Die FIA und das Formel-1-Management lassen bei ihrer Studie, wie man die Formel 1 ab 2021 noch interessanter für die Zuschauer machen könnte, keinen Stein auf dem anderen. Seit auch die Fahrer mitreden dürfen, kamen neue Aspekte auf den Tisch. Lewis Hamiltons Klage, dass die aktuellen Autos viel zu schwerfällig und zu einfach zu fahren sind, hat bei der FIA, bei Liberty und den Teamchefs mächtig Eindruck gemacht.
Deshalb kamen in den letzten Wochen neue Ideen auf die Agenda. Die FIA hat noch bis Ende Oktober Zeit, sie in das 2021er Reglement einzubauen. In Silverstone warf FIA-Präsident Jean Todt zum Beispiel das Verbot von Fahrhilfen und die Rückkehr von Tankstopps in die Diskussion.
„Ich mache Druck, dass wir das Thema Nachtanken noch einmal analysieren. Wenn wir Tankstopps wieder einführen, wären die Autos leichter und kleiner“, so Todt. Das Kostenargument kontert der Franzose: „Da kann ich nur lachen. Angesichts der Motorhomes, die die Teams ins Fahrerlager stellen, sollten die Kosten für Tankstopps kein Killerargument sein.“

Autos nur 10 Kilogramm leichter
In diesem Punkt hat der Präsident Recht. Die Kosten sind genauso wenig ein Problem wie die Sicherheit. Mit der heutigen Technik müsste schon viel passieren, dass es noch einmal zu großen Boxenfeuern käme, wie wir sie aus der Vergangenheit kennen. Gewicht und Länge der Fahrzeuge sind ein Ärgernis, das die Regelhüter angehen müssen.
Doch mit Tankstopps würde man da nicht viel erreichen. Kleinere Tanks lassen den Radstand nur um ein paar Zentimeter schrumpfen. Um die Autos wieder giftiger zu machen, sprechen wir von 40 Zentimeter Verkürzung und mehr. Das Gewicht würde sich durch das kürzere Auto nach Berechnungen von Experten lediglich um 10 Kilogramm verringern. Der Vorteil der geringeren Benzinzuladung gilt auch nur für 50 Prozent der Renndistanz.
Die Reifen würden bei weniger Gewicht zwar weniger leiden, doch da die Rundenzeiten im Schnitt sinken, wäre bei den heiklen Pirelli-Sohlen dieser Vorteil schnell wieder aufgehoben. Wer wie Hamilton zu einem Gewicht von weniger als 700 Kilogramm zurück will, braucht stattdessen andere Motoren. Da sind gleich 60 bis 70 Kilogramm versteckt.
Was soll sich am Sonntag ändern?
Rennfahrer sind in diesem Punkt schlechte Ratgeber. Natürlich wären ihnen 70 Qualifikationsrunden am Stück lieber als Reifen und Motor zu schonen, als am Start 145 Kilogramm Benzin mitzuschleppen, als auf den Spritverbrauch und das Energiemanagemt zu achten. Doch einen Zustand wie zu Beginn der 2000er Jahre bekommen sie nie mehr zurück. Das verhindern schon die komplizierten Motoren, die nicht 70 Runden am Limit gefahren werden können.
Die Gefahr beim Nachtanken besteht darin, dass die Strategien noch berechenbarer werden, dass Überholen wegen kürzerer Bremswege noch schwieriger wird, dass die Ingenieure beim Setup der Autos weniger Kompromisse eingehen müssen, und dass sich als Konsequenz die Reihenfolge aus dem Qualifying im Rennen kaum ändern wird. Wenn am Sonntag von einem Rennauto die gleichen Qualitäten verlangt werden wie am Samstag, dann ist es naiv zu glauben, dass sich am Sonntag an der Hackordnung etwas ändert.
Das geht nur, wenn man zwei unterschiedliche Disziplinen schafft. Einen Sprint am Samstag, einen Marathon am Sonntag. Ließe man den 100-Meter-Sprinter am Sonntag einen 200-Meter-Sprint laufen, dann gewinnt in der Regel der, der am Sonntag einen Startvorteil genießt. Muss er 42 Kilometer abstrampeln, sieht die Sache anders aus. Ausgerechnet der frühere Taktikfuchs Ross Brawn ist deshalb ein strikter Gegner von Tankstopps: „Aus historischen Gründen. Nie gab es berechenbarere Rennen als in der Zeit vor 2010.“
Statt sich mit Tankstopps zu beschäftigen, so Brawn, sollte man lieber überlegen, wie man die aktuellen Antriebsquellen so nutzen kann, dass am Samstag deutlich mehr Leistung zur Verfügung steht als im Rennen. Entweder über eine Freigabe der Benzindurchflussmenge in der Qualifikation oder über einen deutlich größeren Elektro-Boost. Der beträgt im Moment nur 163 PS.