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Taktik-Check GP Spanien 2022
Wo wäre Hamilton gelandet?

GP Spanien 2022

Max Verstappens hatte in Barcelona Glück, dass Charles Leclerc ausgefallen ist. Sergio Perez konnte sich bei Kevin Magnussen bedanken. Ohne den Crash mit Lewis Hamilton wäre der Mercedes-Pilot ein ernsthafter Gegner geworden.

Lewis Hamilton - GP Spanien
Foto: xpb

Der Grand Prix von Spanien war ein Rennen der unbeantworteten Fragen. Hätte Charles Leclerc ohne seinen Motorschaden gewonnen? Durfte oder konnte Sergio Perez nicht gewinnen? Wo wäre Lewis Hamilton gelandet, wenn er nicht nach einer Runde einen Zwangs-Boxenstopp hätte einlegen müssen? Wäre Valtteri Bottas mit drei Boxenstopps Vierter geworden? Hatten Sebastian Vettel und Mick Schumacher realistische Chancen auf WM-Punkte?

Die erste Frage ist wahrscheinlich die einfachste. Leclerc hätte das Rennen mit der linken Hand gewonnen. Der Ferrari-Pilot zog seinen Verfolgern auf den frischen Soft-Reifen davon und hielt auch länger durch als sie. Mit seinem Boxenstopp in der 21. Runde war er weit genug gekommen, um ein Zweistopp-Rennen durchzubringen. Das war bei der richtigen Portionierung der Stopps immer noch schneller als ein Rennen mit drei Stopps.

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Kurz vor seinem Ausfall betrug Leclercs Führung 12,6 Sekunden. Die hätte auch ein Max Verstappen mit funktionierendem DRS nicht eingeholt. Um die Lücke zu schließen hätte er ein Tempo vorlegen müssen, das die Reifen ruiniert hätte. Mit seinem Upgrade war der Ferrari wieder das schnellere Auto. Und dank einer Setup-Änderung am Freitagabend hatte man auch die Reifenabnutzung wieder im Griff. Red Bull wird nachlegen müssen.

Charles Leclerc - GP Spanien 2022
Ferrari
Leclerc war bis zu seinem Ausfall klar der schnellste Mann auf der Strecke.

Red Bulls Doppelzange gegen Russell

Sergio Perez verlangte von seinem Team Erklärungen. Er sah sich um seine Siegchance gebracht, als er Verstappen ohne Gegenwehr vorbeilassen musste, den Platz aber nie wieder zurückbekam. Das Team beruhigte Perez damit, dass er auf einer anderen Strategie als Verstappen unterwegs war. Perez fuhr zu dem Zeitpunkt auf Medium-Gummis, Verstappen auf Pirellis weichster Mischung.

George Russell hatte lange Zeit gleich zwei Red Bull im Rückspiegel. Verstappen verzweifelte an seinem DRS. Wenn es funktionierte, war er zu weit weg. Wenn er nah genug dran war, blieb der Heckflügel geschlossen. Es kam deshalb überraschend, dass Verstappen gleichzeitig mit Russell den ersten Reifenwechsel abspulte und sich danach wie erwartet wieder hinter der silbernen Wand anstellen musste.

Perez durfte vier Runden länger mit dem ersten Reifensatz aushalten und lief nach nur sieben Runden wieder auf das Duo Russell und Verstappen auf. Diesmal mit den frischeren Reifen. Red Bull spielte eine Doppelchance. Zu dem Zeitpunkt waren die Siegchancen von Perez sogar besser als die seines Teamkapitäns.

Aber nur wenn Red Bull die Strategie des Mexikaners konsequent auf zwei Stopps ausgerichtet hätte. Dann hätte man die ersten beiden Reifenwechsel für Perez in den Runden 17 und 37 jeweils noch etwas hinauszögern müssen, um mit dem dritten Satz bequem zu Ende fahren zu können.

Doch diesmal zählte das Teamresultat und das bestmögliche Rennen für Verstappen. Der Niederländer war wegen seiner DRS-Probleme zu drei Stopps gezwungen. Das hatte Vorrang. "Auf der Strecke wäre er nie an George vorbeigekommen", ist man bei Mercedes überzeugt.

Red Bull - GP Spanien 2022
Motorsport Images
Bei Red Bull vermied man interne Duelle auf der Piste.

Entscheidung gegen ein internes Rennen

Mit gleicher Strategie hätte Perez nie eine Chance gegen seinen Teamkollegen gehabt. Dafür fehlte ihm der Speed. Das zeigen die 13 Sekunden Rückstand im Ziel. Und auch die zwölf Sekunden, die er zwischen den Runden 28 und 37 auf den Stallrivalen verloren hat.

Auch mit einem Stopp weniger wäre es eng geworden, weil Red Bull immer ein Auge auf George Russell werfen musste. Der Mercedes-Pilot nötigte Red Bull mit seinem zweiten Boxenstopp in der 36. Runde mit Perez zu einer Reaktion auf den Undercut.

Mit 5,3 Sekunden Vorsprung hätte man sich aber auch noch zwei Runden Zeit lassen können, was den letzten Stint für Perez verkürzt hätte. Perez hätte seine zwischenzeitliche Führung bis Runde 42 gegen Verstappen verteidigen können. Die Garnitur Medium hätte dann locker die Restdistanz von 24 Runden überstanden. Und Verstappen wäre mit seinem dritten Stopp wieder hinter Perez gefallen.

Doch da hatte sich Red Bull längst gegen ein internes Rennen entschieden. Drei Stopps waren der sicherste Weg zum Doppelsieg. "Wir hätten es an ihrer Stelle genauso gemacht", attestierten die Mercedes-Strategen. Perez durfte dann als Trostpflaster noch die schnellste Runde mitnehmen.

Lewis Hamilton - Mercedes - GP Spanien 2022
Motorsport Images
Lewis Hamilton schob sich nach seine Reifenschaden in der Startrunde schnell durchs Feld.

Hamilton mit späten Stopps nach vorne

Die Aufgabe wäre für Red Bull noch viel schwieriger geworden, hätte sich Lewis Hamilton nicht in der ersten Runde einen Streifschuss von Kevin Magnussen eingefangen. Der fällige Boxenstopp warf den Ex-Champion um 53,9 Sekunden hinter Leclerc, 53,1 Sekunden hinter Verstappen und 50,3 Sekunden hinter Perez.

Das Malheur diktierte Mercedes die Strategie. Der beste Weg Hamilton bei seiner Aufholjagd Verkehr zu ersparen waren antizyklische Reifenwechsel. Hamilton stoppte spät in der 22. und 48. Runde und fuhr damit faktisch ein Zweistopprennen.

Die Frage was für den Mercedes-Piloten möglich gewesen wäre ist ein bisschen akademisch, denn er musste die letzten zehn Runden wegen eines Wasserlecks vom Gas. Hamiltons Rennen ging also nur bis Runde 56. Und bis dahin machte er seit dem unplanmäßigen Boxenstopp in der Startrunde 12,3 Sekunden auf Verstappen und 32,6 Sekunden auf Perez gut.

Er wäre bei einem normalen Rennverlauf also ein gefährlicher Gegner für beide Red Bull geworden. Nicht für Leclerc. Der nahm Hamilton bis Runde 20 sogar noch einmal 16,6 Sekunden ab.

Lewis Hamilton - Mercedes - GP Spanien - Barcelona - 21. Mai 2022
xpb
Das Upgrade funktionierte, die Strategie passte. Ohne das Wasserleck hätte für Hamilton am Ende sogar Platz 4 rausspringen können.

Schneller als die Strategie-Prognose

Hamilton überraschte das Strategieprogramm von Mercedes. Es rechnete ihm nach dem frühen Boxenstopp Platz acht als bestmögliches Ergebnis vor. Am Ende wurde der Rekordsieger Fünfter. "Lewis war viel schneller unterwegs als wir vorausberechnet hatten."

Als Joker hätte sich seine alternative Reifenstrategie erweisen können. Er startete als Einziger im Feld auf Medium-Reifen. Am Kommandostand von Mercedes zeigte man sich überrascht, dass kein anderer auf diese Idee kam. "Wir wollten die einzigen in der Top 6-Gruppe mit diesem Startreifen sein. Aber dass es weiter hinten keiner versucht hat, war schon komisch. Selbst unter der Annahme, dass wir drei Zehntel pro Runde langsamer sein würden als Ferrari und Red Bull, war unsere Reifenwahl am Start ohne großes Risiko. Keiner hätte gegen uns einen Undercut machen können. Das Mittelfeld war viel zu langsam, um in unsere Nähe zu kommen."

Mercedes rechnete damit, dass die Soft-Starter ab Runde 14 an die Box kommen und dass Hamilton deutlich länger fahren würde. Geplant waren die Runden 24 oder 25. "Wenn Lewis nicht in der ersten Runde getroffen worden wäre, hätte sich das echt ausgezahlt. Der zweite Stint hätte uns bis Runde 50 gebracht, und wir hätten uns den Reifentyp für den letzten Stint abhängig von der Rennsituation aussuchen können. Ohne die Kollision wären wir aber 45 Sekunden näher an der Spitze gewesen. Ein Podium wäre Lewis sicher gewesen. Er hätte wahrscheinlich auch Perez geschlagen."

Valtteri Bottas - Alfa Romeo - Formel 1 - GP Spanien - Barcelona - 20. Mai 2022
xpb
Valtteri Bottas hatte eine gute Pace, aber leider passte die Strategie nicht ganz.

Bottas Vierter mit drittem Stopp

Der Ausfall von Leclerc bescherte Hamilton eine Position gratis. Carlos Sainz landete nur vor dem Mercedes mit der Startnummer 44, weil sein Gegner das Tempo drosseln musste, um den Motor zu retten. Der Spanier hatte bei einem Dreher 14 Sekunden verloren und war danach ungewöhnlich langsam unterwegs. Seine Entschuldigung: "Der Unterboden hatte bei der Fahrt durch das Kiesbett Schaden genommen."

Valtteri Bottas wäre für Hamilton eine harte Nuss geworden, wenn Alfa Romeo nicht versucht hätte den Finnen mit zwei Stopps über die Distanz zu bringen. Doch dafür erfolgte der zweite Stopp in Runde 34 eindeutig zu früh. Bottas verlor in den letzten zehn Runden ein bis zwei Sekunden pro Umlauf auf seine direkten Gegner. Bis zur 54. Runde lag der Sauber-Pilot noch 3,4 Sekunden vor Sainz und 7,2 Sekunden vor Hamilton. Hätte Bottas das gleiche gemacht wie seine Gegner, wäre er Vierter geworden.

Deutsche Fahrer gingen in Barcelona leer aus. Aston Martin lernte noch sein neues Auto und musste Tempo rausnehmen, weil es unter der Verkleidung zu heiß wurde. Sebastian Vettel versuchte sein Glück mit einer Zweistopp-Strategie, doch am Ende fehlten ihm fast 16 Sekunden auf den letzten Punkteplatz.

"Wir hatten heute nicht den Speed für Punkte", gab Teamchef Mike Krack zu. Noch nicht. Im Lager von Aston Martin rechnet man mit schnellen Fortschritten der B-Version. "Das Auto ist gut für die Top Ten", ist Technikchef Andy Green überzeugt.

Mick Schumacher schaffte es in drei Phasen des Rennens in die Punkteränge. Von Runde 1 bis 12, in den Runden 28 bis 29 und dann noch einmal von Runde 53 bis 55. Der Fehler lag in der Strategie. Ein Zweistopp-Rennen mit dem zweiten Reifenwechsel bereits in Runde 30 konnte nicht gutgehen.

Der Haas-Pilot wurde im Finale des Rennens von der Konkurrenz regelrecht inhaliert. Schumacher fiel noch von Platz neun auf Rang 14 zurück. Es hätte am Kommandostand von Haas eigentlich irgendeinem auffallen müssen, dass die Reifen schneller abgebaut haben als bei der Konkurrenz. Da sind drei Stopps dann eigentlich verpflichtend.

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