern hatte McLaren den goldenen Mittelweg zuerst raus. Dann folgte Ferrari über den Winter und zuletzt endlich auch Mercedes.

Doch jetzt stehen die Aerodynamiker wieder vor ähnlichen Problemen wie 2022, nur mit viel mehr Wissen. "Alle versuchen die Bodenfreiheit in kleinen Schritten immer weiter abzusenken, weil nur da noch ein bisschen Abtrieb verborgen liegt. Doch damit handelt man sich wieder mehr Instabilität und Probleme mit der Fahrzeugbalance ein", erklärt Aston Martin-Teamchef Mike Krack.

Aston Martin - Formel 1 - GP Österreich - 27. Juni 2024
ams

Aston Martin wird in Ungarn mit neuen Teilen versuchen, den Abwärtstrend aufzuhalten.

Aston Martin arbeitet an der Lösung

Je größer die Upgrade-Pakete ausfallen, desto schwieriger wird es, den Fehler zu finden. In diesem Jahr hat es nur McLaren geschafft, mit einem Radikalumbau von Miami einen Schritt nach vorne zu machen. Mercedes teilte sein Upgrade in drei Portionen auf, weil nicht alle neuen Teile zeitgleich fertig wurden. Vermutlich war das ein Segen. So war klarer ersichtlich, welches Teil was bringt.

Bei allen anderen funktionieren die Neuentwicklungen erst im zweiten oder dritten Anlauf oder gar nicht. Deshalb plant Aston Martin nun die Korrektur der Korrektur. Angeblich wissen die Ingenieure ganz genau, wo das Problem begraben liegt und wie es zu lösen ist. Noch vor der Sommerpause sollen die entsprechenden Modifikationen ans Auto kommen.

Für McLaren-Teamchef Andrea Stella ist die Zeit der großen Upgrades vorbei, jedenfalls so weit es McLaren betrifft. "Wir haben einen Punkt erreicht, bei dem es schwer wird, Fortschritte zu erzielen. Man muss sehr vorsichtig mit den Änderungen sein. Die Aerodynamik ist so komplex, dass man schon viel Vertrauen in seine Werkzeuge haben muss, um sich einen großen Schritt zu erlauben."

McLaren präsentierte in Spielberg einen Frontflügel, der im hinteren Bereich der Endplatten minimal anders geformt ist. Entsprechend wurden die Querlenker-Verkleidungen der Vorderachse adaptiert. Die Lösung soll Vorteile in langsamen Kurven bringen. Das war Verbesserung im Detail.

Carlos Sainz - Formel 1 - Spielberg - GP Österreich 2024
Wilhelm

Ferrari kann noch nicht alles aus seinen letzten Upgrades rausholen.

Ferrari und das Bouncing

Wie kompliziert die Zusammenhänge sind, demonstriert gerade Ferrari. Die Zahlen bestätigen, was der Windkanal von dem letzten Upgrade versprochen hat. Der Fortschritt kommt aber nicht in jeder Kurve so an, wie vorher simuliert. Und das hat nur bedingt mit der Aerodynamik etwas zu tun. Oft kann man das Auto in Wirklichkeit nicht so einstellen, wie man es in der Theorie gerne hätte.

Die verbesserten Abtriebswerte von Ferrari kam en nicht ohne Nebenwirkungen. In bestimmten schnellen Kurven kehrte das Bouncing zurück. Aber nicht in allen. Auslöser dafür können Kleinigkeiten wie Bodenwellen oder Randsteine sein, die den Schaukelprozess in Gang setzen. Das Bouncing selbst kostet noch nicht einmal Rundenzeit, seine Folgen aber schon.

Die vertikalen Bewegungen leiten so hohe Kräfte in die Reifen ein, dass diese zu heiß werden. Der Fahrer zahlt dann in einer Qualifikationsrunde in der nächsten oder übernächsten Kurve dafür mit Gripverlust. Und im Rennen zwingt er die Fahrer zu mehr Reifenmanagement als gewünscht.

Schuld ist nicht das Auto, sondern ein Phänomen, das im Windkanal nicht reproduzierbar ist. Es ist nun die Aufgabe der Ingenieure, dem SF-24 in seiner jüngsten Spezifikation diese Unart wieder auszutreiben. Toro Rosso sitzt im gleichen Boot. Hier entschied man sich zur Taktik: Ein Schritt zurück, zwei vor. Deshalb dauert es manchmal bis ein Upgrade funktioniert.

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