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Rennanalyse GP England 2022
So kam Zhou mit dem Schrecken davon

GP Großbritannien 2022

Wie ist der Unfall von Guanyu Zhou passiert? Was hat Max Verstappen eingebremst? Hätte Lewis Hamilton gewinnen können? In unserer Rennanalyse klären wir die offenen Fragen zum GP England.

Guanyu Zhou - Alfa Sauber - Crash - Formel 1 - GP England - 3. Juli 2022
Foto: xpb.cc

In diesem Rennen reihte sich ein Ereignis an das andere. Angefangen vom spektakulären Start-Crash, über Taktikspielchen nach dem Restart bis hin zur Safety Car-Phase am Ende, die noch einmal alles durcheinander wirbelte. Der GP England war ein echter Kracher. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Rennen.

Wie ist der Unfall von Guanyu Zhou passiert?

Die Bilder von Alfa-Sauber, der kopfüber über den Asphalt rutscht, werden wohl noch lange in der Erinnerung der Formel-1-Gemeinde bleiben. Der Chinese war vom neunten Startplatz ins Rennen gegangen. Doch dann ereignete sich eine Kettenreaktion, die am Ende noch glimpflich ausging.

Unsere Highlights

Es kam zu einem großen Gemetzel. Man sah, wie Pierre Gasly im Alpha Tauri zwischen Mercedes-Pilot George Russell und Zhou durch wollte, dabei Russell links hinten traf und den Mercedes in Zhous Sauber drückte. Den Sauber stellte es sofort quer. Er bekam Unterluft und rutschte kopfüber durch die Auslaufzone und hechtete dann über die Absperrungen.

Zwischen den Reifenstapeln und dem Sicherheitszaun kam das Wrack direkt vor den Zuschauerrängen zum Liegen. Es war so eingekeilt, dass es für die Helfer äußerst schwierig gewesen sein muss, Zhou aus dem Cockpit zu bergen. Wie durch ein Wunder wurde er nicht ernsthaft verletzt. Und glücklicherweise kamen auch keine Zuschauer zu Schaden.

George Russell - Mercedes - Formel 1 - GP England - 3. Juli 2022
xpb.cc
Das Auto von Guanyu Zhou hing zwischen Reifenstapeln und Sicherheitszaun.

Der Überrollbügel war sogar gebrochen. Da der Kopf aber mittlerweile mehr Spielraum darunter hat, wurde ihm das nicht zum Verhängnis. Und auch der Halo leistete seinen Dienst wie erwartet, weil er das Auto auch vorne noch angehoben hat. Als er in die Reifenstapel eingeschlagen ist, hatte er das Glück mit dem Unterboden zuerst und nicht mit dem Kopf die Barriere zu streifen.

Zhou kam zwar zu Checks ins Medical Center, wurde aber später wieder entlassen. Alex Albon, der im Williams ebenfalls in die Massenkarambolage verwickelt wurde und hart in die Boxenmauer einschlug, musste mit dem Helikopter zu vorsorglichen Untersuchungen ins Krankenhaus gebracht werden. Auch Sebastian Vettel und Yuki Tsunoda humpelten mit havarierten Autos aus dem Startchaos.

Was bremste Max Verstappen aus?

Es war ein gebrauchter Tag für Max Verstappen im Red Bull. Der WM-Führende entschied zwar den ersten Start zum GP Großbritannien dank der Soft-Reifen für sich, doch kurz darauf wurde das Rennen mit der roten Flagge abgebrochen. Bei der Startaufstellung zum 56 Minuten später folgenden zweiten Rennstart hatte er ebenfalls kein Glück. Denn die wurde so angeordnet, wie sie ursprünglich nach dem Qualifying lautete. Warum? Nicht alle Autos hatten die Safety Car-2-Linie passiert bevor die rote Flagge geschwenkt wurde und deshalb war die letzte Aufstellung die maßgebliche.

Beim zweiten Anlauf, wo Verstappen wie Pole-Setter Carlos Sainz im Ferrari auf Medium-Reifen gewechselt hatte, musste er sich dem Spanier geschlagen geben. Das große Geschenk wartete schließlich, als Sainz einen Fahrfehler in Becketts machte und neben die Bahn geriet. Der Niederländer nahm die Führung dankend an. Doch das Glück währte nicht lange. In Runde 12 wurde Verstappen plötzlich langsam und musste Sainz wieder ziehen lassen. Über Funk meldete er einen Plattfuß und steuerte die Box an. Das erwies sich im Nachhinein aber als Irrtum.

Max Verstappen - Red Bull - Formel 1 - GP England - 3. Juli 2022
xpb.cc
Max Verstappen spielte nur zu Beginn des Rennens eine Rolle.

"Das hat sich für ihn so angefühlt", sagte Red Bull-Teamchef Christian Horner. "Aber er hat sich in Runde 11 nach dem Zusammenstoß der beiden Alpha Tauri wohl ein herumliegendes Teil eingefahren und das blieb unter dem Unterboden hängen." Damit verlor Verstappen sofort an Abtrieb. Der Stopp war eher vorsorglich, aber im Zweifelsfall wollte man auf das Gefühl des Fahrers vertrauen. Später holte sich Verstappen im Kampf mit Aston Martin und Alpine die harten Reifen ab. Mit denen wurde es aber noch schwieriger. "Platz sieben war daher das absolute Optimum", lobte Horner

Hat Ferrari den Falschen gewinnen lassen?

Schaut man sich die WM-Tabelle an, kann sich Red Bull eigentlich nur freuen. Während Max Verstappen aufgrund seines beschädigten Autos mit Platz sieben keinen Blumentopf holte, nutzte Ferrari die Chance auf dem Silbertablett aber auch nicht aus. Am Ende der Saison wird man sich bei Ferrari vielleicht doch einmal fragen, ob es klug war, die Taktik so auszurichten, wie man es gemacht hat. Denn die spielte voll in die Hände von Carlos Sainz, der damit seinen Debütsieg holte.

Dabei gilt Charles Leclerc aber als der hoffnungsvollere Titelanwärter. Der Monegasse war nach dem Rennen verständlicherweise verstimmt, denn ihm blieb nur Rang vier. Leclerc hätte19 Punkte auf Verstappen gutmachen können. So waren es nur sechs. Ferrari hätte Platz 1 und 3 belegen können. So waren es nur die Ränge 1 und 4.

Der Schlüsselmoment: Bis Esteban Ocon auf der alten Zielgeraden mit seinem Alpine ausrollte, sah alles nach einem Sieg für Leclerc aus. Er war klar der schnellere der beiden Ferrari-Piloten, obwohl sein F1-75 im Startgetümmel nach einer Kollision mit Sergio Perez die rechte Frontflügelendplatte verlor. Das kostete nach Aussage der Ingenieure fünf Punkte Abtrieb. In der 31. Runde wurde Sainz gebeten, für seinen Teamkollegen Platz zu machen, nachdem er nicht in der Lage war die Zielzeit von 1.32,2 Minuten zu fahren.

Lewis Hamilton - Carlos Sainz - Sergio Perez - Formel 1 - GP England - 3. Juli 2022
xpb.cc
Carlos Sainz saß bei der Pressekonferenz zum ersten Mal in der Mitte.

Doch in der Safety Car-Phase, die aufgrund Ocons Ausfall ausgerufen wurde, entschied man sich bei Ferrari, nur Sainz zum Wechsel auf Soft-Reifen hereinzuholen. Leclerc war mit den harten Pneus auf verlorenem Posten. Die Begründung der Italiener: "Unsere Fahrer lagen zu eng zusammen", sagte Teamchef Mattia Binotto. "Der eine hätte auf den anderen warten müssen und dabei Plätze verloren. Die Reifen von Charles waren frischer, er war der Spitzenreiter, und wir wollten die Position nicht aufgeben. Mit dem Stopp von Carlos wussten wir, dass wir ihn als Schutz für Charles gegen Hamilton einsetzen können."

Tatsächlich hätte Sainz durch das Warten bei der Abfertigung hinter seinem Stallrivalen nur eine Position gegen Hamilton verloren. Alonso und Norris lagen über 40 Sekunden zurück. Beim Restart widersetzte sich Sainz dann auch der Anweisung des Kommandostands, auf Leclerc Platz zu lassen. In Kurve 5 nutzte er den Grip der weicheren Reifen und ging in Führung.

Was hatte es mit den Aktivisten auf sich?

Rund um den Tumult des Startunfalls zog die Meldung Kreise, dass sich Protestler Zugang zur Strecke verschafft hätten. Zunächst gab es einige Social Media-Beiträge dazu mit Fotos von Menschen auf der Strecke. Schnell wurde spekuliert, ob die vielleicht Auslöser des Unfalls gewesen sein könnten. Tatsächlich hatte das eine aber nichts mit dem anderen zu tun. Die Aktivisten hatten sich nach dem Schwenken der roten Flagge einen Weg auf die Strecke gebahnt. Insgesamt waren es sieben Personen, die von der Polizei anschließend in Gewahrsam genommen wurden.

Wie kam Schumacher von Platz 19 auf 8?

Den GP Großbritannien wird Mick Schumacher sein Leben lang nicht mehr vergessen. Endlich ist der Knoten geplatzt. Endlich fuhr er die ersten Punkte in der Formel 1 ein. Platz acht brachte vier Zähler und Platz 17 in der Fahrer-WM ein. Dabei sah es nach dem Qualifying gar nicht mal so vielversprechend aus. Ein Mechaniker hatte beim Einstellen des Autos einen Flüchtigkeitsfehler gemacht und eine Distanzscheibe vergessen. Das nicht optimal eingestellte Auto brachte nur den vorletzten Startplatz ein.

Mick Schumacher - Haas F1 - Formel 1 - GP England - 3. Juli 2022
Motorsport Images
Mick Schumacher freute sich über die ersten Zähler.

Bis zum ersten Boxenstopp lag Schumacher in der Gruppe, die hinter Esteban Ocon festhing. Der Franzose konnte aber nur bis Runde 10 den weichen Gummi optimal nutzen, auf harten Reifen ließ sich Schumacher aber auch nicht abschütteln. Später gab Verstappen das Tempo im lädierten Red Bull vor, doch auch hier hing der Haas-Pilot weiter an ihm und Ocon dran. Für den letzten Stint nach der Safety Car-Phase gab es schließlich Soft-Reifen. Schumacher machte volle Attacke und kämpfte bis auf den letzten Metern vor de Ziellinie noch mit Verstappen, zog aber den Kürzeren. Punkte gab es trotzdem. Einsatzleiter Ayo Komatsu sagte: "Mick war das ganze Wochenende schnell und fehlerfrei unterwegs. Das war seine bislang beste Leistung."

Hätte Hamilton gewinnen können?

Mercedes legte beim GP England wie von vielen prophezeit einen deutlichen Fortschritt hin. Sowohl das Upgrade als auch die Streckencharakteristik kamen den Silberpfeilen entgegen. Das hat sich auch im Rennen bemerkbar gemacht. Lewis Hamilton übte von Beginn an Druck aus und fuhr auf den Medium-Reifen eine schnellste Runde nach der anderen. Und das ziemlich lange, denn er kam erst in Runde 33 an die Box. Neun Runden später als Charles Leclerc und 13 Runden später als Carlos Sainz.

Hätte es die Safety Car-Phase am Ende nicht gegeben, wäre das ein deutlicher Vorteil für Hamilton im Kampf gegen die beiden Ferrari gewesen und er hätte womöglich noch weiter Druck im Kampf um den Sieg ausgeübt. Das Safety Car machte alle Ambitionen zunichte. Denn generell hatte man ein Problem, die Reifen auf Temperatur zu bringen. Deshalb musste Hamilton auch in der Safety Car-Phase unbedingt den Soft-Reifen auffassen. Auf der harten Variante wäre er beim Restart verloren gewesen. Und selbst mit der weichsten Mischung konnte man sehen, wie Hamilton sich schwer tat nach dem Restart auf Speed zu kommen.

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