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Taktik-Check GP Miami 2022
Ferrari wehrlos auf den Geraden

GP Miami 2022

Red Bull und Ferrari waren beim GP Miami fast gleichauf. Max Verstappen gewann das Rennen, weil Ferrari aus Furcht vor dem überragenden Top-Speed des Gegners unbedingt die erste Startreihe besetzen wollte. Im Taktik-Check blicken wir noch einmal auf die wichtigsten Strategie-Entscheidungen.

Verstappen vs. Leclerc - GP Miami 2022
Foto: Wilhelm

Der Top-Speed ist die stärkste Waffe des Red Bull. Ferrari hat so viel Respekt davor, dass man sich zum zweiten Mal nach Jeddah in die Setup-Falle treiben ließ. Wer auf den Geraden zwischen 8 und 15 km/h verliert, der will in der Startaufstellung vorne stehen. Dazu brauchte man eine Abstimmung, die den Reifen schnell auf Temperatur bringt. Der Preis dafür ist, dass die weicheren Mischungen über die Distanz mehr leiden.

Genau das hat Red Bull im Rennen ein zweiten Trumpf in die Hände gespielt. Bei Ferrari brachen die Medium-Reifen an der Vorderachse früher ein. Dafür brachten Charles Leclerc und Carlos Sainz die harten Reifen schneller in ihr Arbeitsfenster. Was für Max Verstappen nach dem Safety-Car-Restart fast zum Problem geworden wäre und was Carlos Sainz gegen Sergio Perez gerettet hat.

Unsere Highlights

Sainz fiel als Manndecker aus

Leclerc zog nach dem Rennen eine simple Bilanz: "Max hat das Rennen im ersten Stint gewonnen. Die Red Bull waren besser auf dem Medium-Reifen. Da hat er sich ein Polster für den zweiten Stint herausgefahren. Auf den harten Reifen waren wir etwa ebenbürtig." Die schnellsten Runden der beiden zeigen es: 1.31,261 gegen 1.31,488 Minuten, beide gefahren im Finale des Rennens.

Leclerc ging mit einem Minus von 7,6 Sekunden in den zweiten Stint. Da war der Grand Prix für ihn eigentlich schon gelaufen. Nur das Safety-Car brachte ihn zurück ins Spiel. Nach dem Restart musste sich Verstappen einige Runden extra breit machen, um den Ferrari abzuwehren. "Die beste Chance hatte ich in der zweiten Runde nach dem Neustart. Doch da stand DRS leider noch nicht zur Verfügung", bedauerte Leclerc.

Hätte Ferrari dieses Rennen sonst noch irgendwie gewinnen können? Nur wenn Carlos Sainz eine Zeitlang den Manndecker hätte spielen können. Doch der Trainingszweite verlor seine Position gegen Verstappen schon beim Start. Nach nur acht Kilometern Rennerfahrung in den letzten zwei Grands Prix und einem weiteren Unfall am Freitag fehlte dem Spanier noch die Sicherheit im Rennen. Er hatte genug zu tun, sich Perez vom Leib zu halten.

Verstappen vs. Leclerc - GP Miami 2022
Wilhelm
Ferrari hatte Verstappen im Rennen wenig entgegenzusetzen.

Boxenstopp keine Option für Leclerc

Red-Bull-Teamchef Christian Horner glaubt, dass Ferrari seine große Chance verspielte, weil man Leclerc in der Safety-Car-Phase nicht an die Box für frische Reifen gebracht hat. Bei 15 Sekunden Vorsprung auf Sainz und Perez hätte sich Leclerc den Extra-Stopp leisten können. Doch der WM-Spitzenreiter hatte nur noch einen frischen Satz harte Reifen und drei Garnituren gebrauchte Soft in seinem Arsenal. Mit keinem dieser Reifen hätte er Verstappen gefährden können.

Der frische harte Reifen hätte viel zu lange gebraucht, um auf Temperatur zu kommen. Die gebrauchten Softs wären schon nach zwei Runden in die Knie gegangen. Mercedes stand mit Lewis Hamilton vor einem ähnlichen Dilemma. Auch dort entschied man sich für Durchhalten. "Die besten Reifen waren ein 30 Runden alter harter Reifen oder ein sechs Runden alter Medium."

Der harte Gummi zeigte auf dem aggressiven Asphalt des Miami Autodromes eine kuriose Eigenschaft. Er war schwer zum Leben zu erwecken, hat dann überhitzt und wurde ab der 20. Runde, wenn genug Lauffläche abgehobelt war, immer besser. Leclerc war also mit seinen 22 Runden alten harten Sohlen perfekt für eine Attacke auf Verstappen gerüstet. Er wusste ja, dass der Ferrari die Reifen nach dem Restart schneller auf Temperatur bringen würde.

Im Duell Sainz gegen Perez entschied die Technik. Zwischen den Runden 19 und 22 verlor Perez sieben Sekunden auf den zweiten Ferrari, weil ein Sensorproblem einen Zylinder lahmlegte. Die Ingenieure gaben Anweisungen, wie das Problem zu lösen ist, doch fortan musste der Mexikaner auf 30 PS verzichten. Da half weder DRS noch der Schachzug, Perez in der Safety-Car-Phase einen frischen Satz Medium aufzuziehen.

Safety Car - GP Miami 2022 - USA - Rennen
Wilhelm
Ferrari konnte mangels frischer Medium-Reifen nicht vom Safety-Car profitieren.

Warten auf ein Safety-Car

Auch das fünfte Rennen des Jahres zeigte, dass die Formel 1 eine Zweiklassengesellschaft ist. Red Bull und Ferrari fahren mit bis zu einer Sekunde pro Runde Vorsprung ihr eigenes Rennen. Im Mittelfeld geht es rauf und runter. Meistens ist Mercedes Dritter. Die Silberpfeile gewannen auch diesmal die Formel 1B, was nach dem Startplätze sechs für Lewis Hamilton und zwölf für George Russell nicht unbedingt zu erwarten war.

Die Startpositionen diktierten den Ingenieuren die Taktik. Russell konnte nur mit einer alternativen Strategie und ein bisschen Glück entscheidend Land gewinnen. Also wurde er mit harten Reifen ins Rennen geschickt. Wie Esteban Ocon, Nicholas Latifi und beide Aston Martin-Piloten.

Hamilton hätte sich nach dem Rennen auch den harten Reifen zum Start gewünscht. Das passiert bei ihm öfter. Wenn er mal merkt, dass ein anderer mit einer anderen Strategie besser fährt, fragt er hinterher sein Team, warum man es mit ihm nicht genauso gemacht hat.

Russells Strategie konnte nur aufgehen, weil zur rechten Zeit ein Safety-Car kam. Genau darauf hat der 24-jährige Engländer gewartet. "Wäre es nicht gekommen hätten wir bis fünf Runden vor Schluss gewartet und wären dann vielleicht auf die schnellste Runden losgegangen", erzählten die Strategen. Schon zum zweiten Mal in dieser Saison profitierte Russell vom Geschenk eines Gratis-Boxenstopps. Für Hamilton fühlte sich das wie eine Weltverschwörung gegen ihn an.

Perez - Sainz - GP Miami 2022 - USA - Rennen
Wilhelm
Perez attackierte mit frischen Mediums den Ferrari von Sainz. Doch der Spanier konnte am Ende den Podiumsplatz verteidigen.

Hamilton saß in der Falle

Wäre das Rennen normal verlaufen, wäre Hamilton Sechster und Russell Siebter geworden. Beide hinter Valtteri Bottas, der erst unter dem Druck der beiden Mercedes-Piloten den entscheidenden Fehler produzierte. Hamilton regte sich im Rückblick auch darüber auf, dass man ihm die Wahl ließ, in der Safety-Car-Phase frische Reifen abzuholen. Er sei im Auto nicht in der Lage eine solche Entscheidung zu treffen. Der Kommandostand hätte ja einen viel besseren Überblick.

Für die Ingenieure war sie klar, aber sie wussten, was ihnen blühen würde, hätten sie aus Hamiltons Sicht falsch entschieden. Und es wäre so oder so falsch gewesen. Mal abgesehen davon, dass Hamilton nur noch harte und weiche Reifen zur Verfügung hatte, hätte er bei einem Boxenstopp auf jeden Fall den Platz gegen Russell verloren, und es wäre fraglich gewesen, ob er den gegen das Schwesterauto auf der Strecke zurückgewonnen hätte. Der Kollege fuhr auf frischen Mediums, die waren bei der Restdistanz von elf Runden allemal besser als frische harte Sohlen oder ein gebrauchter Soft.

Hamilton - Russell - GP Miami 2022 - USA - Rennen
Motorsport Images
Russell gewann das Merecdes-Duell dank Safety-Car-Glück.

Frühe Stopps zahlten sich nicht aus

Die Schlacht hinter den Mercedes gewann Alfa Romeo. Es hätte auch ein fünfter Platz werden können, hätte sich Bottas in Runde 49 nicht in Kurve 17 verbremst, was beiden Mercedes die Tür öffnete. Teamchef Frédéric Vasseur sah darin ein Dokument für den Fortschritt, den man gemacht hat: "Wir können mittlerweile sagen, dass uns ein siebter Platz etwas enttäuscht."

Das Timing der Boxenstopps zeigte auch die Qualitäten der Autos. Während sich Red Bull und Ferrari zwischen 24 und 27 Runden Zeit ließen, die Medium-Reifen loszuwerden, stand das große Mittelfeld zwischen den Runden 11 und 22 an der Box. Viele gezwungenermaßen. "Bei Lewis war auf den Vorderreifen nicht mehr viel Gummi übrig. Wir haben nur gewartet, bis er aus dem Boxenstopp-Fenster von Ricciardo, Ocon und Gasly war", erklärten die Strategen.

Der frühe Boxenstopp zahlte sich in den seltensten Fällen aus. Weder die Haas-Piloten profitierten davon, noch Alonso, Tsunoda oder Albon. Fernando Alonsos Undercut-Versuch gegen Pierre Gasly ging auch deshalb schief, weil sein Boxenstopp 2,5 Sekunden länger dauerte als normal. Nach 39 Runden im Heck des Alpha Tauri brannte selbst Alonso der Geduldsfaden durch. Die Kollision in Kurve 1 war der Anfang vom Abstieg, der wieder mit null Punkten endete. Zwei Strafen kosteten ihn insgesamt zehn Sekunden.

Alexander Albon - Williams - GP Miami 2022 - USA - Rennen
Motorsport Images
Alexander Albon profitierte vom Chaos in den letzten Runden.

Alonso hilft Ocon und wird dafür bestraft

Mit Esteban Ocon praktizierte Alpine das, was Mercedes erfolgreich mit Russell vorführte. Der Franzose wartete mit seinen harten Reifen, bis das erhoffte Safety-Car auf den Plan traf. Damit musste man nach den vielen Unfällen im Training eigentlich rechnen. Ocon wurde mit weichen Reifen ins Finale geschickt. Er hatte noch das volle Kontingent frischer Garnituren in der Hinterhand, weil er gar nicht an der Qualifikation teilgenommen hatte.

Die vier Punkte verdankte Ocon aber mehr seinem Teamkollegen als den weichen Reifen. Durch Abkürzen der Schikane brach Alonso den DRS-Zug hinter sich auf. Mick Schumacher war wehrlos gegen Ocons Angriff, der dann erleichtert mit ansehen konnte, wie sich seine neuen Verfolger selbst eliminierten. Mick Schumacher gegen Sebastian Vettel, Kevin Magnussen gegen Lance Stroll. Von diesem Chaos profitierte auch Alexander Albon, der fehlerfrei und straffrei sein Rennen abspulte, auf den harten Reifen erstaunlich schnell war und am Ende mit Platz neun belohnt wurde.

Dass mit Stroll noch ein Aston Martin in den Punkterängen ins Ziel kam, war teilweise pedantischen Sportkommissar-Entscheidungen zu verdanken. Wenn Alonso gegen Gasly eine Strafe bekommt, hätten das auch andere verdient, die deutlich heftigere Kollisionen ausgelöst hatten.

Dann wurden Alonso und Ricciardo auch noch die Streckenbegrenzungen zum Verhängnis. Alonso kürzte die Schikane ab und schüttelte damit Schumacher aus seinem DRS-Fenster. Daniel Ricciardo verschaffte sich im Duell mit Magnussen in Kurve 12 einen Vorteil. "Wäre er nicht neben die Strecke gefahren, hätte er seine Position verloren", urteilten die Kommissare. Das kostete Alonso Platz neun und Ricciardo Rang zehn.

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