Wie gelang Norris die elementar wichtige Pole?
Jeder Formel-1-Fan weiß, dass das Qualifying in Monaco der Schlüssel zum Sieg ist. Deshalb spielt die Zeitenjagd in der Analyse eine wichtige Rolle.
Am Samstag (24.5.) raste Lando Norris auf Startplatz eins und schockte damit Lokalmatador Charles Leclerc. Während Ferrari beim letzten Versuch auf eine schnelle Runde mit dem C6-Gummi setzte, schickte McLaren sowohl Norris als auch Oscar Piastri für zwei fliegende Runden beim letzten Run auf die Strecke. Das war mehr als die halbe Miete. Im Rennen konnte der Engländer Leclerc beim Start auf dem Weg zur Sainte-Dévote abwehren, musste dafür aber etwas die Räder stehen lassen.
Danach kontrollierte Norris die Pace an der Spitze. Auch die zwei Pflichtstopps änderten nichts an der Reihenfolge. Teamchef Andrea Stella lobte seinen Schützling nach dem sechsten Karriere-Erfolg. "Lando hat ab der ersten Runde an diesem Wochenende ein hohes Level gezeigt und konnte sich weiter steigern."
In Runde 19 beorderte McLaren Norris erstmals an die Box und wechselte vom Medium auf den harten Reifen. Der Abstand zu Leclerc wuchs bis zur Rennmitte auf mehr als sechs Sekunden an. Allerdings kam es dann zu einer brenzligen Situation. Norris stieß als Erster auf die zu überrundende Kampfgruppe im Mittelfeld. Dort wurde teamtaktisch absichtlich langsam gefahren, um dem Stallgefährten einen freien Stopp zu ermöglichen. Norris manövrierte sich hindurch: "Lando ist cool geblieben, als er auf die Nachzügler aufgelaufen ist. Das war entscheidend. Anschließend mussten wir nur noch Charles covern", erklärte Stella.
Als der WM-Zweite auf Max Verstappen zum Schluss auflief, ließ er etwas Abstand. Leclerc schloss zwar auf, konnte aber nicht attackieren. Nachdem Verstappen in der vorletzten Runde gestoppt hatte, rollte er jubelnd ins Ziel: "Leute, wir haben Monaco gewonnen!" Dank des Erfolgs verkürzte Norris den Abstand in der WM zu seinem Teamkollegen Piastri auf drei Punkte. Der Australier kam nicht über Rang drei hinaus.

Charles Leclerc schaffte zwar P2 in Monaco, verlor das Rennen aber bereits im Qualifying.
Warum war Leclerc ein Siegkandidat in Monaco?
Zwar gilt Charles Leclerc als absoluter Monaco-Spezialist, doch einen Erfolg hatten ihm beim Heimspiel vor dem Wochenende nur die Wenigsten zugetraut. Auch nicht der eigene Teamchef: "Nach unseren Leistungen auf langsamen Strecken, waren wir hier nicht so zuversichtlich", führte Frédéric Vasseur nach dem Rennen aus. Die Erwartungshaltung bei der Scuderia hatte sich aber nach den Trainingsbestzeiten von Leclerc geändert. "Nach den Eindrücken von FP1 bis FP3 waren wir nach dem Qualifying natürlich enttäuscht mit P2 am Samstag", meinte Vasseur. Ferrari zeigte die beste Pace über ein gesamtes Wochenende in diesem Jahr. Den Roten spielte die Streckencharakteristik in die Karten. Der Kompromiss beim Setup zwischen langsamen und schnellen Kurven ist in Monaco kleiner als auf den anderen Kursen. Ferrari trimmte den SF-25 auf maximalen Abtrieb.
Vasseur hatte auch eine klare Meinung zu den zwei verpflichtenden Stopps in Monaco. "Das hat an der Spitze gar nichts geändert." Selbst als Leclerc wegen des langsamen Verstappens kurz im Heck von Norris hing, hatte Vasseur keine Hoffnung auf den Sieg. "Um in Monaco überholen zu können, brauchst du einen Zeitunterschied von vier bis fünf Sekunden – und die hatten wir natürlich nicht."
Leclerc war nach dem 2024er-Sieg über P2 etwas zerknirscht: "Der zweite Platz ist zwar gut, aber es ist auch schade, wir haben das Rennen am Samstag verloren." Teamkollege Lewis Hamilton erreichte dank eines längeren ersten Stints noch Rang 5, nachdem er am Samstag eine Strafe wegen des Behinderns von Verstappen im Qualifying kassiert hatte. Seinen emotionalen Austausch mit Renningenieur Riccardo Adami spielte Vasseur herunter: "Wenn der Fahrer zwischen Turn 1 und 3 etwas fragt, muss man bis nach dem Tunnel warten, um zu antworten, damit man nicht während der Kurven mit ihm spricht. Es heißt also nicht, dass wir schlafen und Bier trinken."

Red Bull wählte bei Max Verstappen eine alternative Strategie. Es blieb aber nur Rang vier.
Wieso startete Verstappen auf dem harten Reifen?
Max Verstappen kam in Monaco als Vierter ins Ziel. Red Bull hatte seinen Star im Gegensatz zu den ersten Drei auf dem harten Gummi starten lassen. Teamchef Christian Horner erläuterte den Sinn: "Wir haben gezockt und auf eine Safety-Car-Phase oder eine rote Flagge gehofft. Leider war es ein Monaco-Rennen, bei dem sich alle im Griff hatten."
Verstappen kam erst in Runde 77 zum zweiten Mal herein. "Seine Reifen waren am Ende, aber wir mussten es durchziehen", meinte Horner. Der Weltmeister verteidigte die Strategie. "Wir hatten nichts zu verlieren, ich wäre eh Vierter gewesen. Ich hatte heute nicht die Pace der Spitze." Bei Teamkollege Yuki Tsunoda ging Red Bull ins andere Extrem und holte den Japaner während der VSC-Phase in der ersten Runde früh zum ersten Stopp rein. Tsunoda hatte aber das Pech, dass er hinter den bewusst langsam fahrenden Autos festhing. Am Ende blieb nur der 17. Rang. Im Rennen knallte Pierre Gasly ins Heck des RB21, für die Aktion vor der Hafenschikane sprach die Rennleitung eine Verwarnung an den Alpine-Piloten aus. Überraschenderweise blieb der Red Bull heil, wie Horner ausführte. Gaslys Vorderradaufhängung hingegen war hinüber.
Das Positive des Wochenendes ist aus Sicht des Teams und Verstappens die Schadensbegrenzung in der Fahrerwertung. Verstappen verlor nur drei Punkte auf Piastri. "Max liegt 25 Zähler hinter Oscar. Das ist ein Sieg und es sind noch 16 Rennen zu fahren", machte Horner den Red-Bull-Fans Hoffnung.

Liam Lawson exekutierte die Aufgabe der mobilen Straßenblockade exzellent.
Welche Taktik fuhren Toro Rosso und Williams?
Den Taktik-Coup in Monaco hatten Toro Rosso und Williams abgeliefert. Beide Teams landeten mit beiden Piloten in den Punkten. Zunächst spielte Liam Lawson im zweiten Toro Rosso die rollende Straßenblockade und ermöglichte seinem Stallgefährten Isack Hadjar zwei freie Stopps. Von der Taktik profitierte auch Esteban Ocon, der im Windschatten Hadjars Reifen wechseln konnte.
Im späteren Rennverlauf half dann Williams Lawson. Carlos Sainz hielt die Gegner auf, Alex Albon nutzte die Lücke zum Stoppen, danach drehte das Traditionsteam den Spieß um und Albon blockte die Konkurrenz ab. Trotz des Coups war Sainz nicht angetan: "So sollten wir nicht Rennen fahren. Aber wir haben als Team gut zusammengearbeitet." Teamchef James Vowles fügte an: "Diese Art von Racing fühlt sich falsch an."

Keine Punkte holte Mercedes in Monaco. Die Silberpfeile wurden Opfer der Mittelfeld-Bummler.
Weshalb stoppte Mercedes so spät?
Die Mercedes-Taktik sorgte im Pressezentrum auf den ersten Blick für Unverständnis. Beide Piloten fuhren nach dem verpatzten Qualifying von den Rängen 14 und 15 los. Im Rennen hingen George Russell und Kimi Antonelli ewig hinter den bummelnden Autos fest. Jeder fragte sich, warum Mercedes nicht einen Piloten hereinholen würde? Die Strategen klärten nach dem GP auf. "Egal, was wir gemacht hätten: Wir wären immer an derselben Stelle hängengeblieben. Das hat man an Tsunoda gesehen, der früh gestoppt hatte."
Russell riss in der zweiten Rennhälfte der Geduldsfaden, als er von Albon aufgehalten wurde. Der Engländer wich dem früh bremsenden Thailänder vor der Hafenschikane aus und gab trotz Anweisung des Teams den Platz nicht zurück. Dafür setzte es eine Durchfahrtsstrafe. Erst in den Runden 62 und 68 stoppte er, Antonelli in den Umläufen 69 und 71. Die Mercedes wurden Opfer der Toro Rosso und Williams. Russell offenbarte aber: "Wir hätten das Gleiche gemacht, wenn einer von uns freie Fahrt gehabt hätte."