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Rennanalyse GP Brasilien
Mercedes-Show & Red-Bull-Streit

GP Brasilien 2022

Dieses Jahr wurde für Mercedes doch nicht das erste sieglose seit 2011. In Brasilien feierten die Silberpfeile sogar einen Doppelsieg mit George Russell vor Lewis Hamilton. Red Bull sprach eine Team-Order aus, die Max Verstappen missachtete. Bei Ferrari wurde darüber nachgedacht, aber verzichtet.

George Russell - Mercedes - GP Brasilien 2022 - Sao Paulo
Foto: Wilhelm

Mercedes kann doch noch siegen. Und Red Bull doch noch verlieren. Der Grand Prix von Brasilien schrieb viele Geschichten – eine davon war ziemlich verrückt. In unserer Rennanalyse klären wir die wichtigsten Fragen.

Wieso war Mercedes so schnell?

Vor dem Rennwochenende hatte Mercedes damit gerechnet, dass Red Bull in Interlagos seine Vorteile bei der Effizienz der Aerodynamik und dem Topspeed würde voll ausspielen. Es kam anders. Mercedes trumpfte auf. Die Silberpfeile gewannen mit George Russell sowohl den Sprint als auch das Hauptrennen. Red Bull schwächelte dagegen und kassierte die erste Niederlage seit dem GP Österreich.

Unsere Highlights

Das Weltmeister-Team stolperte über das Setup. Es gelang den Ingenieuren nicht, mit nur einem Training vor dem Parc fermé am Freitagabend, eine passende Fahrzeugabstimmung zu finden. Es fehlte den Red Bull an Haftung. Das Auto untersteuerte, was sich besonders im kurvenreichen Mittelsektor auswirkte.

Hamilton - Russell - GP Brasilien 2022 - Sao Paulo
Wilhelm
Doppelerfolg in Sao Paulo: Mercedes erlebte sein bestes Wochenende der Saison.

Die Hoffnung, dass sich durch die deutlich höheren Asphalttemperaturen am Rennsonntag die Balance nach vorne verschieben würde, erfüllte sich nicht. Auf den Softreifen wurde es nur etwas besser, auf den Mediums gar nicht. Max Verstappen und Sergio Perez rutschten zu sehr herum. Der Reifenverschleiß blieb hoch. Zu allem Überfluss misslang Verstappen in der siebten Runde noch ein Manöver gegen Hamilton. Die Kollision zwang ihn für einen Nasenwechsel an die Box. Damit war er Letzter.

Der Wurm im Red Bull eröffnete Mercedes die Chance auf den ersten Saisonsieg. "Wir haben mit dem Setup voll ins Schwarze getroffen", erzählte Chefingenieur Andrew Shovlin. Mit beiden Autos, die eine Spur anders konfiguriert waren. Russell fuhr etwas mehr Abtrieb als Hamilton. "Das Auto war das ganze Wochenende großartig zu fahren. Es war sehr konstant und fühlte sich geschmeidig an", berichtete Hamilton. Die Ingenieure haben ihrer Diva durch besseres Verständnis und kontinuierliche Updates über das Jahr die Launen ausgetrieben. Besonders die letzten in den USA und Mexiko brachten nochmals Performance. "Seit Austin hatten wir in jedem Rennen ein siegfähiges Auto", meint Russell.

Der Engländer münzte die Pole perfekt um. Russell war schnell, kontrollierte die Pace, kümmerte sich um die Reifen und leistete sich keine Fehler. Selbst in der Schlussphase nicht, als der Teamkollege formatfüllend hinter ihm auftauchte. Hamilton hatte sich nach dem Zusammenstoß wieder nach vorne gearbeitet, obwohl er ein leicht beschädigtes Auto hatte. Es kostete ihn keine zwei Zehntelsekunden pro Runde. Das Safety Car brachte ihm Russell nah, der den ersten Karriere-Sieg nach Hause brachte. "Ich habe zum Schluss eine Serie an starken Rundenzeiten hingeknallt, obwohl der Druck von Lewis immens war", freute sich der Sieger.

Mercedes verzichtete auf eine Stallregie. Man vertraut seinen Fahrern zu 100 Prozent. "Sie wissen, was sie tun. Deshalb lassen wir sie frei fahren, und sie machen, wofür sie ihr ganzes Leben arbeiten: Rennen zu gewinnen", sagt Shovlin.

Verstappen - Perez - GP Brasilien 2022 - Sao Paulo
Motorsport Images
Der Weltmeister macht keinen Platz: Verstappen ignoriert die Funksprüche von Red Bull.

Warum verweigerte Verstappen den Platzwechsel?

Red Bull strebt nach dem maximalen Erfolg. Neben den beiden WM-Titeln will man auch mit Sergio Perez den zweiten Platz in der Fahrer-WM einfahren. Das ist dem Team selbst in den dominanten Jahren von 2010 bis 2013 nicht gelungen.

Für Perez geht es um jeden Punkt. Zwei Mal hätte Max Verstappen seinem Teamkollegen in Brasilien helfen können. Er machte es nicht. Der Weltmeister rollte im Sprint und im Hauptrennen vor Perez ins Ziel. So sammelte der Mexikaner drei Zähler weniger ein als er hätte können.

Im Sprint blieb der Befehl aus. Im Rennen sprach Red Bull eine Stallregie aus. Allerdings pfiff Verstappen auf die Ansage. Er funkte seinem Renningenieur: "Ich habe es dir bereits beim letzten Mal gesagt. Ist das klar? Ich habe meine Gründe erläutert und stehe zu meiner Entscheidung." Perez zeigte sich überrascht und enttäuscht und meinte nach Zieldurchfahrt, der Teamkollege habe sein wahres Gesicht gezeigt. Teamchef Christian Horner entschuldigte sich am Funk.

Zwischen den Fahrern geht es ganz offensichtlich nicht harmonisch zu. Es scheint, als hänge der Haussegen bei Red Bull schief. Das war schon einmal so in dieser Saison nach dem GP Monaco. Da fühlte sich Verstappen um die Pole gebracht und in der Strategie benachteiligt.

Die Ausrede, dass er noch Fernando Alonso und Charles Leclerc überholen wollte, zog nicht. Verstappen hätte auf Start-Ziel locker vom Gas gehen können. Am Sonntagabend kam es daher noch zum Krisentreffen. Und zu einer großen Aussprache, wie es bei Red Bull heißt. "Max wird alles tun, was möglich ist, damit Sergio nach dem Saisonfinale Zweiter ist. Zu dieser Lösung sind wir gekommen", sagte Sportchef Helmut Marko. Ob es wirklich dazu kommt? Das werden wir erst in Abu Dhabi sehen, sollte dort Stallregie angebracht sein.

Red Bulls Superstar erklärte sich nach dem Treffen selbst vor den TV-Medien: "Es war wichtig, dass wir alle zusammenkamen und alles auf den Tisch gekommen ist. Wenn ich Sergio in Abu Dhabi helfen kann, werde ich es machen."

Leclerc - Sainz - GP Brasilien 2022 - Sao Paulo
Motorsport Images
Ferrari betrieb auf den Plätzen drei und vier Schadensbegrenzung angesichts des Mercedes-Sieges.

Wieso wurde bei Ferrari auf Team-Order verzichtet?

Carlos Sainz durfte seinen dritten Platz behalten. Ferraris Kommandostand verzichtete in der Schlussphase auf eine Stallregie, obwohl sie sich Charles Leclerc gewünscht hatte. Er will sich gegen Perez im Kampf um den zweiten Platz durchsetzen. Vor Abu Dhabi herrscht mit jeweils 290:290 Punkten Gleichstand.

Ferrari-Teamchef Mattia Binotto begründete die Entscheidung gegen eine Team-Order. Das Risiko sei zu groß gewesen. "Charles hatte Alonso und Verstappen im Nacken." Sie können sich vorstellen, wie groß das Gelächter gewesen wäre, wenn Ferrari es versucht hätte, und zurückgefallen wäre.

Es gab noch einen zweiten Grund. Gegen Sainz wurde untersucht. Es ging um einen möglichen Verstoß unter Safety Car gegen Yuki Tsunoda, der sich aber schnell in Luft auflöste. "Wenn wir Carlos zurückpfeifen, und noch fünf Strafsekunden bekommen, verliert er mehr als eine Position. Unsere Entscheidung war die beste mit Blick auf die Team-WM", sagte Binotto. Der zweite Platz im Konstrukteurs-Pokal ist wichtiger als in der Fahrer-WM. Ferrari zittert. Mercedes verkleinerte die Lücke auf 19 Punkte.

Alonso - Ocon - GP Brasilien 2022 - Sao Paulo
Motorsport Images
19 Punkte vor McLaren: Alpine ist der vierte Rang in der Team-WM kaum mehr zu nehmen.

Wie kam Alonso auf den fünften Platz?

Trotz Starts aus dem Hinterfeld glaubte Fernando Alonso daran, Best of the rest hinter den Topteams zu werden. Er wurde es tatsächlich. Die Strategen schafften mit einer aggressiven Dreistoppstrategie die Voraussetzung dafür. So musste Alonso nicht auf das Reifenmanagement achten und konnten den Speed seines Autos ausspielen — besonders, wenn er mal freie Luft hatte und die Konkurrenz auf älteren Reifen war.

Um Fünfter zu werden, brauchte er aber auch Glück. Das virtuelle Safety Car, das in Runde 52 ausgerufen und im 55. Umlauf in ein echtes Safety Car umgewandelt wurde, spielte ihm einen zusätzlichen Joker zu. Mit frischen weichen Reifen schnappte er sich noch Esteban Ocon, Sebastian Vettel, Valtteri Bottas und Perez.

Im Gegensatz zum Sprintrennen, als sich Alonso und Ocon in die Kiste gefahren waren, funktionierte auch das Teamplay. Der Franzose ließ Alonso nach kurzer Diskussion am Boxenfunk vorbei. "Wenn man als Team zusammenspielt, gewinnen alle", dankte Rennleiter Otmar Szafnauer.

Yuki Tsunoda - Alpha Tauri - GP Brasilien 2022 - Sao Paulo
Motorsport Images
Yuki Tsunoda fuhr beim Neustart auf die linke Seite, um den Kollegen Platz zu machen.

Warum durfte sich Tsunoda nicht zurückrunden?

Dieser Fall ist kurios, wird aber von Artikel 55.13 des Sportgesetzes abgedeckt. Zunächst hatte es nach einem Bock der Rennleitung gerochen. Augenscheinlich durften sich nur die beiden Williams-Fahrer unter dem letzten Safety Car zurückrunden – und Yuki Tsunoda nicht. Doch die FIA hat in diesem Fall nichts falsch gemacht.

Der Japaner überfuhr während der Neutralisation hinter Russell zwei Mal die Safety-Car-1-Linie vor Kurve 15. Am Ende von Runde 54 bog er zum Reifenwechsel ab. Dabei überholte der Alpha-Tauri-Pilot den führenden Russell, der hinter dem Safety Car auf Start-Ziel zuckelte. Tsunoda kreuzte in der Box vor dem Mercedes-Fahrer den Zielstrich – und hatte sich damit offiziell in der Zeitnahme zurückgerundet. Als er auf die Strecke zurückkehrte, lag er zwar wieder außerhalb der Führungsrunde. Doch das spielt keine Rolle.

Das System, wer berechtigt ist, sich zurückzurunden, ist seit den Vorkommnissen aus Abu Dhabi 2021 automatisiert. Es verschickte korrekt die Nachricht, dass nur die Williams-Fahrer es dürfen. Die Rennleitung hatte Tsunoda also nicht übersehen. Es gab auch keinen Bug im System der FOM oder FIA, wie die erste Vermutung gewesen war.

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