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Kommentar zur Posse um Piastri-Alpine
Poker-Star oder Wahnsinniger?

Alpine befördert Oscar Piastri. Doch das australische Supertalent will lieber zu McLaren. So entwickelt sich in der Formel 1 eine Posse, die am Ende wohl nur Verlierer kennt. Die Frage lautet, ob Piastri mit seinem Pokerspiel durchkommt. Falls ja, käme das einem Gesichtsverlust für Alpine gleich.

Laurent Rossi - Oscar Piastri - Mark Webber - GP Bahrain 2022
Foto: xpb

Eigentlich hätte Alpine ein Dream-Team haben können. Einen Altmeister im Cockpit, den nicht wenige in der Formel 1 noch immer für den besten halten, obwohl er seit Spanien 2013 kein Rennen mehr gewonnen hat. Und ein Supertalent, das wie Charles Leclerc und George Russell nacheinander die Nachwuchsserien Formel 3 und Formel 2 gewonnen hat. Fernando Alonso, 41, und Oscar Piastri, 21. Damit hätte Alpine nach vorne marschieren und seinen 100-Rennen-Plan bis 2024 umsetzen können.

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Den Weg dorthin verbaute sich die Equipe bereits im Sommer 2021. Damals verlängerte Alpine ohne Not den Vertrag mit Esteban Ocon bis einschließlich 2024. Der Franzose ist ein guter Rennfahrer. Zuverlässig, konstant, aber ein kommender Weltmeister? Wahrscheinlich nicht. Ocon und sein Management haben ganze Arbeit geleistet und Alpine wohl damals in einem schwachen Moment erwischt.

Oscar Piastri & Fernando Alonso - GP Monaco 2022
xpb
Alonso weg, Piastri im Alpine 2023: Dachte man. Das Supertalent plant anders.

Statt Alonso-Piastri keinen?

So hat sich der französische Nationalrennstall selbst einen Brocken in den Weg geworfen, der sich inzwischen zur Lawine entwickelt hat. Man wollte Alonso über 2022 hinaus halten, und Piastri bei Williams zwischenparken. Am Ende könnte man keinen von beiden 2023 im Team haben. Das wäre eine Bankrotterklärung, ein Gesichtsverlust. Vielleicht hatte Alpine auch Angst, alt und jung zusammenzuspannen. Wir kennen Alonso. Und wir wissen jetzt auch, wie Piastri drauf ist. Beide peitschen ihre Interessen durch – koste es, was es wolle. Diese Mischung wäre explosiv gewesen. Vielleicht wollte man Piastri auch nicht im direkten Duell mit dem fahrenden Politiker Alonso verbrennen.

Alpine wollte Alonso mit einem Vertrag für 2023 mit Option auf Verlängerung abspeisen. Nach dem Motto: Der 41-Jährige müsse sich jedes Jahr beweisen. Irgendwie nachvollziehbar. Doch Alonso hatte dazu keine Lust und lässt Alpine im Regen stehen. Er hat sich lieber Aston Martin angeschlossen. Blitzschnell, und laut Alpine-Teamchef Otmar Szafnauer, ohne vorher Bescheid zu sagen. Das wäre typisch Alonso. Schon jetzt steht fest: Mit seinem Wechsel hinterlässt der zweifache Weltmeister verbrannte Erde – wie nach seinen Jahren bei McLaren und Ferrari.

Alonso weg, Piastri rein: Dachte man. Doch der Australier hat sich ganz offenbar anders entschieden (Artikel). Gegen Alpine, das ihn seit 2020 mit Testkilometern und Millionen fördert. Allein 2022 hat ihm der Rennstall ein Testprogramm quer um die Welt über 5.000 Kilometer aufgegleist. Und jetzt verkündet eben dieser Piastri, dass er im Gegensatz zu Alpines-Bekanntgabe nicht für den Rennstall in der nächsten Saison fahren wird.

Alpine vor Zerreißprobe

Dieser Piastri scheint so skrupellos zu handeln wie Alonso. Wenn man es für ihn positiv drehen möchte: Er verhält sich so brutal egoistisch wie ein kommender Weltmeister. Der 21-Jährige mit dem Baby-Face will sich ausgerechnet mit Alpines großem Gegner ins Bett legen. Mit McLaren. Zwar hat er das weder öffentlich gesagt, noch gab es ein Statement von McLaren dazu, doch man muss dafür nur eins und eins zusammenzählen. Zu Williams wollte sich Piastri nicht abschieben lassen. Er will nicht hinten herumfahren, sondern gleich um Punkte kämpfen. Das würde er mit Alpine können, doch er will sich stattdessen McLaren anschließen.

Entweder ist dieser Oscar Piastri ein brillanter Poker-Spieler oder ihm sind die frühen Erfolge zu Kopf gestiegen. Sein Management muss ein Schlupfloch im Vertrag mit Alpine gefunden haben, das auch bei einem Gerichtsprozess bis zum bitteren Ende offen bleibt. Ansonsten ist diese Aktion Wahnsinn. Piastri hätte sich ein Türchen bei Alpine offenhalten können, wenn er den letzten Satz in seinem Statement weggelassen hätte. Da schrieb er: "Ich werde 2023 nicht für Alpine fahren." Das ist eine Ansage, ein klares Nein zu seinem aktuellen Arbeitgeber. Tür zu.

Eins steht jedenfalls fest: Alpine kann Piastri nicht ohne Weiteres ziehen lassen. Notfalls muss man ihn kaltstellen, sollte man im Recht sein. Um zu zeigen: "So nicht, egal wie gut du bist." Wenn der Jungspund in dieser Posse sein Ziel erreicht, hätte der französische Rennstall einen Fuchs ausgebildet, der vor dem Abschied den Hühnerstall aufmischt. Und das nackte Chaos hinterlässt.

Auf einen Kuhhandel können sich Boss Laurent Rossi und Teamchef Otmar Szafnauer nicht einlassen. McLaren würde Daniel Ricciardo liebend gerne zurück nach Enstone abschieben. Dann aber hätte Alpine mit Alonso einen der Stars der Gegenwart verloren und mit Piastri ein Fahrer der Zukunft. Wie soll man dann den Plan zum Erfolg führen, ab 2024 regelmäßig um Podestplätze zu kämpfen? Mit Ricciardo, der bei McLaren gescheitert ist, und Ocon?

Otmar Szafnauer & Fernando Alonso - GP Ungarn 2022
xpb
Die Alpine-Spitze um Teamchef Otmar Szafnauer könnte komplett verzockt haben.

McLaren wieder im Clinch

Alpine hat bereits verloren, selbst wenn man es schafft, Piastri zum Bleiben zu zwingen. Dann sucht er halt in zwei Jahren das Weite, und bis dahin wäre die Atmosphäre vergiftet. Einen angemessenen Ersatz für das Projekt gibt es nicht. Ricciardo ist der nächste Verlierer. Spätestens jetzt kann sich der achtfache GP-Sieger zusammenreimen, dass ihn McLaren loswerden will, obwohl er einen Vertrag für die kommende Saison in der Tasche hat. Doch welcher Fahrer möchte schon für ein Team fahren, das einen am liebsten austauschen will?

Mick Schumacher verliert, weil ihm die Optionen ausgehen, sollte Haas ihn nicht halten wollen. Der Platz von Sebastian Vettel ist weg. Die Hoffnung, Lance Stroll würde irgendwann freiwillig hinschmeißen, erfüllt sich nicht. Für mich könnte auch Alonso zu einem der Verlierer werden, obwohl er aktuell ganz augenscheinlich Spaß an der Posse hat. Spaß daran hat, was er mit seinem Zug für Chaos bei Alpine ausgelöst hat. Der Spanier weilt nicht in Griechenland, wie von Alpine angenommen, sondern fährt Kart in seiner Heimat Oviedo und postet Bilder mit hochgerecktem Daumen. Währenddessen lässt er das Telefon klingeln.

Alonso muss bei Aston Martin wieder Aufbauarbeit leisten. Mit Alpine war er schon weiter. Aston ist WM-Neunter, Alpine WM-Vierter. Alonso lebt von der Hoffnung, dass Aston Martin dank des Inputs der abgeworbenen Ingenieure von Mercedes und Red Bull 2023 endlich die Kurve bekommt. So schlecht ist der AMR22 nicht, wie es der WM-Stand sagt. Im Rennen geht das grüne Auto. Nur starten die Piloten immer von zu weit hinten. Siehe Ungarn. Mit Lawrence Stroll und Alonso hat sich das passende Duo gefunden. Stroll ist einer der wenigen Gewinner: Mit Alonso hat er ein Zugpferd für die Marke Aston Martin gewonnen, einen bekannten Namen und starken Fahrer. Ein Upgrade zu Vettel.

Ach ja, McLaren. Innerhalb weniger Wochen hat sich das Team in einen zweiten Fahrer-Streit verstrickt. Erst in der Indy-Car-Serie, nun in der Formel 1. Wenn McLaren und Piastri ihre Interessen durchdrücken, entstünde da mit Lando Norris und Oscar Piastri eine Fahrer-Paarung der Zukunft. In beiden schlummert Weltmeister-Potenzial. Doch es würde gleichzeitig eine explosive Mischung entstehen. Piastri jedenfalls erarbeitet sich im Fahrerlager jetzt schon seinen Ruf – wie ein gewisser Alonso.

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