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Das Rätsel der neuen F1-Reifen
Mercedes und Alpine in der Falle

Nicht nur das Bouncing bestimmt die Reihenfolge im Feld. Auch die Vorbereitung der Reifen wird immer öfter zum Zünglein an der Waage. Es bremste Mercedes, Ferrari und Alpine in Imola aus. Und es ließ Red Bull, McLaren und Alfa Romeo glänzen.

Lewis Hamilton - Mercedes - GP Emilia Romagna - Imola - 23. April 2022
Foto: Wilhelm

Die neue Formel-1-Generation ist voller Rätsel. Das größte ist das Bouncing, das Mercedes ins Mittelfeld und Aston Martin in den Tabellenkeller abstürzen lässt. Es ist mit Ausnahme von Red Bull noch bei weitem nicht verstanden. Einen fast genauso großen Einfluss auf das Ergebnis haben die Reifen. Die Vorbereitung und Behandlung der neuen Pirelli-Sohlen ist nicht mehr so klar durchschaubar wie früher.

Deshalb gibt es kein eindeutiges Bild, wer davon profitiert und wer nicht. In Melbourne hatte nur Ferrari den Dreh raus, wie man die Reifen für eine Runde schnell auf Temperatur bringt und sie auf längere Distanz davon abhält zu körnen. Red Bull ist genau das passiert.

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In Imola war es umgekehrt. Diesmal steckte Ferrari in der Reifenfalle, wenn auch nur für den Sprint. Den hat Charles Leclerc zwei Runden vor Schluss verloren, weil der rechte Vorderreifen zu früh begann zu abzubauen. Hätte Leclerc den Sprint gewonnen, wäre am Sonntag vielleicht alles ganz anders gekommen.

Ferrari - Pirelli - Reifen-Test - Imola - 2022
Ferrari
Ferrari absolvierte 2021 die meisten Pirelli-Testrunden für 2022. Nach dem Rennwochenende in Imola probierten die beiden Stammfahrer schon neue Reifen für 2023.

Ferrari investierte die meiste Zeit in die Reifen

Ferrari und Red Bull haben ihre Reifen die meiste Zeit im Griff. Gute Autos helfen immer. Mit viel Abtrieb als Basis lässt sich leichter eine ansprechende Fahrzeugbalance finden. Ferrari hat außerdem 2021 so viel Zeit wie kein anderes Team in die Testfahrten mit den neuen Pirelli-Sohlen investiert.

"Wir haben jede Gelegenheit wahrgenommen, die sich angeboten hat", bestätigt Teamchef Mattia Binotto. Zum Beispiel sprang Ferrari für einen Regenreifen-Test ein, den Mercedes aus Kostengründen abgelehnt hatte. Insgesamt haben die Ferrari-Piloten sieben Tage lang Pirellis 18-Zöller getestet, Mercedes nur drei.

Jetzt hat Mercedes zusätzlich zum Bouncing eine zweite große Baustelle. Die Reifen kommen nur zögerlich auf Temperatur. Das blieb in Bahrain und Jeddah unter dem Radar, weil es dort warm genug war. In Melbourne deutete es sich an, und in Imola wurde es in der Qualifikation zum Killer.

Die Ingenieure rätseln noch, wo diese Eigenschaft herrührt. Offensichtlich weder von der Aerodynamik noch von der Fahrwerkskinematik. Dann müsste Mercedes auch im Rennen leiden. Doch da wird die Schwäche zur Stärke. Auf die Distanz hält der Silberpfeil seine Reifen gut in Schuss. Wer gewinnen will, muss aber beides können.

Esteban Ocon - Alpine - GP Emilia-Romagna 2022 - Imola
Wilhelm
Für Alpine geht es im Rennen regelmäßig rückwärts.

Alpine verheizt Reifen

Alpine ist das glatte Gegenteil. Auf eine Runde ist der A522 das drittschnellste Auto im Feld. Unabhängig vom Streckentyp. Doch kaum müssen Fernando Alonso und Esteban Ocon ein Rennen fahren, geht die Reise rückwärts. Drei Mal in vier Rennen haderten die Piloten mit körnenden Reifen. In Bahrain hinten, in Melbourne und Imola vorne. Alonso verlor im Sprint vier Positionen. Ocon konnte im Rennen nicht mal Lance Stroll im Aston Martin folgen.

Haas hat ein ähnliches Problem, wenn auch nicht so stark ausgeprägt. Die Fahrer sind auf eine Runde schneller als auf die Distanz. Dem US-Team fehlte es schon immer an der nötigen Sicherheit im Umgang mit den Reifen. Im Sprint hörten die Ingenieure auf die Fahrer, die dem Medium-Reifen den Vorzug gaben, weil er ihnen stabiler erschien. Kevin Magnussen wunderte sich dann, warum fast alle anderen auf Soft-Reifen fuhren.

McLaren und Alfa Romeo stehen in der Regel auf der besseren Seite mit den Reifen. Bei McLaren, weil man mit einem früheren Bridgestone-Techniker einen der besten Reifenexperten im Team hat. Bei Alfa, weil Valtteri Bottas den Dreh raus hat, wie er die kritischen Vorderreifen zu Beginn ihres Lebens nicht überfordert.

"Valtteri ist unheimlich gut in der Reifenvorbereitung", lobt Sportdirektor Beat Zehnder. Das ist Alonso eigentlich auch. "Aber was soll er machen, wenn von hinten die Leute drängeln? Fährt er absichtlich langsam, wird er auch überholt", nimmt Alpine-Einsatzleiter Alan Permane seinen Fahrer in Schutz.

Pirelli - F1-Motorhomes 2022 - GP Emilia-Romagna - Imola
ams
Die neuen 2022er Pirelli-Gummis halten einige Tücken parat. Der Vorderreifen ist im Vergleich zum Hinterrad zu schwach.

Weniger Werkzeuge zum Reifenaufwärmen

Bei Alpine und Mercedes liegen die Reifenprobleme unter Umständen auch daran, dass die Hilfsmittel zur Kontrolle der Reifentemperatur in diesem Jahr begrenzt sind. Das Fahrwerk operiert mit gewöhnlichen Dämpfern und Federn. Die Bremsbelüftungen sind streng reglementiert.

"Es ist nicht mehr so einfach gezielt Wärme über die Bremsen an die Felgen und die Reifen abzustrahlen", gibt Mercedes-Chefingenieur Andrew Shovlin zu. Kollege Permane räumt ein, dass für sie die Reifen noch ein bisschen eine Wundertüte sind: "Es scheint so, als wären die Vorderreifen weniger widerstandsfähig gegen das Körnen."

Das Vorheizen der Reifen wurde eingeschränkt. Auf 80 Grad bei Slicks, 60 Grad bei Intermediates und 40 Grad bei Regenreifen. Die Reifenkonstruktion ist für höhere Temperaturen ausgelegt, als die 15 Grad, die in Imola auf dem Asphalt gemessen wurden. Der Hinterreifen ist im Vergleich zum Vorderreifen zu stark. Und es liegt in der Natur der Groundeffect-Autos, dass es schwieriger ist den Abtrieb auf der Hinterachse vorne auszubalancieren. Bouncing hilft natürlich auch nicht.

Pirelli-Sportchef Mario Isola bedauert: "Die Autos zeigen in den langsamen Kurven die Tendenz zum Untersteuern. Auf kalter Strecke beginnen die Vorderreifen zu rutschen. Damit schießt die Oberflächentemperatur in die Höhe, und den Gummi zieht es von der Lauffläche." Das gefürchtete Körnen. Isola vermutet, dass in Imola viele Teams im Regen am Freitag ein Setup gewählt hatten, das die Hinterreifen schützt. Das fiel ihnen auf trockener Fahrbahn auf den Kopf.

Der Fahrstil spielt auch eine Rolle. Leclerc nahm die Schuld an der Niederlage im Sprint auf sich. Er habe zwei Mal Attacke reiten müssen, um Max Verstappen aus dem DRS-Bereich zu schütteln. In der Startrunde und am Ende der Safety-Car-Phase. Weil in den drei Runden Bummeltempo die Reifen an Temperatur verloren, war die zweite Attacke Gift für die Reifen. Sie zahlten es ihm zwölf Runden später zurück.

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