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F1 Reise- und Frachtkosten
Der teuerste Kalender aller Zeiten

Für die Saison 2023 hat die Formel 1 einen Rekordkalender zusammengestellt. Themen wie Kosteneffizienz, Arbeitsbelastung, Menschenrechte oder Klimaschutz spielten bei der Planung offenbar keine Rolle.

Formel 1 Luftfracht - GP Mexiko
Foto: GP Mexiko

Die Vergabe der Fußball-WM an das Königreich Katar sorgte weltweit für einen großen Aufschrei. Dass die Formel 1 schon seit Jahren in autokratischen Staaten fährt, wird dagegen scheinbar klaglos hingenommen. Geld regiert die Grand-Prix-Welt. Da ist man kein Deut besser als die FIFA.

Bahrain, Saudi-Arabien, Aserbaidschan, Ungarn, Abu Dhabi oder eben Katar – auch im F1-Kalender für 2023 sind wieder jede Menge Länder vertreten, die im internationalen Ranking bei Menschenrechten und Pressefreiheit ganz weit hinten stehen. Und wäre Russland nicht blöderweise in die Ukraine einmarschiert, hätten sich die Rechteinhaber wohl gerne auch noch etwas länger die rund 50 Millionen Euro Antrittsgebühren aus Putins Staats-Schatulle auszahlen lassen.

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In der kommenden Saison gehen wohl auch noch die 45 Millionen Euro aus China flöten. Die Formel 1 machte schon in den letzten drei Jahren einen großen Bogen um das Mutterland des Corona-Virus. Am 2. Dezember wurde erneut die Absage verkündet. Die strenge Null-Covid-Politik machte die Durchführung unmöglich. Nachdem sich das Land zuletzt aber plötzlich wieder öffnete, versuchen die Veranstalter die Entscheidung nun aber noch einmal rückgängig zu machen.

Die Teams würden sich den Fernost-Ausflug sicher gerne sparen. Was die Reise- und Frachtkosten angeht, müssen sie auch so schon tief in die Tasche greifen. Die Logistik-Verantwortlichen erwarten einen Anstieg von bis zu 40 Prozent in diesem Bereich. Der starke Dollar, die hohe Inflation und Kerosinzuschläge treiben die Preise in die Höhe.

Guanyu Zhou - Sauber - Alfa Romeo - F1 2022
Sauber
Die Verschiffung des Formel-1-Equipments wird 2023 deutlich teurer.

Formel-1-Boom erhöht Kosten

Dazu kommt noch der weltweite Formel-1-Boom, der für volle Tribünen und ausgebuchte Hotels sorgt. Konnte man während der Corona-Krise noch überall zum Schnäppchenpreis logieren, ziehen die Preise nun massiv an. "Nehmen wir England als Beispiel. Da bezahlen wir von einem aufs andere Jahr 25 Prozent mehr", rechnet Sauber-Sportdirektor Beat Zehnder vor. "Es wird überall schwieriger. Austin ist für 2023 schon komplett ausgebucht. Wir haben versucht, in unserem Hotel noch zehn Zimmer zusätzlich zu buchen. Keine Chance. Alles schon blockiert."

Laut Zehnder besteht ein weiteres Problem darin, dass sich der Flugverkehr nach Corona immer noch nicht wieder normalisiert hat. Es sind längst nicht wieder alle Verbindungen in Betrieb. "Wir haben zum Beispiel Probleme, die Leute von Melbourne zurückzuholen. Noch bevor das Datum bekannt gegeben wurde, waren alle Flüge am Tag nach dem Rennen ausgebucht. Und wenn es noch freie Plätze gibt, muss man oft das Doppelte von früher bezahlen."

Die Ansetzung der Rennen treibt die Ausgaben ebenfalls in die Höhe. Eigentlich hatte Formel-1-Chef Stefano Domenicali den Teams versprochen, mehr darauf zu achten, dass Rennen regional zusammengespannt werden. Doch das waren offenbar nur leere Worte. "Viel teurer hätte man den Kalender wohl nicht zusammenstellen können", schimpft Zehnder.

Der Ärger fängt schon zu Beginn des Jahres an. Zwischen den ersten fünf Rennen liegen jeweils zwei Wochen. Wird China wie angekündigt ersatzlos gestrichen, entsteht sogar eine Vierwochen-Lücke. Die Teams müssen somit zwischendurch immer wieder nach Hause fliegen. Dabei hätte man Bahrain und Jeddah perfekt verknüpfen können. Auch auf der Reise nach oder von Melbourne hätten sich Zwischenstopps in Asien oder der Golfregion angeboten.

Dann folgt ein Doppelschlag in Baku und Miami, der logistisch nicht viel Sinn ergibt, weil es von den Fabriken in Europa einmal nach Osten und einmal nach Westen geht. Generell ist der Plan vorne sehr luftig und hinten sehr eng gestrickt. Das hätte man ausgeglichener gestalten können.

Beat Zehnder - Sauber - Alfa Romeo - F1 2022
Sauber
Sportdirektor Beat Zehnder ist bei Sauber für die Logistik verantwortlich.

Ungeliebte Triple-Header

Zwei Mal haben die Planer drei Rennen an drei Wochenenden hintereinander zusammengepackt. Bei den Teams kommen die sogenannten Triple-Header nicht gut an: "Für unsere Mechaniker ist das extrem anstrengend", erklärt Aston-Martin-Teammanager Andy Stevenson. "Wenn es ins dritte Rennen in Folge geht, kann man nicht die gleiche Leistung erwarten wie beim ersten. Vor allem am Ende der Saison gehen alle auf dem Zahnfleisch."

Im Endspurt des Jahres 2023 werden mit Austin, Mexiko und São Paulo drei Amerika-Rennen zusammengespannt. Laut Zehnder ist das Ganze nicht nur anstrengend, sondern auch logistisch problematisch: "Das haben wir schon 2021 gesehen, als Nebel in Mexiko den engen Zeitplan durcheinandergebracht hat. Das ist dort immer eine Gefahr. Außerdem liegt Mexiko so hoch, dass du die Flugzeuge nicht ganz vollpacken kannst. Es ist eine logistische Herausforderung."

Entschärft wird die Situation nur dadurch etwas, dass die Mechaniker die Autos am Ende des Jahres gut kennen. Bei der verspäteten Landung in São Paulo in der Saison 2021 war das Technik-Puzzle in einer halben Nachtschicht zusammengefügt. Beim ersten Dreierpack des Jahres dürfte das Ganze noch nicht so schnell klappen. Ende Mai reist der F1-Zirkus von Imola über Monte Carlo nach Barcelona. Im Gepäck haben die Teams dabei auch die großen Motorhomes.

Zehnder erklärt, wo die besondere Herausforderung liegt: "Wir sind in der Vergangenheit schon in einer Woche von Barcelona nach Monaco gereist, aber die Fahrt von Imola ist ein gutes Stück länger. Dazu sind der Auf- und der Abbau in Monaco immer mit Chaos verbunden. Der Europa-Triple-Header ist deshalb für mich schlimmer als der in Amerika. Das bereitet mir richtig Sorgen."

Formel 1 - Fracht - Container - Logistik
Motorsport Images
Durch den wachsenden Kalender benötigen die meisten Teams 2023 mehr Seefracht-Kits.

Teams schnüren sechstes Paket

Die Teams ärgert vor allem, dass sie bei der Kalenderplanung nicht gefragt und Bedenken nicht gehört wurden. Es geht nur ums Geld. Wenn ein Veranstalter entsprechend zahlt, kann er auch den Termin bestimmen. Laut Zehnder fliege man dadurch unnötig in der Weltgeschichte herum. Beim Blick auf das alleinstehende Rennen in Montreal mitten in der Europa-Saison kann das Sauber-Urgestein nur den Kopf schütteln: "Das sind die mit Abstand teuersten Cargo-Flüge des Jahres. Da bezahlen wir fast eine Million nur an Frachtkosten."

Weil die Tarife für Luftfracht extrem gestiegen sind und voll ins Budget Cap eingerechnet werden, haben viele Teams begonnen, immer mehr Teile, wie zum Beispiel die Kommandostände, günstiger mit dem Schiff auf die Reise zu schicken. Das Problem dabei: Alles, was zur Seefracht gehört, muss wegen der langen Transportwege in mehrfacher Ausführung angeschafft werden. Hatten die Rennställe früher noch fünf Equipment-Kits während einer Saison im Umlauf, zwingt der Rekordkalender 2023 die meisten Teams nun dazu, ein sechstes Paket zu schnüren.

Rechnet man alle ursprünglich geplanten Distanzen zwischen den GP-Orten zusammen – ohne Rückreise in die Fabriken –, kommt man auf den Rekordwert von 133.570 Kilometern. Damit wird auch der Weg zur angekündigten CO2-Neutralität im Jahr 2030 immer länger. Die Klimabilanz scheint aktuell noch keine Priorität zu besitzen.

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