MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"30610668","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}
MISSING :: ads.vgWort
{"irCurrentContainer":"30610668","configName":"ads.vgWort"}

Schmidts F1-Blog zu McLaren-Stallregie
Teamfrieden wichtiger als WM-Titel

McLaren hat eine mutige Entscheidung getroffen. Lando Norris musste trotz sechs Sekunden Vorsprung Oscar Piastri den Sieg überlassen, weil Piastri aus Strategiegründen die Führung verloren hatte. Eine richtige Entscheidung, meint Michael Schmidt.

Oscar Piastri - Lando Norris - McLaren - Formel 1 - GP Ungarn - 21. Juli 2024
Foto: xpb

Dieser Schachzug könnte Lando Norris vielleicht den WM-Titel kosten. Der WM-Zweite musste auf Befehl des Teams drei Runden vor Schluss Oscar Piastri den Sieg überlassen, obwohl er schon sechs Sekunden Vorsprung hatte. Norris wurde eingeschärft, dass es hier um den Teamfrieden und nicht den WM-Titel geht. Er gab nach einigem Zögern klein bei. Kritiker legen ihm das als Schwäche aus. Ich finde, er hat alles richtig gemacht.

Norris wäre nie in Führung gegangen, wenn McLaren der üblichen Regel gefolgt wäre, den führenden Fahrer zuerst zu bedienen. Dann müssten wir jetzt gar nicht diskutieren. Die klitzekleine Chance, Max Verstappen in der WM-Wertung noch einzuholen, bleibt für Norris nur intakt, wenn ihm der Teamkollege dabei hilft. Er braucht einen Piastri, der dem Gegner Punkte wegnimmt. Und McLaren braucht zwei zufriedene Fahrer, um den Konstrukteurs-Titel zu gewinnen. Das geht nicht, wenn Piastri das Gefühl hat, um den Sieg betrogen worden zu sein.

Unsere Highlights
McLaren - Ungarn - 21. Julli 2024
xpbimages.com

Lando Norris (rechts) beugte sich in Budapest der McLaren-Teamorder und ließ Oscar Piastri (links) vorbei.

Lando Norris gehorcht

Der Platztausch war die Wiedergutmachung dafür, dass Piastri aus strategischen Gründen seine Zweisekunden-Führung verloren hatte. Der Australier bestimmte in den ersten 47 Runden das Tempo. Als Fahrer des führenden Autos stand ihm eigentlich das bessere Boxenstopp-Timing zu. Doch das hätte Norris in Schwierigkeiten bringen können. Der Engländer lag in der 45. Runde 27 Sekunden vor dem Duo Lewis Hamilton und Charles Leclerc, die ihre Boxenstopps bereits abgespult hatten. Und die waren zu dem Zeitpunkt eine knappe Sekunde pro Runde schneller als Norris.

Die Rechnung war einfach. Mit einem Boxenstopp würde er 24 Sekunden verlieren. Piastri hatte zwei Sekunden mehr Luft. Wenn McLaren zuerst den Australier an die Box holt und Norris eine weitere Runde warten muss, dann hätte es eng für den zweiten McLaren werden können. Und der ganze Druck, einen perfekten Boxenstopp hinzulegen, hätte auf der Boxencrew gelastet. So kam Norris vor Piastri an die Box und übernahm mit dem Undercut die Führung.

Man könnte jetzt ins Feld führen, dass McLaren seine beiden Fahrer zwei oder drei Runden früher in der richtigen Reihenfolge an die Box holen hätte können, doch man hatte wie bei Red Bull die Sorge, dass die Medium-Reifen in der Hitzeschlacht nur eine begrenzte Lebensdauer haben. Man könnte McLaren auch vorhalten, dass die Reifen von Hamilton und Leclerc am Ende fünf Runden älter gewesen wären, doch am Kommandostand wollte man auf jeden Fall das Szenario vermeiden, dass Max Verstappen das halbe Rennen lang gebremst hat. Norris durfte auf keinen Fall hinter den Mercedes und Ferrari fallen und dann verwirbelte Luft schlucken.

McLaren - Formel 1 - GP Ungarn - 21. Juli 2024
xbp

McLaren setzt auf den Teamfrieden im Kampf um den Konstrukteurs-Titel.

Teamfrieden hat Priorität

McLaren hatte seinen Fahrern schon vor dem Rennen klargemacht, dass die Plätze getauscht werden, wenn einer der beiden durch strategische Zwänge seine Position abgibt. Piastri musste in seiner Zeit bei McLaren oft genug seinen Platz an Norris abtreten. Er hat es immer ohne Beschwerden getan. Diesmal war es an der Zeit, zurückzuzahlen. Hätte McLaren Norris gewinnen lassen, hätte Piastri daran zweifeln müssen, ob er jemals die gleichen Chancen bekommt wie sein Teamkollege. Der Australier hätte sich später im Jahr vielleicht daran erinnert und im Ernstfall Norris nicht geholfen. Deshalb wurde Norris auch daran erinnert, dass der Teamfrieden diesmal Vorrang vor dem WM-Stand hat.

Die WM ist noch nicht so weit fortgeschritten, dass man mit den besseren WM-Chancen für Norris argumentieren könnte. Das gilt auch, wenn Norris am Ende genau diese sieben WM-Punkte zum Titel fehlen würden. Bei dieser Rechnung müsste man schon ab dem zweiten Rennen immer den besser platzierten Fahrer bevorzugen. Das gibt es nur bei Red Bull, wo alles auf Max Verstappen zugeschnitten ist. Angenehm für Max, aber das System hat auch Nachteile, wie man derzeit sieht. Zum Beispiel bei der Fahrzeugentwicklung.

Fairplay hat bei McLaren übrigens Tradition. David Coulthard musste beim GP Australien 1998 den ersten Platz an Mika Häkkinen abtreten, weil der Finne wegen eines Missverständnisses am Funk an die Box kam, dort aber weitergeschickt wurde. Das Team übernahm die Verantwortung für den Kommunikationsfehler. Für Coulthard war es bereits das zweite Mal in Folge, dass er Häkkinen gewinnen lassen musste. Beim WM-Finale 1997 in Jerez wollte McLaren Häkkinen für sein Pech im Verlauf der Saison entschädigen. Das war Coulthard ungerecht gegenüber. Der Schotte konnte nichts dafür, dass sein Teamkollege viele Punkte durch technische Defekte verloren hatte.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 21 / 2024

Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten