Rennanalyse GP Kanada: Wer hat Schuld am McLaren-Crash?

Rennanalyse GP Kanada 2025
So kam es zum McLaren-Crash

GP Kanada 2025
Zuletzt aktualisiert am 16.06.2025

Warum war Mercedes in Montreal so schnell?

Nach einem guten Saisonstart hatte Mercedes bis zum Spanien-GP zu kämpfen. Doch bereits vor dem Kanada-Wochenende waren die Silberpfeile positiv gestimmt. Im vergangenen Jahr holte George Russell die Pole und wurde Dritter, dieses Mal verwandelte er den besten Startplatz in den Rennsieg.

Das Erstaunliche dabei war das Reifen-Management. Der letzte Mercedes-Sieg fand bei kalten Bedingungen in Las Vegas 2024 statt. In Montreal maß das Thermometer am Renntag 50 Grad Celsius. "Heute waren wir bei hohen Temperaturen dominant. Das liegt unter anderem an der verbesserten Hinterradaufhängung im Vergleich zum Vorjahr", erklärte Teamchef Toto Wolff die Leistung. "Aber wir müssen natürlich auch über das Layout der Strecke sprechen", schob der Österreicher im zweiten Atemzug hinterher. Auf Strecken mit langen Highspeed-Kurven leiden die Reifen des W16 stärker bei hohen Temperaturen. Auch der sanfte Asphalt half Mercedes, um mit den Reifen besser umzugehen.

Chef-Pilot George Russell nutzte die Chance eiskalt. "Ich hatte das Rennen die ganze Zeit über unter Kontrolle und konnte es so gestalten, dass ich schließlich gewinnen konnte."

Ab dem ersten Training waren die Mercedes gut unterwegs und exekutierten den Sonntag nahezu perfekt. Abgerundet wurde das Ergebnis mit dem ersten Podestplatz in der Formel-1-Karriere von Andrea Kimi Antonelli. Der Schlüssel zum Erfolg des 18-Jährige war der Start. Der Italiener übertölpelte WM-Leader Oscar Piastri und wehrte auch die Schlussattacke des Australiers im McLaren ab. "Das ist ein besonderer Moment für mich. Ich möchte mich bei allen im Team bedanken!"

Max Verstappen - Red Bull - GP Kanada 2025 - Montreal - Formel 1
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Weshalb protestierte Red Bull gegen Mercedes?

Der Jubel von Mercedes und Russell wurde aber nochmal gestoppt. Red Bull legte im Anschluss des Rennens Protest gegen den Sieger ein. In der Safety-Car-Phase hatte laut Teamchef Christian Horner Russell zwei Foulspiele begangen: "Zunächst einmal war es erratisches Fahren von ihm, als er einen Brake-Test gemacht hat. Und dann hat er noch den Mindestabstand zum Safety-Car nicht eingehalten." Zehn Fahrzeuglängen muss dieser betragen. Der 51-Jährige verwies auf Vorfälle wie in Singapur 2022, als Sergio Perez eine 5-Sekunden-Strafe bekam. Damals hatte der Mexikaner im Red Bull jedoch zweimal den Abstand zu groß gelassen. "Es ist unser gutes Recht, das zu tun."

George Russell und Max Verstappen wurden um 17.50 Uhr zu den Stewards, nach 45 Minuten kamen die Protagonisten erst wieder zurück. Bis zum Urteil dauerte es weitere drei Stunden und 35 Minuten, dann hatte die Rennleitung Russell freigesprochen. Sie sah kein erratisches Fahren beim Sieger und einen Brake-Test gegen Verstappen, der ihn kurz überholte. Die Rennleitung merkte an, dass kein unsportliches Verhalten vorlag, indem Russell von dem kurzfristigen Überholmanöver an die Box funkte. Der angekündigte Mindestabstand zum Safety-Car wurde im FIA-Dokument nicht aufgeführt.

Die Safety-Car-Phase löste bei der Rennleitung ohnehin viel Arbeit aus. Insgesamt gab es noch neun Untersuchungen gegen Piloten. Alle endeten in einem Freispruch oder einer Verwarnung durch die Stewards.

Max Verstappen - Red Bull - GP Kanada 2025 - Montreal - Formel 1
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Wieso konnte Red Bull um den Sieg kämpfen?

Somit musste sich Verstappen mit Rang 2 begnügen. Sportchef Helmut Marko blickte auf den Rennverlauf: "Im ersten Stint war Max zu aggressiv mit dem C5-Reifen." Die ersten sechs der Startaufstellung gingen auf dem Medium-Gummi ins Rennen und der hielt nicht lange. Schon in Runde 12 bog Verstappen als Erster der Top-Piloten in die Box ab und schnallte den harten Reifen auf. "Der C4 hat sich etwas schwächer verhalten, als wir erwartet hatten", konstatierte Technik-Chef Pierre Waché.

Christian Horner blies ins selbe Horn: "Der mittlere Stint war wohl unser schwächster. Im letzten hatten wir dann wieder die Pace von Russell und Antonelli." Helmut Marko frohlockte: "Wir sind sehr zufrieden, wir waren auf Augenhöhe mit Mercedes und McLaren. Das gibt uns Auftrieb für die nächsten Rennen." Horner war skeptischer: "In Spielberg gibt es im mittleren Sektor einige mittelschnelle Kurven, da haben wir zuletzt gelitten. Wenn es heiß wird, sollte McLaren vorne sein."

Lando Norris - McLaren  - GP Kanada 2025 - Montreal - Formel 1
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Wie kam es zum Crash zwischen den McLaren?

In Montreal war das nicht der Fall. Trotzdem lieferte McLaren den Aufreger des Rennens als es krachte: Lando Norris attackierte in Runde 66 seinen Teamkollegen Oscar Piastri und rauschte dem Australier ins Heck. Auf der langen Geraden vor der Zielschikane hatte sich Norris neben Piastri gesetzt, der 24-Jährige hielt aber dagegen und ging vor ihm auf die Zielgerade. Dort verteidigte Piastri die Innenbahn, dennoch entschied sich Norris für die linke Seite und berührte den Stallgefährten. Während Norris in der Beton-Wand einschlug und aufgeben musste, wurde Piastri Vierter.

Norris entschuldigte sich bereits am Funk und legte im Anschluss nach: "Es war mein Fehler, ich übernehme die volle Verantwortung, ich entschuldige mich bei meinem ganzen Team und bei Oscar, dass ich so etwas versucht habe." Teamchef Andrea Stella stellte klar: "Es war nicht eine Frage, ob, sondern wann es stattfindet. Dass wir das nicht wollen, bei McLaren, ist klar. Es ist gut, dass Lando sofort die Verantwortung dafür übernommen hat."

Der Italiener kündigte an: "Wir müssen jetzt einige Gespräche führen, damit es nicht mehr passiert. Lando wird aus der Sache lernen." Auf Nachfrage, ob man die Zügel anziehen würde, entgegnete der Erfolgsgarant des Teams: "Natürlich können wir vom Kommandostand aus Team-Order aussprechen. Aber das wäre künstliches Rennfahren. Das wollen wir nicht. Wir wollen beiden Fahrern die Chance geben, um Positionen zu kämpfen. Auch untereinander." Wegen der Kollision verlor Norris weitere zwölf Punkte auf Piastri und liegt nun 22 Zähler hinter ihm.

Lewis Hamilton - Ferrari - GP Kanada 2025 - Montreal - Formel 1
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Wieso spielte Ferrari keine Rolle im Rennen?

Einen Rückschlag in Montreal erlitt Ferrari. Die Truppe musste sich mit den Rängen 5 und 6 zufriedengeben. Charles Leclerc startete auf dem harten Reifen und schimpfte am Funk über die Strategie. Seiner Meinung nach hatte man ihm die falsche Taktik verpasst. Leclerc musste den zweiten Stint ebenfalls auf dem harten Reifen bestreiten. Ferrari zögerte bis zum Schluss, weil man so wenig Runden wie möglich auf dem Medium-Reifen bestreiten wollte.

Bei Teamkollege Lewis Hamilton lief es auch nicht: Der Rekordsieger erwischte in Runde 13 ein Murmeltier. "Das hat ein Loch in den Unterboden geschlagen und viel Abtrieb gekostet", sagte Teamchef Frédéric Vasseur. Der Franzose nahm seine Equipe in die Pflicht: "Wir haben hier zu viele Fehler gemacht. Das hat mit dem Crash von Charles im ersten Training angefangen und sich durchgezogen. Ich muss sicherstellen, dass wir in Zukunft ein Wochenende besser exekutieren."

Nico Hülkenberg - Sauber - GP Kanada 2025 - Montreal - Formel 1
Rudy Carzzevoli via Getty Images

Wie gelang Nico Hülkenberg Platz 8?

Nach Barcelona gelang Nico Hülkenberg das nächste Top-10-Ergebnis. Von Platz 11 gestartet, wäre der Emmericher auch ohne den Ausfall von Lando Norris in die Punkte gefahren. So wurde es der achte Platz: "Ich konnte mich am Start aus dem Zweikampf zwischen Colapinto und Albon raushalten. Danach war ich in der Lage, die Reifen gut zu managen. Wir haben gezeigt, dass wir auf zwei verschiedenen Strecken wettbewerbsfähig sind."