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Red-Bull-Lobby gegen 2026er Motor
„Null Chance auf Regeländerung“

Red Bulls Teamchef Christian Horner stellt die Regeln für den 2026er Formel-1-Motor infrage. Die Konkurrenz interpretiert seine Aussagen in zwei Richtungen: Entweder hat Red Bull Ford Powertrains Probleme bei der Motorenentwicklung oder man will den Neustart hinauszögern. Wir haben die Hintergründe zur Motoren-Debatte.

Mercedes - Power Unit (2021) - V6-Turbo - Elektro - Batterie - Formel 1
Foto: Wilhelm

Christian Horner ist der Meinung, dass die Formel 1 aufpassen müsse. Red Bulls Teamchef sieht die Gefahr, dass sich die Königsklasse ein Frankenstein-Monster erschaffe. Eines, das sie und die Batterie-Technologie in aller Öffentlichkeit lächerlich machen würde. Die Rede ist von der zukünftigen Motorenformel, die ab 2026 in der Formel 1 gelten soll. Sie schreibt ein gleichwertiges Verhältnis aus Verbrenner- und Elektro-Leistung vor.

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Für Horner lauern hierbei gleich mehrere Gefahren. Erstens werden die Batterien zwangsläufig wachsen und damit das Gewicht der Autos nochmals deutlich steigen. Es liegt heute bereits bei mindestens 798 Kilogramm. "Wir reden hier von etwa zusätzlichen 30 Kilogramm bei Formelautos, die sich sowieso schon Sportwagen-Dimensionen annähern. Die Größe der Batterie wird kolossal ausfallen. Die Kühlung müsste deutlich ausgeweitet werden."

Zweitens fürchtet Horner, dass die Autos auf manchen Strecken noch lange vor dem eigentlichen Bremspunkt in den Ladebetrieb gehen müssen, um die Energiespeicher aufzufüllen. Sein Chefpilot pflichtet ihm anhand der Simulationen bei. "Wenn du in Monza Vollgas gibst, musst du vier- oder fünfhundert Meter vor dem Bremspunkt herunterschalten, weil es schneller ist. Aus meiner Sicht kann das nicht der richtige Weg für die Zukunft sein. Natürlich ist Monza mit den langen Geraden eine der schlimmsten Strecken. Aber für mich sieht es danach aus, als werde die Formel 1 wieder eine reine Motorenformel", sagt Max Verstappen.

Horner will Power-Verhältnis kippen

Drittens warnt Horner vor langweiligen Prozessionen ohne Überholmanöver. "Mit einem Frankenstein müssten wir die Aerodynamik so auslegen, dass der Luftwiderstand drastisch verringert wird über bewegliche Teile. Das könnte dazu führen, dass es keinen Windschatten-Effekt mehr gibt. DRS wäre sinnlos." Da malt einer gleich mehrere Teufel an die Wand. Horners Vorschlag für besseres Racing aus Red-Bull-Sicht: "Wir haben noch Zeit. Wenn wir die Verteilung der Leistung um fünf oder zehn Prozent zugunsten des Verbrenners umschichten, könnten die Probleme gelöst sein."

Die Formel 1 hat sich auf die Agenda geschrieben, den 1,6 Liter großen Sechszylinder-Turbomotor und die Elektromaschine MGU-K gleichzusetzen. Es ist ein Verhältnis von 50 zu 50 angedacht. Der Verbrenner soll wie die Hybridbausteine jeweils rund 350 Kilowatt leisten. In der alten Währung sind das jeweils rund 476 PS. Horner will dieses Verhältnis kippen. Er soll dafür seit Monaten in der Formel -1-Kommission lobbyieren. Dort sitzen neben den zehn Teams auch Vertreter der FIA und des Formel-1-Managements (FOM).

Red Bulls Teamchef will den Verbrenner stärken, was die Gesamt-Botschaft einer umweltfreundlicheren Formel 1 aus seiner Sicht nicht verwässern würde. Die Formel 1 rüste ja ohnehin auf zu 100 Prozent nachhaltiges Benzin um. Von daher könnte man doch 385 Kilowatt aus dem Turbomotor pressen und nur 315 Kilowatt aus der Batterie speisen. Oder das Verhältnis dierkt auf 420 zu 280 kW ändern.

Christian Horner - Red Bull - Bahrain F1-Test - 23. Februar 2023
xpb
Christian Horner lobbyiert für eine Anpassung der Motorenformel, die ab der Formel-1-Saison 2026 gelten soll.

Red Bull sollen 10 PS fehlen

Offensichtlich ist Horner mit seinem Vorstoß aber aktuell allein. Die Mehrheit im Fahrerlager unterstellt ihm eine Agenda. Was auch sonst? Jedes Team ist in dieser Beziehung gleich gestrickt. Alle suchen ihren Vorteil. So ist die Königsklasse, ein Haifischbecken, wo fast jeder nur nach sich schaut.

Die Gegner glauben, dass Red Bull mit seiner neu geschaffenen Motorensparte – RB Ford Powertrains – entweder in Entwicklungsproblemen steckt oder so viel Angst schüren will, damit erstmal alles beim Alten bleibt. Eine Stimme aus dem Fahrerlager: "Red Bull ist unter dem aktuellen Reglement so überlegen. Wenn ich in ihrer Position wäre, hätte ich auch am liebsten keine Veränderung."

Mercedes-Teamchef Toto Wolff spricht es öffentlich aus. "Nur weil sie mit ihrem Motorenprogramm nicht vorankommen, kommen sie mit so etwas um die Ecke. Es steckt hinter solchen Aussagen immer ein Motiv." Nachsatz: "Es besteht null Chance, dass wir das Verhältnis kippen oder verschieben. Dieses Motorenreglement hat Audi in die Formel 1 gelockt und bringt Honda zurück." Sie saßen mit am Tisch, als es ausgehandelt wurde. Auch Hersteller wie General Motors sind interessiert.

Das Regelwerk erlaubt es den Herstellern, seit Mitte 2022 den Sechszylinder-Turbo auf dem Prüfstand laufen zu lassen. Wenn man sich umhört, liegt Red Bull tatsächlich leicht hinter dem Fahrplan. Es gäbe Anlaufschwierigkeiten, was bei einem Projekt, das vom weißen Papier hochgezogen wurde, normal sei. Die Rede ist davon, dass der Verbrenner aus Milton Keynes etwa zehn PS unter dem Soll-Ziel liege. Mercedes sei demnach am besten aus den Startlöchern gekommen, Red Bull Ford Powertrains dem Fahrerlager-Funk nach aber vor Ferrari. Alles Gerüchte. Aber Ingenieure sprechen gerne mal untereinander.

Batterie als große Spielwiese

Die Regeln sind komplex. Die 2026er Power Unit ist eine ganz andere als die aktuelle. Die Hersteller müssen den Verbrennungsprozess anpassen. Das Verdichtungsverhältnis wird ein anderes sein. Der Turbolader kleiner. Die Benzindurchflussmenge sinkt. Die heiße Elektromaschine MGU-H fällt aus Komplexitätsgründen weg.

Sie hat keine Relevanz für die Serienentwicklung, weil die Last dort nicht hoch genug ist. Ein Straßenauto müsste schon dauerhaft weit über 200 km/h fahren, damit ein Abschöpfen überschüssiger Energie des Turbos Sinne ergäbe. Der Wegfall der MGU-H kostet der Power Unit in etwa 70 Kilowatt an Leistung.

Die Batterie ist eine riesige Spielwiese. "Die Regeln erlauben dieselbe Größe, wie wir sie aktuell haben", erzählt Mercedes-Motorenchef Hywel Thomas. Beim geplant dreifachen Output (350 statt 120 Kilowatt) sieht man mal, was da auf die Hersteller zukommt. "Als wir 2011/2012 mit der Motorenentwicklung für den aktuellen Zyklus angefangen haben, konnten wir uns auch nicht vorstellen, was bis 2014 alles möglich ist", vergleicht der Ingenieur. Derzeit schreibt das Regelwerk vor, dass die Batterie zwischen 20 und 25 Kilogramm wiegt.

Carlos Sainz - Ferrari - GP Italien 2022 - Monza - Rennen
Wilhelm
Früh vom Gas? Die Motoren werden bewusst Benzin verbrennen, um die Batterie zu laden.

Angststrecken der Formel 1

Kein Hersteller macht einen Hehl daraus, dass es eine große Herausforderung sein wird, die Batterie zu laden. So dass ihr nicht der Saft ausgeht. Dafür werden die Motoren bewusst einen Teil des nachhaltigen Benzins verbrennen. 20 bis 30 Kilogramm etwa. So schrumpfen auch die Tanks nicht. "Wenn der Fahrer kein Drehmoment anfordert, wird das automatisch im Hintergrund passieren. Durch das nachhaltige Benzin halten wir das für einen akzeptablen Ansatz, um dem Problem zu begegnen", sagt Thomas.

Simulationen bei Mercedes ergeben, dass Rennstrecken wie Monza, Baku und Saudi-Arabien wegen ihrer langen Gerade und Vollgasstücke am kritischsten sind. Würde man den Motor der Zukunft mit dem aktuellen Chassis verheiraten, käme es zu massivem De-Rating vor den Kurven. Heißt: Der Motor würde vorzeitig in den Ladebetrieb übergehen, und die Autos stark an Geschwindigkeit verlieren.

Deshalb braucht es komplett neue Autos ab 2026. "Wir brauchen erstklassige Chassis-Regeln, um den State-of-the-Art-Motoren zu begegnen", sagt Mercedes-Teamchef Toto Wolff. "Aber glaubt denn irgendwer daran, die Formel 1 sei dazu nicht in der Lage, Regeln zu schreiben, damit die Fahrer nicht auf den Geraden herunterschalten müssen?"

Von einem anderen Hersteller hören wir: "Man kann die Simulationen so oder so drehen, wie man es für sich am liebsten hätte, um Politik zu machen." Oder man nimmt welche her, die schon mehrere Monate her sind. Je mehr ausprobiert und simuliert wird, desto geringer werden die Probleme.

Allen Beteiligten ist in jedem Fall klar, dass die Aerodynamik deutlich aufgewertet werden muss. Und zwar dahingehend, den Luftwiderstand der Autos drastisch zu senken. Ein hochrangiger Ingenieur rechnet vor: "Wir sprechen hier von 50 Prozent weniger Luftwiderstand, um der angepeilten Motoren-Formel gerecht zu werden." Von daher hat Horner einen Punkt, wenn er die Sorge aufbringt, dass der Windschatten-Effekt verschwinden könnte.

Aktive Aerodynamik vor Rückkehr

Die Formel 1 dachte auch über sogenannte "Fan-Cars" nach – also solche wie den Brabham BT46B von 1978 mit Ventilator im Heck, der die Luft vom Unterboden absaugt und so massiv den Abtrieb erhöht. Dann hätte man die Flügel von den Autos entfernen können. Es läuft aber auf eine andere Lösung hinaus: die aktive Aerodynamik. Weltmeister Verstappen merkt an: "Dann entscheidet der Computer und nicht der Fahrer."

Die Autos sollen kürzer werden. Das spart Gewicht und verringert den Luftwiderstand. Die FIA muss kluge Entscheidungen treffen, und es nicht zu kompliziert machen. Je komplexer, desto höher die Gefahr, hinzufallen. Die Chassis-Regeln für 2026 haben nicht mehr lange Zeit, zu reifen. Am besten wäre eine Entscheidung noch in diesem Jahr, spätestens aber in den ersten Monaten 2024.

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