Barcelona zeigte am ersten Trainingstag mit viel Wind und Asphalttemperaturen bis 48 Grad seine Zähne. "Immer wenn es so heiß ist, wird es schwierig konstante Rundenzeiten zu fahren", erklärte Lokalheld Carlos Sainz. Der Spanier verfehlte die Freitags-Pole um die Winzigkeit von 0,022 Sekunden gegen Lewis Hamilton. Lando Norris folgte mit 0,055 Sekunden Abstand auf dem dritten Platz.
Die engen Abstände setzten sich auch auf einer selektiven Strecke wie der Circuit de Catalunya fort. Zwischen Hamilton und Valtteri Bottas auf Platz 10 lagen nur 0,660 Sekunden. Jeder kleine Fehler, ob beim Setup oder dem Reifenmanagement beim Longrun, wurde bestraft.
Was lernen wir daraus? Wie in Kanada gibt es auf dem Papier vier Autos, die gewinnen können. Hamilton zeigte mit seiner Bestzeit, dass Mercedes auch auf diesem Streckentyp bei der Musik ist. Bei Ferrari funktionierte das Upgrade auf Anhieb. Allerdings war nur Carlos Sainz zufrieden. Charles Leclerc klagte über Balance-Probleme. McLaren hinterließ den ausgeglichensten Eindruck. Norris war auf eine Runde und über die Distanz gleich stark.
Red Bull hatte einen besseren Freitag als bei den letzten drei Rennen, doch ganz ohne Probleme verlief der erste Trainingstag auch diesmal nicht für Max Verstappen. Der Weltmeister verlangte nach einem Heckflügel mit mehr Abtrieb, bekam ihn aber nicht, weil der Umbau zu viel Zeit gekostet hätte.
Die Überraschung des ersten Trainingstages waren die Alpine. Beide Piloten schafften es in die Top Ten und zeigten auch im Longrun der direkten Konkurrenz eine lange Nase. Aston Martin und Toro Rosso enttäuschten. Das große Upgrade von Red Bulls B-Team konnte wegen DRS-Problemen nicht zeigen, was es kann.
Sechs Dinge, die Sie wissen müssen…
Hat Mercedes auch in Barcelona das schnellste Auto?
Lewis Hamilton ist der Freitags-König. Nach Platz 7 im ersten Training markierte der Rekordsieger in der zweiten Sitzung mit 1.13,264 Minuten die absolute Bestzeit. Dabei war Hamilton bis Kurve 5 der langsamste Fahrer unter den Top 6. Doch dann drehte der sechsfache Barcelona-Sieger auf. Er nahm Max Verstappen in den Kurven 4, 5 und 7 massiv Zeit ab. In den letzten drei Kurven machte Hamilton im Vergleich zu allen Konkurrenten Boden gut. Offensichtlich hatte er die Reifen im ersten Teil der Runde geschont und profitierte dann am Ende.
George Russell verlor drei Zehntel durch einen Fehler in Kurve 3. Auch in Kurve 12 blieb Rundenzeit liegen. Der Trainingsschnellste von Montreal war als Letzter der Top-Fahrer mit den Soft-Reifen unterwegs. Zu dem Zeitpunkt war der Verkehr auf der Strecke am dichtesten.
Beide Mercedes-Fahrer lobten ihr Auto. "Wir haben das Auto für das zweite Training stark verbessert. Es fühlte sich großartig an. Insgesamt sollten wir bei der Musik sein", zog Hamilton zufrieden Bilanz. Russell ergänzte: "Wir waren auf eine Runde etwas besser als im Longrun, sind aber trotzdem auch auf die Distanz konkurrenzfähig."
Auf den Soft-Reifen war nur Charles Leclerc im Dauerlauf schneller als die Silberpfeile. Der Ferrari-Pilot drehte allerdings auch nur halb so viele Runde wie die Mercedes auf Pirellis weichster Mischung. Der Soft-Longrun von Verstappen ist kein Vergleichsmaßstab. Der Weltmeister fuhr die Soft-Reifen erst am Ende des Trainings und war entsprechend leichter unterwegs.
Wo hängt es bei Verstappen?
Barcelona ist auf dem Papier Red-Bull-Terrain. Trotzdem fuhr Max Verstappen der Bestzeit von Hamilton um 0,240 Sekunden hinterher. Der Niederländer verlor vor allem im zweiten Sektor und dort speziell in den Kurve 4, 5 und 7. Auch wenn er dort drei Autos überholen musste, läuft es noch nicht ganz rund beim Weltmeister. Letztes Jahr wäre er auch mit Verkehr in Barcelona der Schnellste gewesen.
Verstappen klagte über Untersteuern am Scheitelpunkt und Übersteuern am Kurvenausgang. Er verlangte nach einem Heckflügel mit mehr Abtrieb, bekam ihn aber nicht, weil der Umbau 20 Minuten gedauert hätte. So war Verstappen im Top-Speed 7 km/h schneller als Hamilton, was ihm auf allen Geraden zusammen einen Zeitgewinn von zweieinhalb Zehntel einbrachte. Dafür gingen in den langsamen Kurven drei und in den mittelschnellen Ecken zwei Zehntel auf die Mercedes verloren.
Gemessen an den Problemen, mit denen Red Bull in den letzten drei Rennen am ersten Trainingstag zu kämpfen hatte, war das eine Lappalie. "Das war einer unserer besten Freitage seit langem", atmete Sportchef Helmut Marko auf und ergänzte: "Es läuft nicht so schlecht, wie es der fünfte Platz vermuten lässt. Wir haben noch Luft nach oben bei der Balance. Wenn bei Max die Vorderachse nicht zubeißt, fühlt er sich nicht wohl. In den Longruns waren wir trotzdem gut dabei."
Tatsächlich legte Verstappen den besten Medium-Dauerlauf auf die Bahn. Die besseren Zeiten von Carlos Sainz und Lando Norris darf man nicht allzu ernst nehmen, da sie am Ende der Sitzung mit weniger Benzin im Tank erzielt wurden und über eine kürzere Distanz gingen.
Sorgen macht man sich bei Red Bull um Sergio Perez. Am Morgen lag der Mexikaner mit vier Zehntel Rückstand im Plan. Im zweiten Training fehlte ihm eine halbe Sekunde, obwohl er zwölf Minuten nach Verstappen mit den weichen Reifen auf die Bahn ging und die Strecke da schon mehr Grip hatte.
"Wir müssen bei Perez schauen, was genau das Problem war. Der Rückstand war zu groß", erklärte Marko. Red Bulls Nummer zwei ist gefordert, denn Ferrari, Mercedes und McLaren haben ausgeglichenere Fahrerpaarungen, was im Kampf um den Konstrukteurs-Titel eine Rolle spielen wird.
Wie funktioniert das Ferrari-Upgrade?
Ferrari vollzog sein Aero-Paket mit neuen Seitenkästen, Unterboden und Heckflügel im ersten Training einem Vergleichstest. Carlos Sainz fuhr die neue, Charles Leclerc die alte Version. Am Nachmittag waren beide SF-24 mit dem neuen Paket ausgerüstet. Der zweite Platz von Sainz und Rang sechs von Leclerc zeigen, dass sich Ferrari auf seine Simulations-Werkzeuge verlassen kann. Die neuen Teile sind ein Fortschritt.
Carlos Sainz war mit seinem zweiten Platz zufrieden. Auf Hamilton fehlten 22 Tausendstel. "Aber im Longrun müssen wir uns noch steigern", warnte der Spanier. Sainz fühlte sich ein bisschen an das Vorjahr erinnert, als bei den Ferrari im Rennen die Reifen einbrachen. "Das heißt für uns, dass wir uns am Samstag noch einmal um den Longrun-Speed kümmern müssen." Ganz so schlecht, wie sich der Spanier machte, war es dann auch nicht. Auf Norris fehlten in der Rennsimulation auf Soft-Reifen zwei Zehntel pro Runde, auf Hamilton eine.
Leclercs Ferrari war eine größere Baustelle. Bei der Startnummer 16 wurde während des zweiten Trainings die komplette Fahrwerkseinstellung an der Vorderachse umgebaut. Deshalb fehlten ihm am Ende die Runden im Longrun. Der Monaco-Sieger klagte über Balance-Probleme. "Ich fühle mich noch nicht wohl im Auto."
Ist McLaren ein Siegkandidat?
Red-Bull-Sportchef Helmut Marko ist überzeugt: "McLaren ist zur Zeit unser größter Gegner. Egal auf welcher Strecke." Lando Norris hinterließ sowohl auf eine Runde als auch im Longrun einen extrem starken Eindruck. In seiner schnellsten Runde lag der Miami-Sieger nur 0,055 Sekunden hinter der Bestzeit. Im Soft-Longrun egalisierte er die Rundenzeiten von Russell, der seinen Dauerlauf allerdings auf zwei Portionen aufteilte.
Bei den Rennsimulationen teilten sich Oscar Piastri und Lando Norris die Aufgaben. Piastri wurde mit der Maßgabe in den Dauerlauf geschickt, gleich von Beginn an Attacke zu machen. Norris sollte den Stint langsam angehen. Piastri war am Ende einen Hauch schneller. Er gewann am Anfang des Stints eine Sekunde pro Runde auf seinen Teamkollegen, büßte aber genau diese Sekunde zum Schluss wieder ein.
Wie erklärt sich das Alpine-Wunder?
Montreal war für Alpine mit drei WM-Punkten ein Highlight. Teamchef Bruno Famin schob es auf den Wetter-Mix in Kanada. Der Regen beflügelte Alpine. Famin befürchtete, dass Barcelona die französischen Nationalrenner wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen würde. Doch Pierre Gasly und Esteban Ocon schafften es in beiden Trainings in die Top Ten. Danach fragte sich jeder, wie es möglich ist, dass es ein aerodynamisch ineffizientes Auto, das seit dem GP China ohne Upgrades auskommen musste, auf die Plätze vier und neun schafft.
Reflexartig würde man sagen, dass Alpine mit weniger Sprit und mehr Motor-Power gefahren ist. Das spielt sicher eine Rolle, ist aber nicht die ganze Antwort. Gasly und Ocon machen auch im Longrun eine gute Figur und sind sowohl auf dem Soft-Reifen wie den Medium-Gummis schneller als die direkte Konkurrenz von Toro Rosso, Williams, Haas und Aston Martin. Gasly gab zu: "Der vierte Platz im zweiten Training schmeichelt uns ein wenig. Wir wissen nicht, welche Programme die anderen fahren, aber dieser Tag war definitiv eine gute Überraschung für uns. Das Auto fühlt sich besser an als wir es auf dieser Strecke erwartet haben."
Was läuft bei Toro Rosso und Aston Martin schief?
Das hat sich Toro Rosso ganz anders vorgestellt. Red Bulls B-Team wollte mit dem größten Upgrade der Saison an Aston Martin einholen oder sogar vorbeiziehen. Das ist am ersten Trainingstag auch gelungen, aber nur weil die grünen Autos noch schlechter waren. Yuki Tsunoda und Daniel belegten die Plätze 15 und 16, ihre Konkurrenten Fernando Alonso und Lance Stroll die Ränge 14 und 18. Zwischen Alonso und Tsunoda lag auf eine Runde nur eine Zehntelsekunde.
Bei Aston Martin hatte man mit einem schwierigen Rennwochenende gerechnet. "Wir haben die gleichen Probleme wie in Imola, nur schlimmer. Hier haben die Kurven einen größeren Radius. Also ziehen sich die Probleme auch über eine größere Wegstrecke hin", erklärte ein Ingenieur. Toro Rosso verlor viel Zeit beim Versuch ein Problem mit dem DRS zu lösen. In geöffneter Stellung flatterte der Flap auf den Geraden. Das ging so weit, dass man zwischendrin den alten Heckflügel montierte, bei dem aber das gleiche Problem auftrat.
Fahrer | Ø Rundenzeit | Runden | Reifentyp | Stint |
Verstappen | 1.19,342 min | 6 | soft | 2 |
Leclerc | 1.19,993 min | 7 | soft | 1 |
Piastri | 1.20,052 min | 12 | soft | 1 |
Russell | 1.20,138 min | 6+5 | soft | 1+2 |
Norris | 1.20,168 min | 14 | soft | 1 |
Hamilton | 1.20,210 min | 12 | soft | 1 |
Sainz | 1.20,316 min | 14 | soft | 1 |
Ocon | 1.20,881 min | 12 | soft | 1 |
Stroll | 1.21,063 min | 11 | soft | 1 |
Magnussen | 1.21,276 min | 15 | soft | 1 |
Albon | 1.21,712 min | 14 | soft | 2 |
Tsunoda | 1.22,053 min | 17 | soft | 1 |
Norris | 1.19,030 min | 4 | medium | 2 |
Sainz | 1.20,247 min | 5 | medium | 2 |
Verstappen | 1.20,506 min | 12 | medium | 1 |
Gasly | 1.21,133 min | 10 | medium | 1 |
Perez | 1.21,150 min | 10 | medium | 1 |
Ricciardo | 1.21,507 min | 12 | medium | 1 |
Alonso | 1.21,630 min | 11 | medium | 1 |
Piastri | 1.19,732 min | 4 | hart | 2 |
Albon | 1.20,848 min | 3 | hart | 1 |
Zhou | 1.21,216 min | 13 | hart | 1 |
Sargeant | 1.21,310 min | 16 | hart | 1 |