Vor zwölf Monaten begann für Charles Leclerc und Ferrari in Monaco die große Aufholjagd. Der Lokalmatador konnte sein Heimrennen zum ersten Mal überhaupt gewinnen. Es war gleichzeitig auch der erste Saisonsieg für die Scuderia-Speerspitze. Am Ende des Jahres fehlten dem Team aus Maranello nur 14 Punkte zum Konstrukteurspokal.
Eigentlich hatten die Tifosi erwartet, dass sich der Aufwärtstrend diese Saison fortsetzen würde. Doch in den ersten sieben Rennen des Jahres gab es mehr Enttäuschungen als Erfolge. McLaren ist in der Team-Wertung bereits weit enteilt. Und auch im Fahrerklassement ist für die Ferrari-Piloten nicht mehr viel zu holen.
Da kommt das Heimspiel für Leclerc genau richtig: "Ich habe das letzte Jahr noch gut in Erinnerung. Als ich heute ins Fahrerlager gekommen bin, sind mir noch einmal die Bilder des Sieges durch den Kopf gegangen. Das war ein ganz besonderer Moment für mich", strahlte der Monegasse beim Auftritt in der offiziellen FIA-Pressekonferenz (22.5.).

Mit einem Sprung ins Hafenbecken feierte Charles Leclerc den Heimsieg 2024.
Schwäche in langsamen Kurven
Letztes Jahr konnte der Ferrari-Pilot das komplette Rennwochenende dominieren. Dieses Jahr sind die Aussichten deutlich trüber: "Unser Auto ist leider nicht besonders stark in langsamen Kurven. Und hier in Monaco gibt es leider nur langsame Kurven. Auf dem Papier sieht es also nicht sehr vielversprechend für uns aus", dämpfte der Pilot die Erwartungen.
Die Ingenieure haben aber noch eine leise Hoffnung, dass man das Auto vielleicht doch noch in die Spur bekommt, wie Leclerc erklärte: "Wir werden das Auto komplett auf die langsamen Kurven abstimmen. Auf den meisten anderen Strecken ist immer ein Kompromiss zwischen schnellen und langsamen Kurven nötig. Ich hoffe, dass wir damit eine neue Seite unseres Autos entdecken, die wir bisher in der Saison noch nicht gesehen haben."
Monaco ist eine Strecke, die nicht mit den anderen Kursen im Kalender vergleichbar ist. Leclerc versucht weiter Optimismus zu verströmen, dass es vielleicht doch mit einer Überraschung klappt. Außerdem kommt es in Monaco mehr auf den Fahrer an als auf anderen Strecken: "Man muss immer an sich selbst glauben. Auf Stadtkursen lief es für mich in der Vergangenheit überdurchschnittlich gut. Wir haben auf jeden Fall eine Chance", spricht sich Leclerc Mut zu.

Erwacht der SF-25 in Monaco plötzlich zum Leben?
Upgrades in der Pipeline
In den letzten Rennen hat sich der Ferrari SF-25 immer wieder als Wundertüte präsentiert. Neben den Problemen in langsamen Kurven fiel vor allem die chronische Qualifying-Schwäche auf. Schlechte Startplätze können sich Leclerc und Hamilton in Monaco nicht erlauben. Eine Aufholjagd, wie zuletzt in Imola gesehen, ist in den engen Gassen des Fürstentums nicht möglich.
Hamilton spornte seine Ingenieure an: "Wir müssen die Reifen einfach besser zum Arbeiten bekommen. Ich habe da auch schon ein paar Ideen, die Ingenieure haben Ideen. Ein paar davon wollen wir schon dieses Wochenende ausprobieren. Ich weiß, dass es nicht die optimale Strecke ist, um Antworten zu finden. Aber das Qualifying ist hier so wichtig. Wir müssen unbedingt einen Schritt nach vorne machen."
Auf die Frage, wie man das Auto wieder in die Spur bekommt, hatte Leclerc auch keine Antwort: "Ich würde auch gerne wissen, was mit diesem Auto falsch läuft. Wir haben noch ein paar Upgrades in der Pipeline. Ich kann aber noch nicht über den Zeitplan sprechen, weil sich der ständig ändert. Ich hoffe, dass es reicht, die Lücke zu schließen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob wir auch um Siege kämpfen können."

Viel Hoffnung hat auch Leclerc nicht, dass Ferrari in dieser Saison noch einmal angreifen kann.
Profitiert Ferrari von Frontflügel-Regeln?
Eigentlich kann Ferrari die Saison schon abschreiben. Mit der großen Regelreform in der kommenden Saison bietet sich die große Chance, den Rückstand in einem Schwung aufzuholen. Leclerc will mit dem Switch aber noch etwas warten: "Es ist noch ziemlich früh in der Saison. Wir wollen jetzt definitiv noch nicht aufgeben. Letztes Jahr hat man gesehen, dass sich noch einmal alles änderte, als McLaren seine großen Upgrades gebracht hat."
Die letzte Hoffnung des Vorjahresdritten liegt im Rennen von Barcelona. Dann führt die FIA strengere Belastungstests bei den Frontflügeln ein. Dann soll es vorbei sein mit dem Flexiwings-Zauber einiger Teams.
"Barcelona wird eine wichtige Standortbestimmung. Die Regeländerung wird einen Effekt auf alle Autos haben", glaubt Leclerc. "Wir müssen mal abwarten, ob wir davon profitieren oder nicht. Ich denke eigentlich, dass wir davon nicht zu sehr betroffen sein sollten. Wenn es die anderen mehr trifft, können wir die Lücke vielleicht etwas verkleinern. Ich glaube aber nicht, dass es ein Game-Changer wird, der das Kräfteverhältnis komplett ändert."
Wenn auch Barcelona nicht die große Wende bringt, müssen die Ferrari-Verantwortlichen laut Leclerc in sich gehen. "Dann muss Fred (Vasseur) die Entscheidung treffen, ob es nicht an der Zeit ist, sich komplett auf die kommende Saison vorzubereiten. Da wird es für alle super wichtig sein, gut zu starten."