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Rennanalyse GP Japan 2022
Haarscharf am Unglück vorbei

GP Japan 2022

Das Comeback von Suzuka endete fast in einer menschlichen Tragödie. Pierre Gasly fuhr im Abstand von zwei Metern mit 200 km/h an einem Bergekran vorbei. Max Verstappen sicherte sich vorzeitig den Titel. Ferrari verheizte die Reifen. Sebastian Vettel taktierte richtig.

Rote Flagge - Formel 1 - GP Japan 2022 - Suzuka
Foto: xpb

Kein Verstappen-Titel ohne Kontroverse. In Abu Dhabi 2021 ging es um den Einsatz des Safety Cars. In Japan um die Vergabe der WM-Punkte. Verstappen machte sich vorzeitig zum Formel-1-Champion und erfuhr erst nachträglich davon. Im Fahrerlager musste das zu komplizierte Regelbuch der Formel 1 ausgepackt werden. Es gehört entrümpelt, da sind sich alle einig. In unserer Rennanalyse klären wir die wichtigsten Fragen zum 32. Grand Prix in Suzuka.

Unsere Highlights
Pierre Gasly - Alpha Tauri - Formel 1 - GP Japan 2022 - Suzuka
Motorsport Images
Pierre Gasly hatte Riesenglück. Er war nach dem Rennen fassungslos angesichts der Entscheidungen der Rennleitung.

Wie ist der Gasly-Vorfall zu bewerten?

Pierre Gasly war völlig außer sich. Und froh, die Rennstrecke in Suzuka lebend verlassen zu haben. "Ich komme mit 200 km/h um die Kurve herum und sehe plötzlich einen Bergekran auf der Rennlinie stehen. Ich hatte höchstens zwei Meter Abstand zu ihm. Hätte ich gebremst oder scharf gelenkt, hätte ich mich gedreht und das Fahrzeug mit vollem Speed getroffen. So wie Jules vor acht Jahren." Gemeint ist Jules Bianchi, der 2014 in Suzuka mit einem Bergungsfahrzeug kollidiert war und neun Monate später seinen schweren Verletzungen erlag.

Das Unglück hätte sich um ein Haar wiederholt. Die Rennleitung unter Eduardo Freitas machte eine unglückliche Figur. Und das ist sehr vorsichtig ausgedrückt. Alfa-Sauber-Teammanager Beat Zehnder sagte: "Das darf nicht passieren. Du kannst bei diesen Verhältnissen keinen Kran auf die Strecke lassen. Das ist viel zu gefährlich für die Fahrer. Es war ein unverantwortliches Verhalten der Rennleitung."

Aus seiner Sicht hätte die Rennleitung den Grand Prix abbrechen müssen, als Carlos Sainz in der ersten Runde in Kurve zwölf in die Reifenstapel gesegelt war. Seinen Ferrari hatte es fast auf die Rennstrecke zurückgeschleudert. Lewis Hamilton sah das rote Auto nicht einmal, als er es passierte. Ferrari-Teamchef Mattia Binotto wirft ein: "Das Rennen hätte aus meiner Sicht direkt hinter Safety Car aufgenommen werden müssen. Das hätte den Fahrern die nötige Zeit gegeben, sich mit der Strecke vertraut zu machen."

Pierre Gasly - Alpha Tauri - Formel 1 - GP Japan 2022 - Suzuka
Motorsport Images
Wie konnte das passieren? Die FIA arbeitet es auf.

Die Sicht war zu schlecht. Die Gefahr von Aquaplaning zu hoch. Selbst hinter dem Safety Car. "Ich war der erste Fahrer und hatte perfekte Sicht", schilderte Max Verstappen. "Aber wenn du weiter hinten bist, fährst du versetzt, um aus der Gischt zu gelangen. Du fährst rechts und links und siehst eigentlich nichts." Die Fahrer hatten die Rennleitung bereits vorab gewarnt, dass beim Einsatz von schwerem Gerät besondere Vorsicht angesagt sei.

Die Leiter hielten sich nicht daran. Das Safety Car fing Verstappen am Ende der ersten Runde ein. Gasly hechelte dem Feld hinterher. Er hatte ein Stück der Werbetafel aufgegabelt, die es durch den Sainz-Unfall auf die Piste gewirbelt hatte. Er holte sich nach der ersten Runde einen neuen Frontflügel und jagte hinterher. Seine Delta-Zeit – die Vorgabe, wie schnell man maximal sein darf – betrug beim Verlassen der Boxenstraße 20 Sekunden. Entsprechend konnte der Franzose Gas geben, um zum Feld aufzuschließen. Nach Kurve zehn soll er noch 14 Sekunden über der Vorgabe gelegen haben, nach der Haarnadel rund zwölf.

In dem Moment, als er am Bergekran rechts vorbeischoss, wurde das Rennen abgebrochen. "Zu spät, damit ich rechtzeitig reagieren kann und mein Auto sicher abbremse, während ein Traktor und Marshals auf der Rennlinie waren." Gasly zügelte danach den Gasfuß nicht. Das muss er sich ankreiden lassen. Unter Rot muss man zwingend verlangsamen. Da gibt es keine Ausrede.

Er habe nach Passieren der Unfallstelle bis zum Ende der Runde mehrmals 200 km/h überschritten. Einmal habe er bis 251 km/h beschleunigt, warfen ihm die Stewards vor. Sie sprachen eine Strafe von 20 Sekunden aus. Mehr gab es nicht, weil es die Verhältnisse zugelassen hätten, dass der Angeklagte auch schneller fahre. Sagen die Sportkommissare. Auch sei Gasly nach dem Zwischenfall unter Schock gestanden. Gasly erklärt sich: "Die Strafe gab es für einen Verstoß zwischen den Kurven 14 und 15. Das nehme ich auf meine Kappe. Ich habe verlangsamt, aber nicht ausreichend." Die FIA ist unter Zugzwang. Der gesamte Fall wird aufgerollt und im Detail analysiert.

Max Verstappen - Red Bull - Formel 1 - GP Japan 2022 - Suzuka
Wilhelm
Verstappen jubelte über den Sieg. Über den WM-Titel erst mit Verspätung.

Wieso wusste keiner, dass Verstappen Weltmeister ist?

Das Regelwerk der Formel 1 ist zu kompliziert. In Japan wusste Red Bull nach Zieldurchfahrt nicht, dass Verstappen bereits Weltmeister ist. Auch die anderen Teams glaubten, dass es für den Sieg nur 19 Punkte gäbe, für den zweiten Platz 14 und für den dritten Rang zwölf Zähler. Weil nur zwischen 50 und 75 Prozent der Renndistanz abgestrampelt wurden. Die FIA hatte die Regeln nach der Pleite in Spa im Vorjahr dahingehend angepasst, dass bei Rennabbruch je nach absolvierter Rundenzahl die Punktevergabe abgestuft wird. Davon hatten sich die Teams verwirren lassen.

Der Wortlaut ist entscheidend. In Absatz 6.5 des Sportreglements heißt es: "Wenn ein Rennen gemäß Artikel 57 abgebrochen wird und nicht wieder aufgenommen werden kann ..." Das passierte in der Formel 1 Geschichte sechs Mal. Dann gibt es halbe Punkte. Doch in diesem Fall nahm die Formel 1 das Rennen wieder auf. Dann spielt die Distanz keine Rolle. Es wird das normale Punkteschema herangezogen. Das war schon immer so. Die FIA legte ihr Regelwerk richtig aus. Vielleicht sollte man es mit einem Satz präzisieren, damit es in Zukunft jeder versteht.

Charles Leclerc - Ferrari - Formel 1 - GP Japan 2022 - Suzuka
Wilhelm
Charles Leclerc nahm die Vorderreifen wie in Singapur zu hart ran.

Wieso regte sich Ferrari auf?

Die Geschlagenen gratulierten fair. "Max ist die ganze Saison super gefahren. Er verdient sich den Titel", sagte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto. Bei der Scuderia hatte man die Weltmeisterschaft schon vorher abgehakt. Und dennoch war man unglücklich. Wieder haderte Ferrari mit der Entscheidung der Rennleitung.

Charles Leclerc kreuzte den Zielstrich vor Sergio Perez im zweiten Red Bull. Hätte das Ergebnis in dieser Form Bestand gehabt, wäre die Titelentscheidung vertagt worden. Dann hätte Verstappen ein Zähler zum Gewinn gefehlt. Die Sportkommissare stuften Leclerc kurz nach dem Grand Prix jedoch herab. Sie verkündeten eine Fünfsekunden-Strafe gegen ihn, weil er die Schikane mit völlig abgefahrenen Reifen abgekürzt hatte und sich nur dadurch aus Sicht der Schiedsrichter vor dem Red Bull halten konnte.

Was Maranello vorbrachte: Im Gegensatz zu Singapur wurde die Entscheidung blitzschnell getroffen. Ohne die involvierten Fahrer überhaupt anzuhören. Eine Woche zuvor war das noch anders gewesen. Damals hatte Perez unter Safety Car zu viel Abstand gelassen. In Summe drei Mal, doch er wurde erst nachträglich mit fünf Sekunden bestraft. Er durfte nach dem Rennen vorsprechen, Leclerc nicht.

"Hätten die Sportkommissare damals genauso schnell gehandelt, wären wir ein anderes Rennen gefahren. Dann hätte sich Charles die Reifen eingeteilt, und hätte das Rennen aus unserer Sicht gewonnen." Weil er sich laut Ferrari durch einen schonenderen Umgang mit den Reifen innerhalb der fünf Sekunden gehalten hätte. Ferrari verzichtete wie in Singapur darauf, Protest einzulegen.

Sebastian Vettel - Aston Martin - Formel 1 - GP Japan 2022 - Suzuka
Wilhelm
Sebastian Vettel und Aston Martin profitierten massiv vom frühen Tausch auf Intermediates.

Wie kam Vettel nach vorn?

Aston Martin hat sich bis auf sieben Punkte an Alfa Romeo herangerobbt. Der sechste WM-Platz ist in greifbarer Nähe. Nach der ersten Runde sah das noch anders aus. Da segelte Sebastian Vettel nach Zweikampf mit Fernando Alonso ins Kiesbett der ersten Kurve. "Ich hatte einen sehr guten Start, bin dann aber mit einem anderen Fahrzeug zusammengestoßen", schildert Vettel. "Ich konnte wikrlich nichts sehen. Ich bin nicht sicher, ob ich wegen Aquaplaning oder durch einen Fehler abgeflogen bin."

Er war an 17. Stelle als das Rennen wieder aufgenommen wurde. Alle Fahrer mussten auf den Extrem-Wetterreifen starten. Aston Martin entschied sich wie Williams direkt zu einem Boxenstopp nach Rennfreigabe. In der fünften Runde holten Vettel und Nicholas Latifi neue Intermediates ab. Das war der schnellere Reifen. Beide spülte es in die Punkte vor. "Der Stopp war schnell, ich habe gepusht wie die Hölle. Ich habe durch diesen Schachzug das halbe Feld per Undercut überholt", jubelte der viermalige Suzuka-Sieger.

Fernando Alonso - Alpine - Formel 1 - GP Japan 2022 - Suzuka
Motorsport Images
Fernando Alonso hätte sich frühere Boxenstopps gewünscht.

Warum war Alonso angefressen?

Fernando Alonso war nach dem siebten Platz angefressen. Da war mehr drin für den Spanier. Der Teamkollege machte es mit einem vierten Platz vor. Esteban Ocon hielt Lewis Hamilton in Schach, obwohl der Mercedes viel schneller war. Über eine Sekunde. Doch um Überholen zu können musste man einen noch größeren Überschuss haben. Dem Mercedes fehlte außerdem der Topspeed.

Alonso beschwerte sich bei seinen Strategen: Beide Reifenwechsel seien zu spät erfolgt. So hätte er beim ersten Mal wie Vettel profitieren können, wenn er in derselben Runde reingekommen wäre. Nach dem zweiten Stopp sieben Umläufe vor Schluss gingen ihm die Runden aus. Der Spanier war mit frischen Inters viel schneller als die Kollegen. Er schaffte es aber nur zurück auf den siebten Platz. Bei einer früheren Entscheidung zum Boxenstopp hätte er Vierter werden können. Im Fotofinish unterlag er Vettel um elf Tausendstel. Alpine schob sich in der Team-WM wieder an McLaren vorbei.

GP Japan 2022: Ergebnis Rennen

Fahrer

Team

Zeit/Rückstand

1. Max Verstappen

Red Bull

3:01:44.004 h

2. Sergio Perez

Red Bull

+ 27.066 s

3. Charles Leclerc*

Ferrari

+ 31.763 s

4. Esteban Ocon

Alpine

+ 39.685 s

5. Lewis Hamilton

Mercedes

+ 40.326 s

6. Sebastian Vettel

Aston Martin

+ 46.358 s

7. Fernando Alonso

Alpine

+ 46.369 s

8. George Russell

Mercedes

+ 47.661 s

9. Nicholas Latifi

Williams

+ 70.143 s

10. Lando Norris

McLaren

+ 70.782 s

11. Daniel Ricciardo

McLaren

+ 72.877 s

12. Lance Stroll

Aston Martin

+ 73.904 s

13. Yuki Tsunoda

Alpha Tauri

+ 75.599 s

14. Kevin Magnussen

Haas

+ 86.016 s

15. Valtteri Bottas

Alfa Romeo

+ 86.496 s

16. Zhou Guanyu

Alfa Romeo

+ 87.043 s

17. Mick Schumacher

Haas

+ 92.523 s

18. Pierre Gasly*

Alpha Tauri

+ 108.091 s

19. Carlos Sainz

Ferrari

Ausfall

20. Alexander Albon

Williams

Ausfall

* Strafe: +5 Sekunden

** Strafe: +20 Sekunden

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