Streit über F1-Motoren für 2026: Leidet der Sport?

Weiter Streit um 2026er-Motoren
Nachbesserungen zum Wohle des Sports?

Zuletzt aktualisiert am 13.05.2025

Noch nie war ein neues Reglement so umstritten wie jenes, das uns 2026 ins Haus steht. Obwohl sich alle noch in der Planungs- und Testphase befinden, sehen viele bereits Gespenster. Vielleicht zurecht. Sicher ist nur, dass dieses Reglement schlecht geschrieben wurde. Man muss jetzt an anderer Stelle Dinge ausbaden, auf die man sich vor zweieinhalb Jahren aus politischen Gründen nicht einigen konnte.

Das Problem eines Antriebs, der 45 Prozent seiner Gesamtleistung aus der Batterie beziehen soll, ist das Laden der dafür nötigen Energie im Rennbetrieb. Ohne Rekuperation an der Vorderachse geht das nur mit unbefriedigenden Ersatzlösungen. So wird bis zu 30 Prozent des gesamten Spritvorrats in einem Rennen dafür verwendet, die Batterie über den Verbrenner zu laden. Und damit die Autos möglichst früh auf den Geraden segeln können, muss eine aktive Aerodynamik den Luftwiderstand durch Flachstellen der Flügel drastisch verringern.

Das kann viele Probleme heraufbeschwören. Zum Beispiel führt es je nach Batteriestand zu großen Leistungsunterschieden in bestimmten Phasen des Rennens. Red-Bull-Teamchef Christian Horner malt dabei zwei Konsequenzen an die Wand: "Das wird einerseits zu einem erhöhten Lift-and-Coast-Verhalten führen. Andererseits werden sich die Autos praktisch ständig im DRS-Modus befinden. Es wird also keine Überholhilfe mehr geben."

Honda F1-Motor 2021 - Präsentation GP Japan 2023
Wilhelm

Im Interesse des Sports weniger E-Leistung

Horner ist das Sprachrohr der Mahner. Ferrari hält sich vornehm zurück, denkt aber genauso. Neuling Cadillac ist für jede Form der Vereinfachung. Als offizieller Motorenhersteller ab 2029 sind die Amerikaner zwar ab sofort abstimmungsberechtigt, nicht aber in Themen, die die Jahre 2026 bis 2028 betreffen.

FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem hat sich offensichtlich auf die Seite der Red-Bull-Fraktion geschlagen. Das Thema stand sowohl beim Motorengipfel in Bahrain als auch beim letzten Formel-1-Kommissionstreffen weit oben auf der Agenda. Es sieht so aus, als wolle der FIA-Chef eine Pleite verhindern. Wenn die Rennen in Economy-Runs ausarten, würde das auf die FIA zurückfallen. Sie hat diese Regeln im August 2022 abgesegnet.

Horner bohrt geschickt in dieser Wunde: "Wenn es im Interesse des Sports ist, dass wir zu viel Lift-and-Coast vermeiden, dann denke ich, ist es eine Überlegung wert die elektrische Leistung im Rennbetrieb herunterzusetzen. Es ändert weder die Spezifikation noch die Leistung des Motors. Es geht lediglich um den Batterieeinsatz."

F1-Auto 2026 - FIA-Concept
FIA

Weniger Leistung, andere Batterie

Die Befürworter einer Regeländerung hatten Charts vorbereitet, die zeigen sollen, dass man mit 200 statt 350 Kilowatt aus der Elektro-Reserve immer noch schnell unterwegs wäre. Angeblich würde die Differenz pro Runde nur 0,6 Sekunden betragen. Auch Horners Aussage, dass sich an der Hardware nichts ändern würde, hält die Gegenseite für optimistisch. Mercedes, Audi und Honda glauben, dass unter den Umständen die Architektur der Batterien angepasst werden müsste. Was einen erheblichen finanziellen Einsatz erfordern würde.

Es gibt aber auch praktische Bedenken. Die Teams müssten sich in den freien Trainingssitzungen auf zwei völlig unterschiedliche Disziplinen vorbereiten. Einmal auf die Qualifikation mit rund 750 Kilowatt Systemleistung (1020 PS) und dann auf das Rennen, in dem dann nur noch 600 Kilowatt (815 PS) zur Verfügung stünden.

Um nicht Autos mit zu unterschiedlichen Leistungen gleichzeitig auf die Strecke zu schicken, müsste es in den freien Trainings geregelt sein, wann man sich auf was vorbereitet. Das wäre eine weitere Verkomplizierung eines ohnehin schon viel zu komplizierten Regelwerks.

F1 Reglement 2026 - FIA Concept
FIA

Unfair, Spielregeln zu ändern

Mercedes-Teamchef Toto Wolff vertritt die Fraktion derer, die dem 2026er-Reglement eine Chance geben wollen. "Je näher ein neues Reglement rückt, desto mehr handeln wir alle im Interesse unserer Teams. Das ist unsere Pflicht. Wir wissen nicht, wie es nächstes Jahr laufen wird. Werden wir in Baku oder Monza ein Desaster bei der Energierückgewinnung erleben? Wir hoffen nicht."

Der Österreicher will keine Änderungen, die nur auf Hochrechnungen basieren. Die Hardware muss so bleiben wie sie ist. "Es liegt im Rahmen der Software, was möglich ist. Das Endprodukt werden wir nächstes Jahr bei den Tests sehen. Als Hersteller von Antriebseinheiten wollen wir eine großartige Show. Wir wollen gewinnen, sind uns aber auch bewusst, dass es in diesem Sport Variabilität und Unvorhersehbarkeit geben muss."

Mercedes habe die Saison 2014, als man im ersten Jahr des aktuellen Hybridantriebs alles in Grund und Boden fuhr, zwar genossen, so Wolff, aber über einen längeren Zeitraum seien solche Dominanzen schädlich für den Sport. "Die FIA hat diesen Motor vorgeschlagen. Niemand mochte ihn. Der 50-prozentige Elektroantrieb war damals die Richtung für Straßenfahrzeuge und ein Grund, Hersteller wie Audi und Porsche anzulocken. Also haben wir ihn umgesetzt.

Wolff warnt davor, die Spielregeln zu ändern, bevor sich ein Rad gedreht hat. Es wäre unfair gegenüber denen, die dieses Reglement in die Formel 1 gelockt hat. "Honda hat sich genau aus diesem Grund erneut verpflichtet, Audi ist eingestiegen. Auch wir sind nicht daran interessiert, diese Spielregeln zum jetzigen Zeitpunkt zu ändern. Aber wir müssen, wenn nötig, aufgeschlossen sein, auf Missstände zu reagieren."

Esso - F1-Benzin
Motorsport Images

Nachhaltiger Sprit zu teuer

Auch bei der Entwicklung der nachhaltigen Kraftstoffe regt sich bereits leise Kritik. Mit einem Literpreis im dreistelligen Bereich sei das kein relevanter Beitrag zur Serie. Und er trifft die Kundenteams. Sie müssen für den Sprit bezahlen. Da können über ein Jahr schnell Extrakosten von 20 Millionen Dollar zusammenkommen. Alpine-Chef Flavio Briatore gibt zu: "Das teuerste sind derzeit die Prüfstandstests mit dem neuen Sprit."

Horner erklärt die hohen Preise, damit, dass sich die Kraftstoffhersteller gerade einen teuren Entwicklungswettlauf liefern. "Der Kraftstoff ist potenziell eines der wichtigsten Differenzierungsmerkmale für die Motorleistung. Das macht es für die Hersteller so interessant. Die Entwicklung geht ins Geld."

Wolff fügt hinzu: "Ein Grund für die hohen Kosten liegt darin, dass die gesamte Lieferkette und der Energiebeitrag umweltfreundlich sein müssen. Um das zu erreichen, benötigt man eine bestimmte Spezifikation an Inhaltsstoffen, die sehr teuer sind. Deshalb müssen wir prüfen, ob wir den Literpreis senken können."

Tatsächlich muss man bei der Preisberechnung vorsichtig sein. Darin sind zunächst die gesamten Entwicklungskosten von der Stunde Null bis zum ersten Einsatz enthalten. Da die Lieferanten der Moleküle bestimmte Absatzmengen verlangen, schlägt das bei der Erstbestellung ebenfalls zu Buche. Dazu müssen Shell, ExxonMobil, BP/Castrol, Petronas, Eni und Aramco noch teuer für die Werbefläche auf den Autos bezahlen. Das alles wird den Kunden mitberechnet, und das treibt auch den Liter-Preis nach oben.

Eigentlich ist der Preis durch die Forderung nach einem sogenannten Drop-in-Kraftstoff vom Reglement abgedeckt. Da steht, dass nur E-Fuels akzeptiert werden, die auch in einem Straßenauto funktionieren, in großen Mengen hergestellt und zu einem vernünftigen Preis an der Tankstelle verkauft werden können.