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Interview mit Mick Schumacher
„Zu wenig Geduld mit jungen Fahrern“

Mick Schumacher hat seinen Platz bei Haas verloren. Wir sprechen mit ihm über den Druck, Erfolge abliefern zu müssen, die abgelaufene Saison und seine Pläne für die Zukunft.

Mick Schumacher - Haas - GP Brasilien 2022
Foto: Wilhelm

Seit Abu Dhabi ist es offiziell. Nico Hülkenberg nimmt 2023 ihren Platz bei Haas ein. Was sagen Sie dazu?

Schumacher: Es ist in gewisser Hinsicht enttäuschend, denn ich denke, dass ich in diesem Jahr einen guten Job gemacht habe. Das Team hat sich anders entschieden, und das muss ich akzeptieren. Jetzt muss ich mich auf die Zukunft fokussieren.

Wie sehen Sie Ihre zweite Saison mit Haas im Rückblick?

Schumacher: Wir hatten unsere Höhen und Tiefen, aber der Trend zeigte immer nach oben. Ich glaube, das zählt. Ich bin ja erst meine zweite Saison in der Formel 1 gefahren. Die erste kann man fast nicht als Saison zählen, da wir die meiste Zeit am Ende des Feldes herumgefahren sind. Ich musste mich erst einmal an die Zweikämpfe im Mittelfeld gewöhnen. Im Verlauf der Saison haben wir das gut geschafft und das meiste aus der Situation gemacht.

Unsere Highlights

Es war in den letzten Rennen der Saison kein Geheimnis, dass sich Haas zwischen Nico Hülkenberg und Ihnen entscheiden würde. War dieses Duell immer präsent?

Schumacher: Eigentlich kaum. Ich konnte nur mein Bestes geben und meine Rennen fahren. Das Team wusste, was ich kann.

Mick Schumacher - Haas - GP Abu Dhabi 2022
Wilhelm
Mick Schumacher hat sein Cockpit bei Haas an Nico Hülkenberg verloren.

Und die Aufforderung von Gene Haas, dass sie Punkte abliefern müssen?

Schumacher: Das hat den Druck nicht erhöht. Punkte waren ein Ziel von uns allen. Wir hatten genügend Möglichkeiten sie abzuliefern, doch es gab leider auch genügend Gründe, warum es zu selten gepasst hat. Wir hätten sehr viel mehr Punkte auf dem Konto haben können, wenn die ein oder andere Situation anders ausgegangen wäre.

Wurde das auch so honoriert?

Schumacher: Im Team, ja.

War der Punkt von Gene Haas gerechtfertigt, dass junge Fahrer mit ihren Unfällen dem Team mehr Geld kosten als erfahrene Piloten?

Schumacher: Da hat er sicher Recht. Die Formel 1 ist ein Sport, in dem man ans Limit gehen muss. Um das Limit zu finden, muss man auch schon mal drüber hinaus gehen. Es gibt deshalb viele Leute in der Szene, die sagen, dass ein junger Pilot mindestens drei Jahre braucht, um sich einzufügen. Dem stimme ich zu. Die Formel 1 ist ein ganz anderes Kaliber als alle andere Rennsportkategorien, die ich bis jetzt gefahren bin. Ich habe mich mit jedem Mal, in dem ich ins Auto eingestiegen bin, wohler gefühlt. Das hat man auch an meinem positiven Trend gesehen.

Kann man generell sagen, dass der Formel 1 die Geduld mit jungen Fahrern fehlt?

Schumacher: Eventuell ja. Ich weiß natürlich nicht, wie andere junge Fahrer behandelt wurden und kann nur von meinen eigenen Erfahrungen sprechen. Es braucht seine Zeit.

Sie hatten 2021 eine ganz besondere erste Saison am Ende des Feldes ohne großen Druck mit nur einem Gegner. War das im Rückblick ein Nachteil?

Schumacher: Ich wäre natürlich schon im ersten Jahr gerne um die Punkte gefahren. Vielleicht wäre ich dadurch besser vorbereitet in das zweite Jahr gegangen. Natürlich war dann der Druck höher. Ich musste ganz andere Probleme lösen als in der ersten Saison.

Mick Schumacher - Haas - Sprint - GP Brasilien 2022 - Sao Paulo
Motorsport Images
Der Trend zeigte nach oben. Nur war Haas die Entwicklung von Mick Schumacher nicht gut genug.

Es kam ein neuer Teamkollege, und obendrein noch komplett neue Autos?

Schumacher: Ich kannte den Kevin ein bisschen von vorher und war sehr happy, dass er zum Team gestoßen ist. So konnte ich mit einem erfahrenen Piloten an der Seite die neuen Autos kennenlernen. Wir hatten ein sehr starkes Auto am Anfang des Jahres, dann haben sich die anderen ein bisschen verbessert, doch das Auto war immer noch gut genug, um damit in die Punkte zu fahren.

Warum ist Magnussen nach einem Jahr Pause besser in die Saison reingekommen?

Schumacher: Er ist ohne große Erwartungen in diese Saison gegangen. Er hatte nichts zu verlieren, ich dagegen schon. Unter den Vorzeichen war meine Herangehensweise im Rückblick wahrscheinlich falsch. Wir haben uns zu Beginn mit dem Setup des Autos verloren, uns dann aber relativ schnell gefangen und die richtigen Entscheidungen getroffen. Wir haben wieder bei Null begonnen. Ab dem GP Kanada hatte ich ein Auto, das zu mir gepasst hat und das wir stetig verbessert haben.

Fand die Wende nicht in Baku statt?

Schumacher: Der eigentliche Durchbruch bei der Abstimmung fand in Kanada statt. In Silverstone konnte ich dann zum ersten Mal zeigen, dass ich mich viel wohler im Auto gefühlt habe. Irgendwann ist der Kevin auch auf mein Setup rübergesprungen.

Was war vorher so falsch?

Schumacher: Es gab ein Teil im Auto, bei dem ich nicht all zu sehr ins Detail gehen will, aber es hat mit der Vorderachse zu tun. Wenn man da etwas daran macht, was auf dem Papier gut aussieht, gibt es im Auto ein Gefühl, das schwer beherrschbar ist. Das Auto war in dem Punkt nicht konstant. Das haben wir eliminiert. Seitdem ging es viel besser.

War das eher ein Zufallsprodukt oder das Ergebnis harter Arbeit?

Schumacher: Es war schon ein bisschen Zufall dabei. Aber ich hatte den Ingenieuren schon öfter mal gesagt, dass ich das gerne ausprobieren würde. Im alten Auto hat es nicht gepasst, dafür im neuen umso besser.

Wie gut war der Haas im Vergleich zur Konkurrenz?

Schumacher: Wir haben versucht, uns ein Paket zusammenzubasteln, das auf der Mehrheit der Strecken funktioniert. Es gab aber ein oder zwei Rennen, die maximalen Abtrieb verlangt haben, bei denen der positive Effekt aus anderen Gründen nicht eintrat. Zum Beispiel in Mexiko. Die Schwankungen kamen daher, dass wir kein so großes Spektrum hatten, in dem wir uns mit unserem Auto bewegen konnten. Deshalb mussten wir bei den Rennen, bei denen es gut lief, das Maximum herausholen.

Also wie Mercedes auf einem niedrigeren Niveau?

Schumacher: Ich glaube Mercedes ist es im Vergleich zu uns immer noch gut gegangen, wenn es ihnen schlecht ging.

In diesem Jahr gab es völlig neue Autos für alle: Wie haben Sie die neue Generation empfunden?

Schumacher: Das Gewicht ist der größte Faktor. Und das Schaukeln ("Porpoising") war ein völlig neues Problem. Wenn wir diese Faktoren wegnehmen, weil sie entweder nicht mehr da oder dominant sind, fahren sich die Autos schon sehr anders als die Generation davor. Es geht beim Reifen los, der sich von der Abnutzung und vom Verschleiß her komplett anders verhält. Wir hatten dieses Jahr viel mehr Probleme vorne. In der letzten Saison war es eher der Hinterreifen. Das war eine Situation, die alle unvorbereitet traf. Deshalb waren wir in vielen Punkten schon am Maximum angelangt. Da mussten wir dann sagen: Wir würden gerne weitergehen, aber wir können nicht.

Mick Schumacher - GP Italien 2022
Haas
Mick Schumacher und Haas: Nach zwei gemeinsamen Jahren trennen sich die Wege.

Wie lange dauert es, bis man dieses neue Sportgerät begreift?

Schumacher: Bei großen Teams passiert das sicher schneller, weil die mehr Möglichkeiten haben etwas auszuprobieren. Red Bull oder Ferrari haben 20 Leute, die sich auf ein bestimmtes Thema konzentrieren können. Bei uns waren es halt ein oder zwei. Deshalb konnten wir nichts überstürzen und es hat länger gedauert, das Maximum herauszuholen. Da wir zu Beginn ein sehr starkes Auto hatten, konnten wir die längere Lernphase ganz gut überstehen.

In der Formel 2 und 3 haben sie im jeweils zweiten Jahr eine deutliche Steigerung erzielt. War das in der Formel 1 genau so?

Schumacher: In den kleineren Formeln findet zwischen Teams keine Weiterentwicklung statt. Da spürt man die Verbesserung als Fahrer für sich selbst viel deutlicher. In der Formel 1 entwickeln sich die Teams weiter. Wir haben ein großes Aero-Paket gebracht, andere dafür mehrere. Deshalb ist es schwer, sich selbst zu messen. Wenn sich ein anderes Team verbessert und deines nicht, gehst du gefühlt rückwärts, auch wenn du als Fahrer besser geworden bist. Wichtig für mich war, dass wir im Vergleich zu uns selbst regelmäßig besser wurden.

Haas hat zwei Saisons aufgegeben, um das 2022er so früh wie möglich zu entwickeln und dadurch mit einem Vorsprung gegenüber der Konkurrenz in die Saison zu gehen. Ist die Taktik aufgegangen?

Schumacher: Ich glaube schon, dass die Taktik aufgegangen ist. Wir hatten zu Saisonbeginn ein sehr starkes Auto. Ob es auch möglich gewesen wäre, so ein Auto zu bauen ohne zwei Jahre zu opfern, kann ich nicht beurteilen. Das ist eine Frage für Guenther Steiner.

Hatten Sie zuletzt einen Plan B?

Schumacher: Plan A war immer in der Formel 1 zu bleiben.

Und jetzt?

Schumacher: Ich will auf jeden Fall in der Formel 1 bleiben und schaue mir jetzt die Optionen an, die es gibt. Und hoffentlich suche ich mir die richtige aus. Ich würde gerne allen, die nicht an mich glauben, beweisen, dass sie falsch liegen. Ich weiß, was ich kann, habe es in den Junior-Kategorien bewiesen und sehen keinen Grund, warum mir das in der Formel 1 nicht auch gelingen sollte.

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