GP Österreich 2025: Analyse Training & Longrun-Zeiten

Trainingsanalyse GP Österreich 2025
McLaren schlägt zurück

GP Österreich 2025
Veröffentlicht am 27.06.2025

In der ersten Trainingssitzung hielten sich die McLaren noch zurück. In der zweiten schlugen sie zu. Lando Norris und Oscar Piastri zerlegten die Konkurrenz. Der Abstand zum drittplatzierten Max Verstappen beträgt 0,318 Sekunden. Und das bei einer Rundenzeit von 65 Sekunden. Red-Bull-Sportchef Helmut Marko hofft: "Der tatsächliche Abstand beträgt nur eineinhalb Zehntel."

Am ersten Trainingstag am Red-Bull-Ring sprach nicht viel für McLarens Verfolger. Max Verstappen beschränkte sich im zweiten Training ausschließlich auf Soft-Reifen, um sich für das Rennen möglichst viele Garnituren Medium und Hart aufzuheben. Deshalb ist ein Vergleich der Longruns auch nicht aufschlussreich. Verstappen fuhr mit einem Satz Soft fünf Runden, mit dem anderen drei. Lando Norris drehte zwölf Runden auf der Medium-Mischung, Oscar Piastri nun Runden auf Pirellis harten Reifen.

Im Longrun-Vergleich schneiden Mercedes und Ferrari gar nicht mal so schlecht ab. Es fehlt im Schnitt eine starke Zehntelsekunde. Die vier Topteams warfen mehr oder weniger große Upgrades in die Schlacht. McLaren hatte mit einem erstaunlich großen Paket auf das Näherrücken der Konkurrenz reagiert und sich damit wieder etwas Luft verschafft. Red Bull will aber nachlegen. "Es kommt noch was in Silverstone und Spa", kündigt Marko an.

Im Mittelfeld stechen drei Teams heraus. Aston Martin fährt die schnellsten Einzelrunden, aber nicht mit Fernando Alonso, sondern mit Lance Stroll. Das zweite Upgrade von Sauber funktionierte auf Anhieb. Wenn auch nur bei einem Auto. Gabriel Bortoleto war den ganzen Tag Stammgast in den Top 10, Nico Hülkenberg muss noch am Setup des C45 arbeiten.

Sechs Dinge, die Sie wissen müssen:

Lando Norris - McLaren - GP Österreich 2025 - Spielberg - Formel 1
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1) Wer schlägt McLaren?

McLaren fuhr in einer eigenen Liga. Wer auf einer Rennstrecke mit Rundenzeiten von 65 Sekunden drei Zehntel und mehr vor der Konkurrenz herfährt, ist eigentlich unschlagbar. Dazu kommt, dass Max Verstappen seine schnellste Runde später, sprich bei besseren Streckenbedingungen, gefahren ist. McLaren und Red Bull waren mit Upgrades in Österreich angetreten. Während die Red Bull-Ingenieure nur die Unterboden-Kante modifizierten, machte McLaren mit Änderungen an den vorderen Bremsbelüftungen, den vorderen Querlenkern und an der Hinterachse einen größeren Aufschlag. Es war Teil 2 eines Entwicklungsschritts, der schon in Montreal eingeleitet wurde. Offenbar mit Erfolg. Neil Houldey, einer der leitenden Ingenieure im Team, erklärte, dass man jetzt mehrere Aerodynamik-Optionen habe, die man je nach Rennstrecke variieren könne.

Der Vergleich des WM-Spitzenreiters und seinem Verfolger wurde dadurch verwässert, dass McLaren und Red Bull unterschiedliche Reifen-Strategien fuhren. Max Verstappen setzte im zweiten Training ausschließlich Soft-Reifen ein. Die McLaren-Fahrer teilten sich die Arbeit auf. Oscar Piastri wurde mit harten Reifen auf die Strecke geschickt, Lando Norris mit der Medium-Mischung. Am Morgen war es umgekehrt. Es ist keine Überraschung, dass die McLaren-Fahrer auch in ihrer Spezialdisziplin den Ton angaben. Allerdings mit geringerem Vorsprung als auf eine Runde. Mercedes und Ferrari verloren im Mittel nur eine Zehntelsekunde.

George Russell - Mercedes - GP Österreich 2025 - Spielberg - Formel 1
Anadolu via Getty Images

2) Kann Mercedes seinen Montreal-Sieg wiederholen?

Es sieht nicht danach aus und war auch nicht erwartet worden. "Der Red-Bull-Ring ist für uns ein Prüfstein, ob die jüngsten Upgrades auch auf einem anderen Typ Rennstrecke als Montreal, einem anderen Asphalt und noch heißerem Wetter funktionieren", erklärte Technik-Koordinator Simone Resta. Im zweiten Training war die Asphalttemperatur auf 35 Grad gesunken. Die Hitze soll zum Sonntag zurückkehren. Trotzdem kamen George Russell und Andrea Kimi Antonelli auf eine Runde nicht über die Plätze sechs und elf hinaus. Der Abstand zur Spitze beträgt mehr als sechs Zehntel. Bei den Dauerläufen war Antonelli näher an Spitzenreiter Norris.

Montreal-Sieger Russell überraschte sich und das Team in den ersten 60 Trainingsminuten mit seiner Bestzeit. "Im zweiten Teil sind wir dann zurückgefallen, was etwas mehr unseren Erwartungen entsprach. Wir müssen jetzt herausfinden, was wir im ersten Training besser gemacht haben als im zweiten." Ein Grund könnte die grüne Strecke gewesen sein. Mercedes ist traditionell stark, wenn noch keine Gummispur auf die Ideallinie gelegt wurde. Ein anderer war die Änderung der Windrichtung. "Wir haben da wohl mit dem Setup falsch reagiert und uns die Fahrzeugbalance kaputtgemacht", erklärte Chefingenieur Andrew Shovlin. Antonelli räumte noch Defizite mit den Soft-Reifen ein. "Daran muss ich im dritten Training noch arbeiten. Dafür war der Longrun wirklich erfreulich." Die Zahlen belegen das. Antonelli kam über 14 Runden mit Medium-Reifen auf einen Schnitt von 1.09,740 Minuten. Lando Norris war mit 1.09,666 Minuten über zwölf Runden nur unwesentlich besser.

Lewis Hamilton - Ferrari - GP Österreich 2025 - Spielberg - Formel 1
Joe Klamar via Getty Images

3) Wie gut ist der neue Ferrari-Unterboden?

Das war kein gutes Timing. Ferrari brachte einen neuen Unterboden, von den Venturi-Kanälen vorne bis zum Diffusor nach Österreich mit, trat aber ein Auto im ersten Training an den Junior Dino Beganovic ab. Dafür pausierte Charles Leclerc. Im Sinne der Datenermittlung und des Feedbacks aus dem Cockpit wäre es besser gewesen, beide Stammpiloten fahren zu lassen. Lewis Hamilton verlor dann auch noch wichtige Zeit mit einem Getriebeproblem. Am Ende fuhr er die zweitschnellste Zeit.

Am Nachmittag splittete Ferrari das Programm. Hamilton begann mit harten Reifen, Leclerc mit Medium-Gummis. Vor dem Einsatz der weichen Reifen lagen die Ferrari-Piloten auf den Plätzen vier und fünf. Mit der Soft-Mischung erzielte Leclerc die viertschnellste Zeit. Lewis Hamilton rutschte auf den zehnten Platz ab. Sein Ferrari wurde für das zweite Training mit einem neuen Getriebe bestückt. Im Longrun waren beiden Ferrari-Fahrer bei der Musik. Das war aber schon mit dem alten Unterboden so. "Der neue fühlt sich trotzdem wie ein Fortschritt an", beharrte Vasseur. "Wir hätten uns nur ein paar mehr Runden gewünscht, um mehr Daten zu bekommen."

Nico Hülkenberg - Sauber - GP Österreich 2025 - Spielberg - Formel 1
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4) Funktioniert auch das zweite Sauber-Upgrade?

Unterboden und Heckflügel sind neu. Der Windkanal versprach einen weiteren guten Schritt nach Barcelona. Gabriel Bortoleto löste das Versprechen mit der achtschnellsten Zeit in. Der Brasilianer fuhr von Anfang an in den Top 10 und deutete auch mit seinem Longrun an, dass es für ihn in Österreich die ersten WM-Punkte geben könnte. Nico Hülkenberg hinkte dagegen bis zu einer halben Sekunde hinterher. "Das Auto und ich harmonieren noch nicht. Die Vorderachse beißt nicht zu. Ich spüre in verschiedenen Ecken keinen Grip."

Sauber begann den Trainingstag mit einem Vergleichstest. Hülkenberg fuhr die alte Version des Bodens, Bortoleto die neu. Der Unterschied waren zweieinhalb Zehntel. Als Hülkenberg am Nachmittag auf den neuen Unterboden umschwenkte, war der Wurm drin. "Wir haben viel mit dem Setup experimentiert, aber sie brachten nicht die Verbesserung, die wir uns gewünscht hatten. Ich bin zuversichtlich, dass wir das am Samstag noch gerade biegen." Bortoleto dagegen jubelte: "Die neuen Teile zeigen in die richtige Richtung. Ich fühle mich immer wohler im Auto. Deshalb hoffe ich, dass wir es morgen ins Q3 schaffen."

Fernando Alonso - Aston Martin - GP Österreich 2025 - Spielberg - Formel 1
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5) Wer regiert im Mittelfeld?

Die beste Figur machte einmal mehr Aston Martin. Doch diesmal nicht mit Fernando Alonso. Der Spanier stand den ganzen Tag im Schatten von Lance Stroll, der mit der viertschnellste Tageszeit aufhorchen ließ. Im ersten Training noch ganz knapp. Im zweiten fehlten Alonso vier Zehntel. Das reichte immer noch für Platz neun. Erklärung aus dem Cockpit: "Ich hatte zu viel Bouncing." Auch Stroll blieb von der Schaukelei in den schnellen Passagen nicht verschont. Das ist ein sicheres Zeichen dafür, dass Aston Martin die Fahrzeughöhe auf ein Minimum abgesenkt, den Abtrieb damit zwar erhöht aber, dafür aber mit den Nebenwirkungen konfrontiert wurde.

Auf eine Runde können die Fahrer die vertikalen Schwingungen kompensieren, nicht aber über eine Renndistanz. Das zeigt sich an den Longruns. Auf den Medium-Reifen rangierte Alonso am Ende der Tabelle. Auf Pirellis harter C3-Mischung war Stroll im Dauerlauf langsamer als die direkte Konkurrenz. Da machten Alexander Albon und Carlos Sainz in den Williams die bessere Figur.

Alexander Albon - Williams - GP Österreich 2025 - Spielberg - Formel 1
Andy Hone via Getty Images

6) Ein oder zwei Boxenstopps?

Im letzten Jahr kam der Sieger mit zwei Boxenstopps über die Runden. Das wird nach Meinung von Pirelli auch in diesem Jahr die bevorzugte Strategie. "Ein Stopp ist möglich, je kühler, umso eher, aber auf dem Papier sind zwei Reifenwechsel einfach schneller", erklärte Pirelli-Sportchef Mario Isola. Für den Freitag zeigten die Reifen laut Isola eine unerwartet geringe thermische Abnutzung. Der Italiener rechnet trotzdem mit einem Anstieg des Reifenabbaus, da es am Sonntag 30 Grad heiß werden soll. Bei der Frage, ob Medium oder Hart würde er sich für die mittlere Option entscheiden. "Sie ist im Schnitt zwei Zehntel schneller und verschleißt nicht so viel stärker als der harte Reifen." Isola würde aber auch die weichen Sohlen als Rennreifen nicht ausschließen. "Für einen kurzen Stint am Ende des Rennens könnte der Soft-Reifen eine gute Wahl sein."