Die Formel 1 hat in diesem Jahr zum 70. Mal in Monte-Carlo Station gemacht. Der Stadtkurs zählt neben Silverstone, Spa und Monza zu den vier Rennstrecken, die schon im ersten Formel-1-Jahr 1950 im Kalender standen. Die Streckenführung blieb weitgehend unverändert. Selbst Juan-Manuel Fangio und Alberto Ascari würden heute noch den Weg durch den Leitplankenkäfig finden. Es ist der letzte Rückfall in die Urzeiten des Motorsports.
Eine schnelle Runde auf dem 3,337 Kilometer langen Kurs ist für die Fahrer die ultimative Herausforderung, heute mehr als früher. Die 1.000-PS-Maschinen haben eigentlich zu viele Muskeln für die engste Rennstrecke der Welt. Deshalb ist der Samstag das Highlight. Es gibt nicht viel Besseres im Rennsport als die Qualifikation in Monte-Carlo. An keinem anderen Ort wird so deutlich, dass hier die besten Fahrer der Welt am Werk sind.
Das gehört zu der Faszination dieses Events, genauso wie die Prozession am Sonntag. Mich hat der Autokorso über 78 Runden nie gestört. Wer die Geschichte des Rennens kennt, der weiß, dass in den meisten Fällen irgendetwas passiert, womit keiner gerechnet hat. Und dann stellt sich alles auf den Kopf.
Monaco sorgt für Abwechslung
Es tut der Formel 1 gut, dass es so einen Ausreißer in der Saison gibt. Gerade, wo wir mit 24 Rennen um jede Abwechslung froh sein müssen. Da kann man dann auch mal mit einem langweiligen Grand Prix leben. Wäre doch schlimm, wenn es hinterher nichts zu schimpfen gäbe.
Dass es diesmal besonders spannungsfrei war, hatte seine Gründe. Der Abbruch nach dem Perez-Crash hat alle Fahrer von der Pflicht befreit, Reifen wechseln zu müssen. Dazu kam, dass die vier Fahrer an der Spitze mit der risikolosen Reifenwahl losfahren konnten. Der harte Reifen war gut für zwei Renndistanzen.
Damit stand die Strategie für alle an die Wand geschrieben. Langsamfahren war Trumpf. Die vorne wollten keine Lücken im Feld reißen, um Undercuts zu verhindern. Die Verfolger auf den Medium-Reifen wollten ohne Boxenstopp überleben. Die Prognosen trauten den Medium-Gummis 50 Runden zu. Bei dem angeschlagenen Bummeltempo hielt die mittlere Gummimischung locker 77 Runden durch.
Neue Regel oder weichere Reifen?
Hätte man dieses Szenario verhindern können? Unsere englischen Kollegen forderten kollektiv eine Regel, wonach bei einem Rennabbruch in den ersten Runden trotzdem ein Pflicht-Boxenstopp gefordert ist. Ich halte nichts von solchen Sonderregeln, weil sie mir zu künstlich sind. Das wäre so, als wenn man im Fußball nach 85 torlosen Minuten der Mannschaft einen Elfmeter schenkt, die bis dahin mehr Einwürfe hatte.
Was man diskutieren kann ist, dass man in Pausen nach Abbrüchen generell keine Reifenwechsel erlaubt. Doch in diesem Fall wird es dann unter Garantie jede Menge Fahrer geben, die aus Sicherheitsgründen einen Reifenwechsel einfordern, weil sie über Trümmerteile gefahren sind oder sich kurz vorher einen Bremsplatten eingehandelt haben.
Was schon eher helfen würde, wären noch weichere Reifen für die beiden Stadt-Grand-Prix in Monaco und Singapur. Das zeigte sich in der Formel 2. Das Hauptrennen begann mit einem Konvoi, der sich in dem Moment auflöste, als die Fahrer ihren superweichen Reifen loswerden mussten. Weil jeder einen anderen Zeitpunkt wählte, gab es große Zeitunterschiede im Feld und einige wirklich spektakuläre Überholmanöver.
Zak O‘Sullivan startete alternativ auf den harten Reifen, was ihn irgendwann kampflos an die Spitze spülte. Er pokerte auf ein Safety-Car oder eine VSC-Phase, was prompt drei Runden vor Schluss passierte. Das verschaffte O‘Sullivan einen freien Boxenstopp und den Sieg. Von Startplatz 15! Da sage mal einer, Monte Carlo ist vorhersehbar. Die Formel 1 war Kontrastprogramm. Aber solche Rennen wie am Wochenende muss man wie ein 0:0 beim Fußball aushalten können.