Der GP Frankreich war Gründungsmitglied der Formel 1. Am 2. Juli 1950 fand in Reims der sechste WM-Lauf der Geschichte statt. Und seitdem mit einer Ausnahme immer bis 2008. Die Ausnahme war das Jahr 1955. Nach dem Unfall von Le Mans mit 82 Toten wurden in Frankreich erst einmal alle Rennveranstaltungen abgesagt.
Ansonsten war Frankreich eine Konstante im GP-Kalender. Eine Saison ohne einen Lauf in dem Land, in dem 1894 das erste Autorennen stattfand, war gar nicht vorstellbar. Und doch passierte es. 2008 fand in Magny-Cours der bislang letzte Grand Prix von Frankreich statt. Magny-Cours kapitulierte vor den immer höher steigenden Antrittsgeldern. Andere Veranstalter wollten nicht einspringen.
Mit Paul Ricard gab es nur eine weitere Formel-1-taugliche Rennstrecke, und die gehörte Bernie Ecclestone. Der verdiente mehr Geld damit, den ehemaligen GP-Kurs für Testfahrten zu vermieten. Er wusste, dass er einen Grand Prix auf eigenem Boden nie finanzieren könnte. Sämtliche Tribünen waren bereits verschwunden. Neue aufzubauen hätte zu viel Geld gekostet.
Das Ende von Magny-Cours

Ende des letzten Jahrzehnts steckte Frankreichs Motorsport in der Krise. 2008 gab es mit Sebastien Bourdais nur einen französischen Formel-1-Piloten und mit Renault ein schwächelndes französisches Team. Vorbei die Zeit, als man mit Alain Prost einen Weltmeister, mit Jacques Laffite, Patrick Depailler, René Arnoux, Patrick Tambay und Didier Pironi GP-Sieger und auch sonst immer fünf oder sechs Fahrer im Feld hatte, als es noch Teams von Matra, Ligier, Prost, Larrousse und AGS gab. Die Grand Nation verschwand von der Bildfläche.
Magny-Cours weinte keiner eine Träne nach. Die Strecke in der Provinz war fahrerisch anspruchsvoll, aber aus Sicht des Zuschauers langweilig. Im platten Land auf halbem Weg zwischen Paris und Lyon wollte keine Atmosphäre aufkommen. Die ganze Anlage verströmte den Charme einer zu groß geratenen Go Kart-Strecke. Sie war nur im Kalender, weil die französische Politik es so wollte. Die Provinzfürsten hatten gute Drähte in den Champs-Élysée.
Magny-Cours war der siebte Gastgeber des GP Frankreich. Und was gab es da für Rennstrecken im Angebot. Zunächst war die Heimat der Formel 1 die Hochgeschwindigkeitsstrecke von Reims. Das 8,3 Kilometer lange Dreieck in der Champagne stritt sich mit Spa-Francorchampos und Monza um den Titel des schnellsten GP-Kurses.
Reims war jedoch nicht gesetzt. Der veranstaltende ACF vergab zwischendrin den Grand Prix immer mal wieder nach Rouen, einer Berg-und Talbahn auf öffentlichen Straßen am Rande der Stadt in der Normandie. Doch an Reims und Rouen klebte viel Blut. Beide Strecke forderten zahlreiche Opfer, nicht nur in der Formel 1. Für Reims war 1966 Schluss, für Rouen zwei Jahre später.
Der wahre „kleine Nürburgring“

1965 kam Clermont-Ferrand zum Handkuss. Ein Monstrum von Rennstrecke. Wenn es je einen Schauplatz gab, der die Bezeichnung „kleiner Nürburgring“ verdient hatte, dann der 8,055 Kilometer lange Kurs in den Bergen des Zentralmassivs. 51 Kurven hört sich nach langsamer Fahrt an. Tatsächlich war der Circuit d‘Auvergne sauschnell und genauso gefährlich wie Reims und Rouen.
1972 war Schluss. Helmut Marko verlor ein Auge. Ein Stein, abgeschossen von Ronnie Petersons Lotus, hatte ihn am Helm getroffen und das Visier durchschlagen. Die schmalen Seitenstreifen links und rechts der Strecke waren übersät mit losem Vulkangestein.
1967 ging der Grand Prix aus politischen Gründen nach Le Mans. Die Formel 1 fuhr auf der 4,4 Kilometer langen Bugatti-Variante, die aus der damaligen Sicht eine Retortenpiste war. Der Grand Prix auf dem 24-Stunden-Gelände wurde ein Reinfall. Nur 20.000 Zuschauer wollten ihn sehen.
Es blieb ein einmaliges Experiment. Ein anderes fand nie statt. 1970 sollte der Formel-2-Kurs von Albi den Zuschlag bekommen, doch der Veranstalter konnte nur ein Viertel der geforderten Garantiesumme von 800.000 Francs auftreiben. Deshalb kehrte der Zirkus wieder nach Clermont-Ferrand zurück.
Ein Jahr später gastierte die Königsklasse auf einer Rennstrecke, die dem Motorsport den Weg in die Zukunft wies. Paul Ricard mutete den Teilnehmern genauso wie ein Wunderland an wie 38 Jahre später der Yas Marina Circuit von Abu Dhabi. Die in eine Mondlandschaft modellierte Anlage des Likör-Millionärs Paul Ricard verwöhnte die Söldner in den Cockpits mit riesigen Auslaufzonen, Fangzäunen und einer hochmodernen Boxenanlage.
Aller Retorte zum Trotz hatte die Strecke ihre unverwechselbaren Schlüsselstellen. Eine ultraschnelle S-Kurve nach Start und Ziel, die 1,8 Kilometer lange Mistral-Gerade und die Vollgaskurve Signes im Anschluss daran. 15 Jahre nach dem Debüt waren die Formel-1-Autos auch für diese Strecke wieder zu schnell. Der tödliche Unfall von Elio de Angelis bei Testfahrten 1986 zwang die Veranstalter zu einer Kurzanbindung. Sie klammerte das Todes-S am Ende der Zielgeraden aus und verkürzte den Anlauf auf die Signes-Kurve auf 900 Meter.
Die kürzeste Rundenzeit der Geschichte

Weil Veränderung in Frankreich Routine war, wechselte sich Paul Ricard 10 Jahre lang mit Dijon-Prenois ab. Bei der Premiere war die Strecke im Burgund noch ein wenig kurz geraten. Der Grand Prix 1974 auf der nur 3,289 Kilometer langen, aber durchaus anspruchsvollen Bahn ging in die Geschichte ein. Zum ersten Mal lag eine Rundenzeit unter einer Minute. Niki Lauda stellte seinen Ferrari mit 58,79 Sekunden auf die Pole Position.
Für den zweiten Auftritt in Dijon musste ein Ausbau her. Eine Schleife mit einem atemberaubend steilen Bergaufstück verlängerte Dijon auf akzeptable 3,8 Kilometer. Ärger mit dem eigenwilligen Streckenbesitzer Francois Chambelland vertrieb den GP-Zirkus nach 1984 aus Dijon. Auch für Paul Ricard waren die Tage gezählt. 1990 fand dort zum letzten Mal ein Grand Prix statt. Ab 1991 machte Bernie Ecclestone nur noch Station in Magny-Cours.
Im Dezember 2016 bestätigte der Automobilclub von Frankreich das Comeback des Grand Prix in Paul Ricard. Der Vertrag läuft über 5 Jahre. Die Finanzierung wird von der Region Provence-Alpe-Côte-d‘Azur, dem Distrikt Var, der Stadt Toulon und dem französischen Automobil-Verband FFSA gestemmt. Man hofft, dass das Prestigeprojekt durch Tourismus rund 65 Millionen Euro in die Region spülen wird.
Seit 2009 baut der Streckenbetreiber wieder Zuschauerplätze auf. In einer ersten Baumaßnahme wurden eine Haupttribüne für 4.400 Zuschauer und Naturplätze für mehr als 10.000 Besucher in den Kurven Signes und Beausset geschaffen. Die Strecke selbst wurde im Vergleich zur Urversion massiv entschärft. Das Vollgas-Geschlängel La Verrerie ist einer enger gesteckten Schikane gewichen.
Eine Bremskurve unterbricht die Mistral-Gerade auf zwei Mal 900 Meter Länge. Die Doppel-Rechts von Beausset erhielt eine neue Linienführung. Von der einstigen Mondlandschaft ist nicht viel geblieben. Der Kurs ist inmitten einer riesigen Asphaltfläche abgesteckt. Farben zeigen an, wo die Strecke endet und die Auslaufzone beginnt.
In der Galerie zeigen wir Ihnen noch einmal einige Bilder aus der bewegten Vergangenheit des GP Frankreichs.