Ursprünglich wollte die FIA nur das Motorenreglement neu schreiben. Bis man merkte, dass der hohe Elektroanteil des Antriebs ein zu ehrgeiziges Ziel ist. Um genug Energie für eine elektrische Leistung von 350 Kilowatt zu speichern, müssen sich auch die Autos ändern. Sie müssen kleiner, leichter und aerodynamisch effizienter werden.
FIA-Aerodynamiker Jason Somerville bestätigt: "Das Aerodynamik-Paket arbeitet eng mit dem Antrieb zusammen. Die Antriebseinheit bekommt eine neue Charakteristik mit einem größeren Elektroanteil. Deshalb mussten wir sicherstellen, dass die Autos dazu passen."
Die 2026er-Autos sind zehn Zentimeter schmaler und 20 Zentimeter kürzer, und sie verlieren 30 Kilogramm Gewicht. In der Theorie. Fernando Alonso warnt: "Die neuen Motoren werden 30 Kilogramm schwerer. Du musst also schon 60 Kilogramm finden, wenn du ans Limit willst. Das wird am Anfang keiner schaffen."

Die Fahrer können künftig Front- und Heckflügel flachstellen.
Auch Williams-Technikchef Pat Fry bereitet das Gewichtslimit von 768 Kilogramm erhebliche Kopfschmerzen. "Die Herausforderung beim Gewicht ist riesig. Die Power Unit mit dem Batterie-Paket wird sehr schwer werden. Dazu werden die Anforderungen für die Crashtests höher. Da müssen wir vernünftig sein", erklärte der Ingenieur.
Der Brite bemängelte, dass man das Problem der Gewichtsersparnis auf die Teams abwälzt: "Man darf nicht einfach sagen, dass wir das Auto leichter machen sollen, damit es schneller wird, und dabei die Tatsache ignorieren, dass keiner dem Mindestgewicht auch nur nahe kommen wird. Und je näher man rankommen will, desto teurer wird es. Man sollte stattdessen ein Ziel definieren, das zwar nicht einfach, aber erreichbar ist. Und dann kann man in den Jahren danach schrittweise weiter runtergehen."
So funktioniert die aktive Aerodynamik
Der Frontflügel wird nur noch aus drei statt aus vier Elementen bestehen, der Heckflügel dafür ein zusätzliches Element bekommen. Dafür verschwindet der Beam Wing. Die simpleren Flaps sind beweglich und können auf Knopfdruck flach gestellt werden. Der Öffnungswinkel wird dabei größer sein als es beim aktuellen DRS-Mechanismus der Fall ist.
Somerville erklärt den Grund, warum man auf eine aktive Aerodynamik zugreifen musste: "Auf den Geraden würde die Geschwindigkeit beim Laden der Batterie stark nachlassen. Deshalb lag der Fokus darauf, den Luftwiderstand des Autos auf den Geraden stark verringern und gleichzeitig zu versuchen, in den Kurven einen guten Abtrieb aufrechtzuerhalten"
Der bewegliche Heckflügel verlangte nach den gleichen Maßnahmen am vorderen Ende des Autos. "Aus unserer Simulationsarbeit mit den Teams war klar, dass wir einen aktiven Frontflügel brauchen, um das Auto in Balance zu halten. Der aktive Frontflügel ist übrigens keine neue Erfindung. Es gab ihn bereits 2009."
Der Unterschied zwischen DRS und der aktiven Aerodynamik für 2026 liegt darin, dass die Flachstellung der Flaps in jeder Runde unabhängig zum Abstand des Vordermannes aktiviert werden kann. An vordefinierten Punkten auf der Runde kann ein Fahrer in einen Modus mit geringem Luftwiderstand (X-Modus) wechseln.
Wenn er sich der Bremszone nähert, wechselt er zurück in den Modus mit hohem Abtrieb. (Z-Modus). Der Fahrer erhält ein akustisches oder visuelles Signal, wann der den X-Modus aufrufen darf. Das System wechselt entweder unter Kontrolle des Fahrers oder über den Bremsdruck zurück in den Z-Modus.

An den vorderen Enden des Unterbodens sind neue Leitbleche zu erkennen.
Leitbleche gegen Outwash
FIA-Sportchef Nikolas Tombazis kündigt an, dass die Autos ihr Aussehen deutlich verändern werden. Das liegt zum einen an den kleineren Dimensionen von Auto und Reifen. Dabei wirkt der Heckflügel deutlich mächtiger als der Frontflügel. Seine Abmessungen ändern sich aber nicht. Der vordere Flügel dagegen schrumpft zehn Zentimeter in der Breite.
Die 2022 eingeführten Leitbleche an der Vorderachse verschwinden wieder. Man hat andere Wege gefunden, die von den Rädern erzeugten Turbulenzen in ihre gewünschten Bahnen zu lenken. Ein relativ großes Leitblech vor den Seitenkästen soll die verwirbelte Luft nach innen umleiten. Die FIA will mit der drastischen Methode den Outwash-Effekt vermeiden, der für die Aerodynamik des einzelnen Autos besser, für das Hinterherfahren aber schlechter ist.
Einige Teams zeigten sich über die Dimensionen des Leitblechs überrascht. Es wird die Strömungsstrukturen oberhalb und unterhalb des Bodens deutlich verändern. Für die Aerodynamiker bedeutet es einen Start bei null. Die Erfahrungen mit den aktuellen Autos sind nur bedingt übertragbar.

Die 2026er-Autos sollen hinten wieder mehr Federweg bekommen und damit komfortabler werden.
Angestellter Boden mit mehr Federweg
Für schlechte Stimmung unter den Teams sorgt der Plan, das Groundeffect-Prinzip stark aufzuweichen. Sie haben drei Jahre Entwicklungszeit damit verbracht, das Bouncing zu minimieren und zu verstehen, bei welchen Bodenfreiheiten der Abtrieb am stabilsten ist, da stellt das Reglement alles wieder auf den Kopf.
Die vorderen Venturi-Kanäle fallen deutlich moderater aus, der Unterboden wird über eine längere Sektion völlig flach sein, und das Auto wird mehr nach hinten angestellt, um dem Diffusor einen Teil seiner Wirkung zu nehmen. Das resultiert in mehr Bodenfreiheit.
Die Regelmacher wollen über längere Federwege das Leben für die Fahrer wieder erträglich gestalten. FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem gefällt sich als Anwalt der Piloten. Er wollte nicht mit dem Vorwurf konfrontiert werden, dass die Fahrer Langzeitschäden davontragen, wenn man mit den bretthart gefederten Autos der aktuellen Generation weiterfährt.
George Russell ist froh darum: "Ihr könnt euch nicht vorstellen, was es bedeutet diese Schläge eineinhalb Stunden lang auszuhalten. Wir haben einen Prüfstand, wo wir das simulieren können. Wir Fahrer hatten schon die Idee, unsere Ingenieure da reinzusetzen, damit sie am eigenen Leib verspüren, was für Autos wir das fahren müssen."
Viele Teams laufen gegen die radikale Aufweichung des Groundeffect-Prinzips bereits Sturm. Besonders diejenigen, die das Prinzip endlich verstanden haben und zu ihrem Vorteil nutzen. McLaren-Chef Andrea Stella erklärte, dass es bei der Geometrie des 2026er Unterbodens noch Gesprächsbedarf mit der FIA gibt.