F1-Teamduelle: Verstappen verteilt Prügel an Perez

Nach 14 von 24 Rennen der Saison 2024 lässt sich in der Königsklasse bei den Teamduellen in vielen Rennställen ein klares Bild erkennen. Für die Piloten ist der Gegner im eigenen Team der Erste, den es zu schlagen gilt. Ansonsten kann die Karriere schnell in eine Sackgasse steuern. In der Sommerpause geben wir einen Überblick über den Stand bei den zehn Formel-1-Teams.

Red Bull – Verstappen vs. Perez

Es ist ein Abziehbild der vergangenen Jahre. Max Verstappen dominiert seinen Teamkollegen Sergio Perez nach Belieben. Zwar kam der Mexikaner mit vier Podien in den ersten fünf Rennen gut aus den Startlöchern, doch seit dem GP Miami stürzte Perez ab. In den letzten sieben Grand Prix sammelte er nur noch 24 Punkte. Verstappen steht im Kampf um den Konstrukteurs-Titel allein auf weiter Flur. Die Konkurrenz von McLaren und Mercedes hat den Red-Bull-Vorsprung des Saisonstarts aufgeholt. Der dreimalige Weltmeister wartet mittlerweile seit vier Rennen auf einen Sieg. Sein Punktepolster auf den WM-Zeiten Lando Norris (McLaren) ist mit 78 Punkten aber immer noch komfortabel.

Während Verstappen seinem vierten Titel in Serie entgegenfährt, geht es für Perez um seinen Job. Trotz der Vertragsverlängerung im Vorfeld des GP Kanada kam er bis jetzt nicht mehr auf die Beine. Die Teamführung um Christian Horner und Helmut Marko redete offen über eine mögliche Ablösung nach dem Spa-Wochenende. Etwas überraschend verkündete Red Bull, dass der 34-Jährige bis zum Saisonende weiterhin im Cockpit des RB20 sitzen wird. Gerüchten zufolge soll sich auch Rechteinhaber Liberty Media für eine Galgenfrist starkgemacht haben. Perez ist ein wichtiges Zugpferd für die noch anstehenden Rennen in den USA und Mexiko. Viel Zeit bleibt ihm nicht mehr, um seine Bilanz aufzubügeln. Im Rennduell steht es 1:13, im Qualifying gar 0:14 gegen Verstappen. Auch bei den bisherigen Sprint-Qualifyings und Sprint-Rennen steht es jeweils 0:3 aus Sicht des sechsmaligen Grand-Prix-Siegers. In der Tabelle hat Verstappen bei 277 Punkten 146 Zähler Vorsprung auf Perez.

McLaren – Norris vs. Piastri

Anders sieht die Lage bei McLaren aus. Oscar Piastri heizt Lando Norris in seinem zweiten Jahr mehr und mehr ein. In der Qualifikation hat der erfahrenere Engländer –noch– deutlicher die Oberhand. Hier führt Norris mit 11:3. In den Rennen steht es aber nur 9:5 für den Miami-Sieger. Piastri landete in den letzten fünf Rennen drei Mal vor Norris. In den Sprint-Duellen führt Piastri mit 2:1, während in der Sprint-Quali Norris mit 2:1 und auch bei den Punkten mit 199:167 die Nase vorne hat.

Viele Experten sprechen im Fahrerlager von der besten Fahrerpaarung der Formel 1. Beide Piloten sind jung und ihnen gehört die Zukunft. Dazu kommt, dass McLaren seit Miami über das beste Auto im Feld verfügt. Doch zu viele Fehler in der Strategie und kleinere Patzer auf der Strecke führten dazu, dass McLaren noch nicht ausreichend Kapital schlagen konnte. In der WM liegt das Traditionsteam aus Woking 42 Punkte hinter Red Bull und will den Titel einfahren. Lando Norris schwächelt in dieser Saison hin und wieder beim Start. So verschenkte der Kumpel von Max Verstappen schon bessere Platzierungen. Oscar Piastri hingegen überzeugt im Zweikampf. Als Paradebeispiel ist hier sein Überholmanöver im Sprint von Spielberg zu nennen. Piastri übertölpelte Norris, als dieser sich an Verstappen die Zähne ausbiss. Vom Ungarn-Sieger ist in der zweiten Saisonhälfte noch einiges zu erwarten.

Ferrari – Leclerc vs. Sainz

Ausgeglichen geht es auch bei Ferrari zu. Charles Leclerc liegt mit 177 Zählern auf Platz drei, Carlos Sainz rangiert 15 Punkte dahinter auf dem fünften Rang. Im Qualifying-Duell führt Leclerc mit 8:5, im Rennen steht es 7:5 für den Monegassen. Sainz hat lediglich bei den Sprint-Qualifyings mit 2:1 die Oberhand, bei den Sprints lautet es aus der Sicht des Spaniers 1:2. Ferrari kam stark aus der Winterpause. Die Italiener waren nach Red Bull die zweite Kraft und das einzige Team, das den Primus zu Beginn herausfordern konnte. In Melbourne gab es sogar einen Doppelsieg.

Das Imola-Paket sollte Ferrari dann ganz nach vorne spülen. In Monaco gelang Leclerc der langersehnte Heimerfolg. Doch danach ging es bergab. In Barcelona zündete die zweite Upgrade-Stufe nicht. Die Scuderia fiel hinter McLaren und Mercedes auf der Strecke zurück. Bei den Konstrukteuren ist McLaren vorbeigezogen und auch Mercedes ist bei der aktuellen Form noch eine Gefahr in der WM-Tabelle.

Mercedes – Russell vs. Hamilton

Mercedes gewann drei der letzten vier Rennen. Zwei Mal siegte Lewis Hamilton, ein Triumph ging an George Russell. Wäre Letztgenannter in Spa nicht wegen seines untergewichtigen Mercedes von 1,5 Kilogramm disqualifiziert worden, wäre der Abstand zu Ferrari noch geringer. Aktuell halten die Silberpfeile bei 266 Zählern. 150 Punkte gehen dabei auf das Konto von Lewis Hamilton, George Russell sammelte 116 Zähler.

Auch wenn Hamilton in der Tabelle vor seinem englischen Teamkollegen rangiert, sieht es in den direkten Duellen anders aus. Im Qualifying führt Russell mit 10:4 und im Rennen mit 8:6. Auch die Sprint-Wertungen gehen mit 2:1 jeweils an den jüngeren im Hause Mercedes. Hamilton litt vor allem Anfang des Jahres unter dem W15, hat aber im Laufe des Jahres die Kurve bekommen. Die Silberpfeile können Jagd auf Ferrari machen. Der Abstand zu Aston Martin als erstem Verfolger ist massig.

Aston Martin – Alonso vs. Stroll

Das war im letzten Jahr noch ganz anders. Die Grünen aus Silverstone liegen mit weitem Abstand und 73 Punkten insgesamt auf dem fünften Rang bei den Konstrukteuren. Nach vorne geht nichts mehr. Man muss eher nach hinten schauen und Toro Rosso abwehren. Fernando Alonso und Lance Stroll sind also gefordert. Der Altmeister hatte gerade zu Saisonbeginn seinen kanadischen Stallgefährten im Griff. Seit Miami ist das Teamduell ausgeglichener, dennoch führt Alonso im Qualifying und im Rennen mit 9:5. Beim Sprint-Format dreht Stroll den Spieß um und liegt mit jeweils 2:1 in Front.

Um ihre Zukunft müssen sich beide Fahrer keine Sorgen machen. Alonso verlängerte vor einigen Monaten für mehrere Jahre und auch Lance Stroll darf bleiben. Teambesitzer und Vater Lawrence hält seinem Sohn die Stange und Stroll zahlt es mit einer aufsteigenden Form auf der Rennstrecke zurück.

Toro Rosso – Tsunoda vs. Ricciardo

Schon vor der Saison blickten Fans und Experten gespannt auf die Fahrerpaarung bei Toro Rosso. Schließlich wollen sowohl Yuki Tsunoda als auch Daniel Ricciardo über das B-Team von Red Bull den Sprung in die A-Mannschaft schaffen, falls Perez fallen gelassen wird. Tsunoda zeigt sich in dieser Saison gereift. Mit 22 Zählern hat er zehn Punkte mehr auf dem Konto als sein australischer Widersacher. Gerade am Anfang des Jahres zog er Ricciardo vor allem im Qualifying den Zahn, doch der achtmalige GP-Sieger kam in Schwung. Mittlerweile steht es 9:5 für Tsunoda, im Rennen führt er mit 8:5.

Ricciardo liegt in der Sprint-Wertung vor seinem Teamkollegen. Sowohl in der Sprint-Qualifikation als auch im Kurzformat am Samstag steht es 2:1. Beide machen sich ob der Perez-Situation auch weiterhin Hoffnung auf einen Platz bei Red Bull. Vor allem Ricciardo muss aber aufpassen. So soll Junior Liam Lawson dem Vernehmen nach nächstes Jahr im Toro Rosso sitzen und auch Nachwuchsmann Isack Hadjar hat Chancen auf ein Cockpit. Der Franzose führt momentan die Formel-2-Wertung an. Tsunoda könnte bei einem Rauswurf von Perez aufrücken. Ricciardo wäre dann ohne Job. Das Teamduell bleibt bis zum Ende des Jahres spannend.

Haas – Hülkenberg vs. Magnussen

Nico Hülkenberg zeigt in dieser Saison seine Klasse. Der Deutsche liefert an nahezu jedem Rennwochenende ab. 22 Punkte schaufelte Hülkenberg schon auf sein Konto. Teamkollege Kevin Magnussen hält bei fünf Zählern. Auch im Qualifying (10:3)- und Rennduell (11:2) hat er den Dänen im Griff. Haas darf sich dank der starken Vorstellungen Hülkenbergs Hoffnungen auf Platz sechs bei den Konstrukteuren machen. Aktuell liegt Haas nur sieben Zähler hinter Toro Rosso. Greifen die Upgrades in den nächsten Rennen, ist für den abgeschlagenen Tabellenletzten des Vorjahres noch einiges möglich.

Hülkenberg und Magnussen wollen sich beide mit guten Leistungen vom US-Team verabschieden. Der Emmericher wandert für 2025 zu Sauber ab und soll eine Stütze beim Aufbau des Audi-Werksteams werden. Magnussen hingegen dürfte sich aus der Formel 1 verabschieden. Oliver Bearman und Esteban Ocon heuern nächste Saison bei Haas an. Den ehemaligen McLaren-Piloten dürfte es in eine andere Rennserie ziehen.

Alpine – Ocon vs. Gasly

Nur elf Zähler konnte Alpine in dieser Saison bisher sammeln. Eine echte Enttäuschung für das französische Werksteam mit Sitz in Enstone. An den Fahrern liegt es nicht. Auch wenn Ocon trotz Angriffs-Verbot des Teams in Monaco in Gasly rumpelte. Der A524 war zum Saisonstart das schlechteste Auto im Feld. Einige Upgrades sowie das Abspecken auf Chassis-Seite brachte aber Performance. Gasly und Ocon dankten das. Momentan rangiert Erstgenannter mit sechs Zählern einen Punkt vor seinem Teamkollegen.

Bei den direkten Duellen hat aber Ocon die Nase vorne. Im Qualifying steht es 10:4 und im Rennen liegt er mit 9:5 vor Gasly. Auch an den Sprintwochenenden hat der ehemalige Red-Bull-Pilot mit jeweils 1:2 das Nachsehen. Während Ocon wie bereits bekannt zu Haas gehen wird, hat sich Gasly mit Alpine auf einen neuen Vertrag geeinigt. Er dürfte dann auch noch an Bord sein, wenn Alpine mit Mercedes-Kundenmotoren ab 2026 an den Start gehen wird. Die Fabrik in Viry-Chatillon wird in Zukunft keine Formel-1-Antriebe mehr herstellen.

Williams – Albon vs. Sargeant

Alexander Albon macht mit Logan Sargeant ansatzweise das, was Max Verstappen mit Sergio Perez anstellt: Der Thailänder dominiert bei Williams seinen Teamkollegen im zweiten Jahr in Folge. Beim Qualifying hat er mit 13:0 noch eine weiße Weste, im Rennen steht es 10:2, aber nur weil beide Punktsiege für Sargeant Ausfällen Albons geschuldet waren. Immerhin im Sprint-Qualifying und in den Sprints führt Sargeant jeweils mit 2:1.

Das reicht jedoch nicht, um 2025 erneut im Williams zu sitzen. Albon verlängerte in dieser Saison seinen Vertrag und Teamchef James Vowles konnte Carlos Sainz vom Traditionsteam überzeugen. Der Spanier kommt nächstes Jahr nach Grove. Dann will Williams auch wieder auf der Strecke für Schlagzeilen sorgen. Diese Saison sprangen bisher nur vier Punkte heraus. Die gingen alle auf das Konto von Alex Albon.

Sauber – Bottas vs. Zhou

Noch schlechter sieht es bei Sauber aus. Die Schweizer haben noch nichts Zählbares gesammelt. Valtteri Bottas und Guanyu Zhou konnten keine Glanzlichter setzen. Gerade im Qualifying tut sich Zhou schwer. Bottas führt mit 13:1. In Rennen fällt das Bild weniger klar aus. Der Chinese liegt mit 5:9 hinten. Die Sprint-Formate gestaltet Zhou enger. In der Sprint-Quali führt Bottas 2:1, im Sprint dreht der 25-Jährige mit 2:1 aus seiner Sicht wieder um.

Die schlechten Leistungen des Teams und der Fahrer haben die Audi-Konzernspitze zum Handeln gezwungen. Bereits vor dem Werkseinstieg bei Sauber 2026 feuerte man vor dem Spa-Wochenende F1-Projektleiter Andreas Seidl sowie Aufsichtsratschef Oliver Hoffmann. Der ehemalige Ferrari-Teamchef Mattia Binotto leitet nun die Geschicke. Zudem konnte man den langjährigen Red-Bull-Sportdirektor Jonathan Wheatley als neuen Teamchef gewinnen. Ob Bottas und Zhou unter der neuen Führung eine Chance haben, bleiben zu dürfen, erscheint mehr als fraglich.