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Ferraris neue Wunderwaffe
Der Trick mit dem absenkenden Heck

Red Bull hat das System erfunden, andere haben es jetzt perfektioniert. Ab einem bestimmten Anpressdruck wird das Heck bis zum Strömungsabriss abgesenkt. Wir erklären, wie der Trick funktioniert und was er bringt.

Ferrari - F1-Technik - Heck - GP Emilia-Romagna - Imola - 2024
Foto: xpb

Eine aktive Aufhängung ist der Traum jedes Aerodynamikers. Sie hält das Fahrzeug über computergesteuerte hydraulische Stellglieder immer in der aerodynamisch günstigsten Position. So wurden Anfang der 90er Jahre Windkanalverhältnisse auf die Rennstrecke übertragen. Doch aktive Fahrwerke sind seit 1994 verboten.

Der nächste Schritt in diese Richtung war das sogenannte "FRIC". Die Abkürzung stand für "Front and rear interconnected suspension". Die einzelnen Dämpferelemente waren dabei über Hydraulikleitungen verbunden. Ein Ausgleich untereinander hatte zum Ziel, die Nick- und Rollbewegungen des Fahrzeugs bei Lastwechseln oder in Kurvenfahrt zu minimieren. FRIC kam im Laufe der Saison 2014 auf den Index.

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Strikte Technik-Regeln beim Fahrwerk

In den Jahren danach haben die Ingenieure versucht, die hydraulischen Dämpfer- und Federelemente je nach Krafteinleitung variabel auszulegen. Sie konnten jedoch nicht mehr miteinander vernetzt werden. Es reichte aber, das Heck ab einer vorher bestimmten Last so weit abzusenken, dass es zu einem Strömungsabriss im Diffusor kam. Das reduzierte den Luftwiderstand und erhöhte den Top-Speed.

Mit Einführung der Groundeffect-Autos schob die FIA dieser Praxis einen weiteren Riegel vor. Seit 2022 sind nur noch konventionelle Fahrwerke erlaubt. Sprich Tellerfedern, Schraubenfedern oder Drehstabfedern. Das machte die Entwicklung einer progressiven oder degressiven Federung noch komplizierter.

Red Bull schaffte es dennoch, schon im ersten Jahr der neuen Fahrzeuggeneration das Heck auf den Geraden gezielt abzusenken. Das resultierte in einem zum Teil dramatischen Topspeed-Vorteil. Darauf war auch der ganze DRS-Effekt ausgerichtet. Das System von Heckflügel, Beam-Wing und Diffusor verlor ab einer bestimmten Fahrzeughöhe und Anströmung deutlich an Abtrieb und Luftwiderstand.

Ferrari - Formel 1 - GP Bahrain - 28. Februar 2024
ams

Ferrari und Mercedes haben für die Saison 2024 neue Hinterrad-Aufhängungen entwickelt. Statt Tellerfedern sind jetzt Torsionsstäbe zur Dämpfung verbaut.

Umstieg auf Drehstabfedern

Erst im dritten Jahr reagierte die Konkurrenz. Ferrari, Mercedes, Haas und Toro Rosso haben nun ähnliche Systeme. Das von Ferrari soll sogar besser sein als das Original. Toro Rosso profitierte schon im letzten Saisondrittel 2023 davon, als man die 2023er-Hinterachse von Red Bull übernahm. Haas nutzt seit dem GP Miami die Ferrari-Technik.

Zunächst einmal stellten die genannten Teams von ihren altertümlichen Tellerfedern auf Torsionsstäbe um. Sie sind deutlich besser zu dosieren als die Ansammlung von Ringschalen. Die Feinjustierung der Fahrzeughöhe im Fahrbetrieb ist bei Groundeffect-Autos ein entscheidender Faktor. "Wir reden hier beim Setup über Unterschiede von einem halben Millimeter", berichtet ein Teamchef.

Früher wurde das Heck auf eine Bodenfreiheit zwischen 140 und 180 Millimeter eingestellt. Das hatte zur Folge, dass das Auto über eine Runde etwa 100 Millimeter Bewegungsfreiheit hatte. Davon entfielen rund 80 Millimeter auf den Federweg über die Aufhängung, der Rest auf die Reifen. Heute liegen die Autos im Stand an der Hinterachse zwischen 60 und 70 Millimeter über Grund. Die Federung über die Reifen ist mit den 18-Zoll-Felgen deutlich geringer. Es gibt also deutlich weniger Spielraum.

George Russell - Mercedes - GP Emilia-Romagna 2024 - Imola - Formel 1 - Qualifying - 18. Mai 2024
xpb

Dank Absenkvorrichtung können die Autos höher abgestimmt werden. Das bringt mehr mechanischen Grip in langsamen Kurven und für die Traktion.

Vorteil auch in langsamen Kurven

Inzwischen geht es nicht mehr nur darum, sich ein wenig mehr Top-Speed zu erkaufen. Die Systeme werden immer ausgereifter und erlauben eine Optimierung der Bodenfreiheit im Heck in bestimmten Geschwindigkeitsbereichen. Der Top-Speed-Gewinn ist nur einer von mehreren Vorteilen.

Weitaus gewinnbringender sind die Auswirkungen in den anderen Bereichen. Wer die Technik richtig beherrscht, kann das Fahrwerk so einstellen, dass das Heck in langsamen und mittelschnellen Kurven relativ hoch steht und damit Spielraum hat, Randsteine und Unebenheiten einigermaßen sanft wegzufedern.

Bei steigender Geschwindigkeit und Anpressdruck bleibt die Bodenfreiheit bei einem vorher bestimmten Minimum stehen, um dadurch den optimalen Abtrieb für schnelle Kurven zu bekommen. Erst bei maximaler Last auf den Geraden geht die Aufhängung auf Block und es kommt zum Strömungsabriss.

Die Stufen, ab welchem Zeitpunkt wie weit abgesenkt wird, müssen vor Fahrtantritt eingestellt werden. Die dazu nötige Technik kostet ein paar Kilogramm, zahlt sich aber aus. Ferrari hat sein Fahrwerk im Vergleich zum Vorjahr perfektioniert. Kein anderes Auto schluckt Bodenwellen und Randsteine so gut wie der SF-24 und ist in schnellen Kurven trotzdem noch konkurrenzfähig.

McLaren, Aston Martin, Williams, Sauber und Alpine sind noch konventionell unterwegs oder sie tüfteln gerade an Dämpfern und Federn herum, deren Steifigkeit sich besser variieren lässt. McLaren-Teamchef Andrea Stella traut dem Frieden nicht: "Wir haben keine explizite Absenkvorrichtung. Das kann bei niedriger Bodenfreiheit kritisch werden. Da hast du schnell mal Abtriebsverlust an Stellen, wo du es nicht willst."

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