Warum verzögerte sich der Start in Spa?
Schon am Samstag ging vor dem Qualifying die Sorge vor dem Regen im Fahrerlager um. Die Meteorologen hatten Niederschlag am Mittag angekündigt. Eine halbe Stunde vor dem Start öffnete der Himmel seine Schleusen und setzte die Strecke unter Wasser. Zwar fuhr man pünktlich um 15 Uhr los, aber es war nur eine Runde hinter dem Safety-Car. Doch nach nur wenigen Sekunden verhängte die Rennleitung die rote Flagge. Viele Piloten hatten sich über die Sicht beschwert. 80 Minuten musste gewartet werden, ehe es zu Rennaction in den Ardennen kam.
Das Motto hieß: keinerlei Risiko. Ferrari-Teamchef Frédéric Vasseur hatte eine klare Meinung: "Es ist gut, dass es die Helmkameras gibt. Dann bekommen alle mit, dass die Fahrer absolut nichts sehen." Sein McLaren-Pendant Andrea Stella sah es ähnlich. "Die Rennleitung hat das weise geregelt. Lieber geht man hier vorsichtiger vor. Hier ist es mit der Sicht wirklich gefährlich." Der Italiener spielte damit auf den Teil nach der Eau Rouge bis Raidillon an. Hier wirbeln die Autos so viel Gischt auf, dass man im Blindflug fährt. Sobald sich jemand dreht, kann er von einem anderen Auto bei hohem Tempo getroffen werden.
Anderer Meinung war man bei Red Bull: "Nach drei, vier Runden hinter dem Safety-Car hätte man das stehende Wasser von der Strecke gefahren. Dann wäre die Gischt kein Problem mehr gewesen. Die Rennleitung war zu vorsichtig", ärgerte sich Sportchef Helmut Marko.
Max Verstappen stellte die Sinnfrage: "Wir hätten früher losfahren können, eine Stunde früher. Es ruiniert einfach ein schönes, klassisches Regenrennen. Also entweder drängen wir immer noch auf ein Regenrennen oder wir hören einfach auf, im Regen zu fahren und warten, bis es trocken ist."

Oscar Piastri presste sich in Runde 5 an Lando Norris vorbei und siegte in Spa.
Wie schnappte sich Piastri nach dem Start Norris?
Nach vier Runden hinter dem Safety-Car gab die Rennleitung per fliegendem Start die restlichen 40 Umläufe frei. Oscar Piastri hatte sich ans Getriebe seines Teamkollegen Lando Norris geheftet und schnappte sich seinen WM-Widersacher vor Les Combes auf der Innenbahn. Es war der entscheidende Move des Rennens. Auf der noch feuchten Bahn schwamm er sich frei und kontrollierte die Pace, bis er in Runde 12 vom abgekauten Intermediate-Reifen auf den Medium-Gummi wechselte.
Norris hingegen nahm den C1 für den zweiten Stint mit. Der Engländer stoppte eine Runde später, aber weil es vorne links klemmte und die Strecke bereits zu trocken war, kam er mit einem Rückstand von 10 Sekunden zurück auf die Strecke. "Eigentlich hatte ich gedacht, dass die Wahl von Lando besser war und er im Laufe des Rennens aufschließen sollte. Aber Oscar hat den Medium super gemanagt. Lando hätte ihn nicht überholt", war sich Stella sicher.
Sieger Piastri bilanzierte: "Ich wusste, dass ich in der ersten Runde wahrscheinlich die beste Chance haben würde, das Rennen zu gewinnen." Nach der Qualifikation hatte der WM-Leader noch geunkt, dass P2 in Spa vermutlich besser sein würde beim Start statt die Pole-Position. Der Windschatten-Effekt ohne DRS ist groß genug, um zu attackieren. Mit 16 Punkten Vorsprung reist der Spa-Triumphator nun zum nächsten GP nach Ungarn.

Max Verstappen bis sich die Zähne an Charles Leclerc aus.
Weshalb reichte es für Verstappen nur zu P4?
Von allen wurde Max Verstappen nach dem Sprint-Erfolg noch gefeiert, im Rennen landete der Weltmeister nur auf Platz 4 in seinem Red Bull. Die Ingenieure hatten vor dem Qualifying viel Abtrieb auf den RB21 gepackt. Damit wollte man im Regen die McLaren abgrätschen. Noch vor dem Rennbeginn lächelte Helmut Marko als es regnete. Doch die Verzögerung durchkreuzte die Pläne. Verstappen hing auf feuchter Piste zu Rennbeginn Charles Leclerc im Heck. Einen Weg fand er aber nicht vorbei. Der Top-Speed-Vorteil des Ferraris war massiv auf den Geraden und in den Kurven schaffte es Leclerc artistisch den schnelleren Red Bull hinter sich zu halten.
In Runde 12 stoppten die beiden parallel und als die Strecke völlig trocken war, konnte Leclerc sich etwas Luft verschaffen. Zwar schimpfte man über die vorsichtige Haltung der Rennleitung, weil man im Regen sich mehr ausgerechnet hatte, doch Verstappen hatte sich selbst in die Lage gebracht. Im letzten Teil der Qualifikation bekam der 27-Jährige keine saubere Runde zusammen, sonst wäre er vor Leclerc in den GP gestartet.
Ob das mit einer längeren nassen Strecke für einen Sieg gegen die McLaren gereicht hätte? "Das wäre schwierig geworden. Die waren schon sehr schnell", gab auch Marko zu. Etwas Zuversicht geben aber die Updates. Der neue Frontflügel und Seitenkästen sowie die veränderte Kühleinlässe und Bremshutzen am Heck zeigten ihre Wirkung. "In Budapest kommt dann nochmal etwas", versprach Marko.

Wie in alten Zeiten arbeitete sich Lewis Hamilton durch das Feld und wurde Siebter.
Hätte Hamilton auf das Podium fahren können?
"Ein Wochenende zum Vergessen", nannte Lewis Hamilton seinen Auftritt in Spa. Der Vorjahressieger zeigte bis zum Rennsonntag eine bescheidene Performance. Nach dem Aus in Q1 baute Ferrari das Setup um, veränderte die neue Hinterachse und verpasste dem Engländer ein frisches Aggregat. Deshalb startete er aus der Box. Als das Rennen freigegeben war, präsentierte sich der Rekordsieger wie zu besten Zeiten. In der Anfangsphase pflügte der Ferrari-Mann durch das Feld und schob sich von P18 bis auf Rang 13 vor.
Dann beorderte man ihn an die Box und gab ihm in Runde 11 den Medium-Reifen mit auf den Weg. Dank des guten Calls der Strategen spülte es den 40-Jährigen bis auf Platz 7 nach vorne. Dann war der Vorwärtsdrang jedoch gestoppt. Teamchef Frédéric Vasseur erklärte, weshalb: "Lewis hatte viel Abtrieb auf dem Auto. Trotzdem konnte er bis zum Schluss mit Albon kämpfen, der mehr Top-Speed hatte."
Hamilton war hinter dem Williams-Piloten gefangen. Der Speed für mehr war da. Als alle gestoppt hatten, war er unweit des Drittplatzierten Leclerc gelegen. Hätten die Spitzenfahrer eine Runde länger gewartet, wäre das Podest möglich gewesen. So musste sich Hamilton mit P7 begnügen. "Die Änderungen haben sich bezahlt gemacht. Aber ich muss sicherstellen, dass ich in Ungarn von Anfang an besser bin." Vasseur lobte ihn: "Lewis hat heute einen großartigen Job gemacht." Das konnte er ebenfalls über Leclerc sagen. "Bei Charles haben wir auf ein Low-Downforce-Setup gesetzt. Das ist aufgegangen", freute sich der Franzose über die Podest-Fahrt.

Mehr als P5 von George Russell war in Spa für Mercedes nicht drin.
Was war bei Mercedes in Spa los?
Letztes Jahr flogen die Silberpfeile noch in Spa den Gegnern davon, dieses Mal war P5 von George Russell das höchste der Gefühle. In der Qualifikation hatte man trotz der Wettervorhersagen auf wenig Abtrieb gesetzt. Glück hatte man, dass nur die Anfangsphase nass war. "Mehr als Platz 5 war nicht drin. Wenn man schaut, dass wir fast eine Sekunde pro Runde verloren haben, ist das schon enttäuschend", sagte ein Insider des Teams. Bei Andrea Kimi Antonelli hatte man nichts zu verlieren und holte den Italiener zwei Mal an die Box und landete auf P16. Mercedes steht aktuell im Wald.

Nico Hülkenberg ließ im Laufe des Rennens Gabriel Bortoleto vorbei, der zwei Punkte für Sauber holte.
Wieso stoppte Hülkenberg doppelt?
Nach dem dritten Platz in Silverstone musste Nico Hülkenberg dieses Mal ohne Punkte heimfahren. "Meine Vorderreifen waren im Eimer", klagte der Deutsche. Von hinten drückte sein Teamkollege Gabriel Bortoleto. Der Brasilianer forderte am Funk einen Platztausch ein.
Sauber sah den Pace-Vorteil des Rookies und wies Hülkenberg an, den Brasilianer vorbeizulassen. Der Routinier gehorchte. Bortoleto bedankte sich und fuhr auf den neunten Platz. Hülkenberg stoppte wegen der abgefressenen Gummis noch einmal und schaffte es am Ende noch auf den zwölften Rang.