Alfa-Technikchef Monchaux: Problem mit Bouncing

Interview mit Alfa-Technikchef Monchaux
„Bouncing überlebt kein Auto“

GP Bahrain 2022
Veröffentlicht am 18.03.2022

Inwieweit verstehen Sie Ihr Auto schon?

Monchaux: Recht gut. Dafür sind wir testen gegangen. Ich denke, wir haben das Gröbste hinter uns. Jetzt geht es an die Feinjustierung und die Details.

Da sind Sie aber schon ganz schön weit. Viele andere kämpfen noch mit Kinderkrankheiten im System. Oder mit Bouncing sowie damit, die Balance zwischen schnellen und langsamen Kurven zu finden.

Monchaux: Es ist nicht so, dass wir keine Probleme mehr haben. Wir müssen auch noch ein paar lösen. Am Ende steckt viel in den Details. Wir dürfen nicht vergessen, dass diese Autos in zwölf Monaten entwickelt wurden. Bei allen Teams kam alles sehr spät. Es gab wenig Zeit, die Autos zusammenzubauen. Es ist nicht verwunderlich, wenn hier oder da ein Stecker nicht richtig drin war. Oder ein Teil eine Leckage hatte. Wir hatten das auch ein paar Mal. Aber es gehört zu den Lernphase, in der wir alle stecken.

Ich denke, Zuverlässigkeit wird weiterhin das Thema sein für die ersten zwei Rennen. Denn wir haben so gut wie keine Zeit. Nächste Woche findet das zweite Rennen statt. Wir haben keinen großen Frachttransport dazwischen. Das heißt, alle müssen mit den vorhandenen Teilen leben. Das wird uns schon noch beschäftigen. Ich denke aber, alles ist lösbar.

Pierre Gasly - Alpha Tauri - Formel 1 - Testfahrten - Bahrain 2022
Motorsport Images

Sie hatten das Thema Zuverlässigkeit angesprochen. Inwieweit bereitet da das Bouncing Kopfzerbrechen?

Monchaux: Das ist meiner Meinung nach schon ein Thema. Uns hat es im ersten Test betroffen. Wir hatten es anfangs nicht unter Kontrolle, weil wir es nicht so heftig erwartet hatten. Wir haben deswegen den Unterboden beschädigt und die Fixierung. Es dauert, wenn eine strukturelle Anbindung für einen Fall nicht ausgelegt wurde. Das bekommt man nicht in zehn Minuten in der Garage gelöst. Dann ist vielleicht eine halbe Sitzung verloren.

Keiner hatte diese Springerei in diesem Maße erwartet. Alle Autos schaukeln ein bisschen jetzt. Aber es divergiert nicht. Sie schwingen. Solange das so ist, liegt es am Fahrer, ob er damit leben kann oder nicht. Dann berührt das Auto mit der Planke die Straße, und es ist gut. Das Problem ist, wenn es außer Kontrolle gerät. Bei jeder Oszillation werden die Schwingungen größer. Irgendwann knallen sie mit dem Auto auf dem Boden auf. Das kann kein Auto auf lange Sicht überleben.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Teams bereit sind, zu jedem Rennen einen neuen Unterboden zu bauen. Da kommt ein Balanceakt auf uns zu. Was kann mein Auto, was kann mein Chassis? Klar: Jeder will tief sein und versuchen, die Straße ein bisschen zu berühren. Doch wo hört die Reise auf? Wenn man jedes zweite Rennen ein Chassis beschädigt, ist das ein Riesenthema. Ein Chassis wird nicht einfach mal in zwei Wochen gebaut.

Haben Sie für sich das Problem schon gelöst, ohne allzu viel Speed zu verlieren?

Monchaux: Ich würde sagen, ja.

Haben die Streben viel geholfen, die seit dem Test in Bahrain erlaubt sind?

Monchaux: Es ist eine Abkürzung. Sonst würden Sie Gewicht reinpacken und den äußeren Unterboden steifer machen. Das hat den ganzen Prozess beschleunigt. Man ist schneller und effizienter auf eine Lösung gekommen, die man sonst mit Gewicht gelöst hätte.

Valtteri Bottas - Alfa Romeo - Formel 1 - Test - Bahrain - 11. März 2022
Jerry André

Könnten Sie mal erklären, warum Sie an der Vorderradaufhängung bei Pushrods geblieben sind, hinten aber von Pull- auf Pushrod umgestellt haben?

Monchaux: Das ist hauptsächlich von der Aerodynamik getrieben. Vorne habe wir keine Leitbleche mehr. Sie versuchen irgendwie ihren vorderen Nachlauf mit dem, was das Reglement hergibt, zu beeinflussen. Es ist ganz normal, bei einem neuen Reglement zu schauen, was mir die meiste Freiheit für die weitere Aeroentwicklung meines Konzepts gibt. Für uns war relativ klar, dass wir vorne bei Pushrod bleiben. Hinten wurde es auch relativ schnell deutlich, dass wir auf Pushrod gehen. Das haben alle Teams mehr oder weniger so gehandhabt. Der große Vorteil für uns: Wir sind da frei. Williams, Aston Martin und Haas müssen dem folgen, was der große Hersteller entscheidet, auch wenn sie damit nicht einverstanden sind. Ich bin froh, dass wir diese Freiheit hatten, auch wenn es nicht der Hauptgrund für unsere Entscheidung war.

Hilft der Pushrod hinten auch, weil man damit leichter über den Diffusor-Tunnel kommt?

Monchaux: Das kommt darauf an, wie ihr Pullrod ausgelegt ist. Dann kann das ein Thema sein. Der Pullrod wandert immer weiter nach vorne. Demnächst steht er beim Fahrer. Den Pullrod sahen wir als mögliches Problem für die Installation der Komponente in der Mitte des Autos. Und für den Diffusor. Dafür kommt der Pushrod mit mehr Volumen in der Mitte, was auch nicht optimal ist. Aber irgendeinen Tod müssen Sie sterben.

Wie schwer ist es, eine Balance zwischen schnellen und langsamen Kurven hinzubekommen?

Monchaux: Das ist ein bisschen die Krux an diesen Autos. Aktuell haben wir immer noch ein Defizit in niedrigen Geschwindigkeiten gegenüber dem Vorjahresauto. Wir versuchen, es mit dem mechanischen Setup etwas zu kompensieren. Aktuell glaube ich nicht, dass irgendein Team bei niedrigen Geschwindigkeiten auf dem letztjährigen Stand ist.

Ein richtig gutes Auto ist dann eines, das auch die langsamen Kurven sehr gut kann, weil man sich hier gegenüber der Konkurrenz abheben kann? In schnellen Kurven haben sowieso alle viel Abtrieb mit dem Venturi-Effekt.

Monchaux: Das könnte sein, ja. Normalerweise macht man den Unterschied in langsamen und mittelschnellen Kurven. Dort verbringt ein Auto die meiste Zeit. Dort bringt eine Zeitersparnis am meisten. Das heißt: Derjenige, der vorne liegt, hat über die Saison die besten Eigenschaften in langsamen und mittelschnellen Kurven.

Ist es tatsächlich einfacher geworden, anderen Autos zu folgen?

Monchaux: Laut Valtteri ist es einfacher. Er spürt weniger. Klar, wenn man ganz dicht dran ist, merkt man die Turbulenzen. Im Bereich drei, vier Sekunden hinter einem anderen Auto spürt er eine deutliche Verbesserung gegenüber den alten Autos. Irgendwie scheint es halbwegs zu tun, was sich die Formel 1 gewünscht hat.

Und die neuen Pirelli-Reifen? Wie sind die?

Monchaux: Ich habe eine italienische Frau. Ich beklage mich nicht. Das sind die Reifen. Alle haben sie. Jeder muss daraus das Beste machen. Die Reifen scheinen nicht unbedingt ein Riesenthema zu sein. Das Graining, das wir bei dem Test in Abu Dhabi noch hatten, scheint verschwunden zu sein. Die Reifen sind jedenfalls nicht unsere größte Sorge. Das Untersteuern steckt in der Typologie dieser Autos. Dazu ist der Vorderreifen etwas kleiner. Noch ist es zu früh, Schlussfolgerungen zu ziehen.