Die Tür für Andretti ist zu. Wenigstens bis 2028. Doch mit der Ablehnung des Antrags hat sich die Formel 1 auch selbst die Türe zugeworfen. Wenn die genannten Kriterien gelten, dann darf sich vorerst kein anderer Bewerber Hoffnungen machen, in den Club der Königsklasse aufgenommen zu werden.
Die Formel 1 erwartet von einem Neuling Podestplätze und Siege, weil angeblich nur das den Wert der Serie erhöht. Das schaffen derzeit viele der alteingesessenen Teams nicht. Die Jury warnt auch, dass ein neuer Motorenhersteller Jahre brauchen könnte, bis er erfolgreich ist. Das gilt auch für Audi und Ford.

Dass der Name Andretti auf das Image der Formel 1 einzahlen könnte, wurde in der Bewertung nicht berücksichtigt.
Mit unterschiedlichem Maß?
Kernsatz ist, dass Andretti in keiner der Rennserien, in der das Team bislang unterwegs war, eine vergleichbare technische Herausforderung kennengelernt hätte. Das stimmt, trifft aber auf jeden anderen Rennstall zu, egal ob Werksteam oder Privateinsatz. Andretti fährt in der IndyCar-Serie, IMSA und Formel E, und er gewinnt dort auch Rennen. Toyota, BMW, Porsche, Penske oder Ganassi machen nichts anderes, würden sich also auch nicht für das höchste Amt im Sport qualifizieren.
Wenn die Formel 1 behauptet, dass Andretti als Name keinem Mehrwert bringt, dann hätte sie Teamnamen wie "Stake F1 Team" oder "Visa Cash APP RB F1 Team" nie zulassen dürfen. Die locken mit Sicherheit keinen zusätzlichen Fan an. Und im Wachstumsmarkt USA ist Andretti auf jeden Fall eine andere Nummer als die neuen Zungenbrecher im Feld.
Einige Sätze in der 20-teiligen Absage nähren den Verdacht, dass auch persönliche Ressentiments eine Rolle gespielt haben. So die Zweifel, ob Andretti überhaupt verstanden hat, auf was er sich da einlässt. Mit anderen Worten: Der hat keine Ahnung vom Geschäft. Die Amerikaner sind nach dem Geschmack der Hausherren einfach zu forsch aufgetreten, haben versucht Fakten zu schaffen, um einen Eintritt zu erzwingen.

Andretti hatte den Segen der FIA und die Unterstützung der Fans. Aber das reichte offenbar nicht.
Nächste Chance erst 2028
Es begann damit, dass Andretti die Angelegenheit von Anfang an in die Öffentlichkeit getragen hat, dass er sein Projekt dann als GM-Werkseinsatz tarnte und ganz zum Schluss noch Fotos vom Windkanalmodell lancierte, um den Druck zu erhöhen. Das kam im Londoner Hauptquartier nicht gut an. Man will sich dort nicht das Heft aus der Hand nehmen lassen.
Eine Hintertür lässt sich Liberty offen. Man rät General Motors, es 2028 noch einmal zu versuchen. Doch was ist in vier Jahren anders? Gut, der Einsteiger muss dann nicht innerhalb kurzer Zeit zwei neue Autos für zwei unterschiedliche Reglements bauen. Und er könnte dann gleich mit GM beginnen, ohne sich vorher als Überbrückung einen anderen Motorenlieferanten zu suchen.
Es gibt gute Gründe, warum etablierte Hersteller aushelfen müssen. Deshalb steht es auch so im Reglement. Sonst könnte man jedes Kundenteam trockenlegen. Ferrari ist bei Sauber auch nur Platzhalter, bis Audi kommt.

Die Formel 1 erlaubt Teamnamen wie "Visa Cash App RB" oder "Stake F1 Team", aber traditionsreiche Rennställe werden mit der Begründung abgelehnt, sie könnten dem Ansehen schaden. Das trifft nicht überall auf Verständnis.
F1-Einstieg wird immer teurer
Der wahre Grund für die rote Karte für Andretti liegt wie immer beim Geld. Liberty fürchtet, dass die anderen Teams rebellieren. Sie hätten dann behauptet, dass der Wert ihrer Lizenzen mit jedem zusätzlichen Mitesser sinkt. Jeder würde zwar als Entschädigung 20 Millionen Dollar bekommen, doch die sind nach Meinung des Establishments schnell aufgefressen. Sie wollen den Betrag deshalb verdreifachen.
Diese Lösung gefällt auch dem F1 Management. Weil man dann nichts aus eigener Tasche zuzahlen muss. Hätte Andretti grünes Licht bekommen, hätte das die Verhandlungsposition der Rechteinhaber beim nächsten Concorde Abkommen geschwächt.
Die Teams hätten nur unterschrieben, wenn sie als Ausgleich zu einem höheren Prozentsatz am Kuchen partizipiert hätten, was wiederum den Gewinn von Liberty geschmälert hätte. 2028 wird dieses Problem gelöst sein. Wetten, dass es dann einfacher wird, in die Formel 1 einzusteigen. Natürlich nur wenn man bereit ist, mindestens eine halbe Milliarde Dollar Eintrittsgeld zu zahlen.