GP Singapur 2022 (2. Training): Sainz vor Leclerc

Die Favoritenrolle gehörte vor dem 17. Rennwochenende der Formel-1-Saison Red Bull. Doch in keinem der beiden Trainings grüßten die Dominatoren des Jahres vom Sonnenplatz. Stattdessen eroberten Mercedes und Ferrari die Bestzeiten. Im zweiten Training war es Carlos Sainz, der unter Scheinwerferlicht den schnellsten Umlauf des Tages in den Asphalt brannte. Der Spanier, Sieger des GP England, umrundete den 5,063 Kilometer langen Kurs in 1:42.587 Minuten.

Sainz profitierte von einem reibungslosen Ablauf. Der Madrilene drehte in Summe 23 Runden, während der Teamkollege nur auf 14 Umläufe kam. Den Ferrari von Charles Leclerc hielt anscheinend ein technisches Problem in der ersten Halbzeit der zweiten Übungseinheit in der Garage. Später stellte sich heraus, dass Ferrari lange mit dem Setup hantierte. So konnte der Monegasse nicht denselben Rhythmus wie der Garagennachbar aufbauen.

Späte Attacken verpuffen

Ferrari schickte den WM-Zweiten zwar in den Schlussminuten auf der weichen Mischung auf die Bahn, als die Verhältnisse am besten waren. Jedoch erhielt Leclerc keine freie Runde. Die Kollegen trainierten Longruns, während er sich an der Bestmarke des Teamkollegen versuchte – und im Verkehr daran scheiterte. Leclercs Rückstand belief sich auf zwei Zehntelsekunden. Dass er vermutlich schneller ist als Sainz, unterstreicht seine Rundenzeit auf der Medium-Mischung, die nur drei Zehntel zu langsam war.

Zwei weitere Protagonisten plagten sich mit der Technik beziehungsweise widerspenstigen Autos. Die Red-Bull-Piloten strampelten gemeinsam nur 21 Runden ab. Sowohl Max Verstappen als auch Sergio Perez kamen mit erheblicher Verspätung auf die Bahn. Beim Weltmeister war das der Fall, weil die Ingenieure ewig am Setup herumdoktorten. Beide spulten wie Leclerc keine Longruns ab, weil ihnen die Zeit dazu fehlte. Das könnte ein Nachteil für den Rennsonntag sein.

Verstappen griff wie Leclerc spät in der Session an, verpasste die Bestmarke allerdings um 0,339 Sekunden. Es reichte für den Weltmeister nur zum vierten Platz. Dem Teamkollegen erging es noch schlechter. Perez reihte sich mit einem Rückstand von 1,3 Sekunden nur an neunter Stelle ein. Auf Red Bull warten Hausaufgaben.

Mercedes in Form

Mercedes rutschte ab und war dennoch zufrieden. George Russell landete auf dem dritten Rang (+ 0,324 Sekunden). Lewis Hamilton, der Trainingsschnellste des Auftakts, wurde Fünfter (+ 0,595 Sekunden). Es war offensichtlich, dass die beiden Mercedes-Piloten keine saubere Runde auf der weichsten Mischung – C5 – erwischten. Sowohl Hamilton als auch Russell brachen ihren jeweils ersten Versuch nach starker erster Sektorzeit im Mittelabschnitt ab.

Der Silberpfeil funktioniert besser als man es sich im Vorfeld auf der Buckelpiste von Singapur ausgemalt hatte. Im Team frohlockt man sogar damit, dass man am Samstag womöglich um die Pole Position kämpfen könne. Sollte dem so sein, kann sich Mercedes auch viel für das Rennen ausrechnen. Für gewöhnlich ist der W13 über die Distanz besser als auf eine fliegende Runde.

Alpine verzichtete im ersten Training auf den neuen Unterboden. Die Mechaniker bestückten beide Autos mit der Neuerung erst am Abend. Das Upgrade, das auf der Uhr um die zwei Zehntel verspricht, scheint auf Anhieb zu fruchten. Esteban Ocon verlor als Sechster nur acht Zehntel auf die Formel-1-Spitze. Teamkollege Fernando Alonso, der zwischendurch die Mauer mit der linken Fahrzeugseite streifte, belegte den achten Platz.

Bottas mit Überraschung

Valtteri Bottas überraschte als Siebter. Alfa Romeo hat keine neuen Aerodynamik-Teile dabei. Dafür hat das Team eine kleine mechanische Änderung für Singapur vorgenommen. Normalerweise steht der C42 auf Kriegsfuß mit der weichsten Reifenmischung. Diesmal gelang Bottas darauf eine starke Runde.

Den letzten Platz in den Top 10 ergatterte Lance Stroll im Aston Martin. Der Kanadier hatte Sebastian Vettel (P12) am Trainingsfreitag im Griff. Der fünfmalige Singapur-Sieger wird sich steigern müssen. Der zweite Deutsche im Feld befindet sich noch weiter im Tabellenkeller. Mick Schumacher wurde 19. Der Rückstand zu Kevin Magnussen ist mit 1,2 Sekunden bedenklich.

McLaren muss noch Rundenzeit finden, will man Alpine in Singapur herausfordern. Rückkehrer Alexander Albon drehte am Freitag in Summe 44 Runden. Er scheint die Strapazen wegzustecken. Den heißesten Moment des Trainings erlebte Pierre Gasly. Als ihn seine Mechaniker rückwärts in die Garage schieben wollten, entzündete sich ein Feuer. Flammen schossen durch die Airbox seines Alpha Tauris. Der Franzose reagierte schnell und brachte sich in Sicherheit.