MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"24229329","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}
MISSING :: ads.vgWort
{"irCurrentContainer":"24229329","configName":"ads.vgWort"}

Stillstand im Entwicklungswettlauf
Upgrades ohne Wirkung?

Die Teams entwickeln ihre Autos im Akkord, doch das Kräfteverhältnis bleibt annähernd gleich. Haas geizt mit Upgrades, fährt aber besser als zu Saisonbeginn. Sind die neuen Autos immun gegen Verbesserung?

Aston Martin - Upgrade - B-Version - 2022
Foto: xpb

Jedes Wochenende erleben wir das gleiche Bild. Ferrari und Red Bull streiten sich um Siege, Pole-Positions und schnellste Runden. Es geht um Hundertstelsekunden. Mal hat der eine die Nase vorn, mal der andere. Oft entscheidet die Fahrzeugabstimmung. Oder der Reifenverschleiß. Oder die Strategie. Ferrari ist in Imola und Miami in die Reifenfalle gelaufen, Red Bull in Montreal und in Spielberg.

Beide Teams haben ihre Autos seit dem Saisonbeginn aufgerüstet. Red Bull eine Spur aggressiver als Ferrari. Doch keiner der beiden konnte bisher für sich einen entscheidenden Vorteil verbuchen. Red Bull und Ferrari neutralisieren sich in ihren Bemühungen ihre Autos schneller zu machen oder ihre Schwächen abzustellen.

Unsere Highlights

Den Stillstand dokumentiert am besten der Vergleich zu 2021. In Bahrain waren die 2022er Autos pro Kilometer 0,303 Sekunden langsamer als ihre Vorgänger. In Spielberg betrug das Delta immer noch 0,293 Sekunden. Dabei lief die Entwicklung im letzten Jahr des alten Reglements eher auf Schmalspur.

Red Bull Vergleich - Bahrain Test 2022
xpb
Red Bull brachte bei den Tests in Bahrain ein größeres Seitenkasten-Upgrade, das seine Wirkung entfaltete. Seitdem geht nicht mehr viel voran.

Ferrari und Red Bull neutralisieren sich

Die "Show-and-Tell"-Termine der FIA sind eine gute Erfindung. So behält man einigermaßen den Überblick über die Aktivitäten der Aerodynamiker. Unter dem Strich lässt sich zu den beiden Top-Teams folgendes sagen: Red Bull bessert immer wieder am Unterboden nach, sucht dort mehr Abtrieb, ohne einen Preis beim Luftwiderstand zu bezahlen.

Ferraris Kosmetik betrifft eher die sichtbaren Teile. Zwei Mal schon wurde der Heckflügel auf mehr Effizienz getrimmt. Mit dem Erfolg, dass Red Bulls Top-Speed-Vorteil schwindet. Das gibt Ferrari mehr Freiheiten beim Setup, weil man nicht mehr bedingungslos Abtrieb opfern muss, um den Speednachteil auszugleichen, was Nachteile beim Reifenmanagement mit sich bringt.

Gleichzeitig versucht Red Bull das Arbeitsfenster des RB18 zu vergrößern und sein Auto kopflastiger zu machen. Max Verstappen wünscht sich eine Vorderachse, die zubeißt. So wie die von Ferrari. Doch diese Charakteristik birgt ihre Risiken. Sie führt auf manchen Strecken zu erhöhter Reifenabnutzung an der Hinterachse. So wie in Spielberg.

Ferrari hat lange gekämpft das abzustellen. Alpine musste das gleiche Problem lösen. Auch der A522 hat eine starke Vorderachse, bezahlte aber lange im Rennen mit Reifenproblemen dafür. Ferrari-Teamchef Mattia Binotto kommt zu dem Schluss: "Mit Upgrades sind nur kleine Fortschritte zu erzielen. Die Regeln sind zu restriktiv, und du bist in deinem Konzept gefangen."

Mercedes - Formel 1 - GP Spanien - Barcelona - 19. Mai 2022
Motorsport Images
Mercedes tauchte in Spanien mit neuen Teilen auf. Immerhin linderten die Upgrades das Bouncing-Problem.

Mercedes verkürzt den Rückstand

So statisch wie Red Bull und Ferrari alle zwei Wochen ihr Kopf-an-Kopf-Rennen an der Spitze inszenieren, so wenig Bewegung unter den Teams gibt es auch dahinter. Mercedes ist immer die dritte Kraft. Auch dann, wenn gar nichts läuft. Der Abstand zum Rest des Feldes ist einfach zu groß. So langsam robben sich die Silberpfeile aber an die Spitze heran. Der Rückstand pro Kilometer schrumpfte von 0,095 auf 0,043 Sekunden.

Mercedes verzichtete bei seiner Aufholjagd bisher auf spektakuläre Upgrades und blieb seinem Konzept treu. Die Modifikationen am Unterboden von Barcelona und Silverstone waren eher moderat. Die Ingenieure versuchten durch Experimente zu verstehen, warum die Autos bei hohen Geschwindigkeiten unter Bouncing litten.

Und als das endlich geklärt war, ging es darum, die Aerodynamik des W13 robuster zu machen. Wer nur auf topfebenen Rennstrecken schnell ist, wird nicht Weltmeister. Der Silberpfeil lernt jetzt auch Bodenwellen und Randsteine.

Mick Schumacher - GP Österreich 2022
Haas
Der Haas hat sich seit Saisonstart kaum verändert. Trotzdem wird das Auto immer schneller.

Verständnis ist der Schlüssel

Mercedes schickte seine Fahrer in der Lernphase mit unterschiedlichen Setups und Konfigurationen ins Rennen. Man probierte etwas aus und versuchte zu verstehen, was als Konsequenz passierte. Dem Windkanal traute man schon lange nicht mehr. In dem wäre der Mercedes längst Weltmeister. Doch was der versprach, kam auf der Rennstrecke nicht an.

Anderen Teams ging es genauso. Weil diese Groundeffect-Autos viel radikaler auf geringste Änderungen in der Bodenfreiheit reagieren als ihre Vorgänger. Jetzt ist Mercedes der finalen Lösung ganz dicht auf der Spur. Der entscheidende Schritt wird sein, totale Kontrolle über die Strömungsfelder zu bekommen, damit der W13 unter allen Betriebsbedingungen schnell ist.

Auch andere Teams machen immer mehr die Feststellung, dass Verständnis oder die richtige Fahrzeugabstimmung wichtiger sind als Upgrades. McLaren und Aston Martin stagnieren mit ihren großen Ausbaustufen von Barcelona. Die B-Version des Williams FW44 zeigt gute Ansätze. Allerdings war die Basis so schlecht, dass es nur besser werden konnte.

Stroll & Vettel -  Aston Martin - GP Spanien 2022
Aston Martin
Aston Martin hat schon zwei größere Pakete gebracht. Doch nach vorne ging nicht viel.

Kleine Schritte besser als große

Alpine macht es besser. Die Mannschaft um Pat Fry wirft zwar jedes Rennen neue Teile in die Schlacht, verzichtet aber auf den ganz großen Rundumschlag. Mal bedient man sich bei Red Bull, mal bei Ferrari. Die neuen Teile kommen Schritt für Schritt, so dass die Ingenieure Erfolg oder Misserfolg besser beurteilen können. Erst standen die Seitenkästen im Mittelpunkt, dann der Unterboden, die Motorabdeckung und schließlich der Heckflügel. Es sieht so aus, als stecke ein Plan dahinter.

Die Politik der kleinen Schritte brachte Alpine zurück an die Spitze des Mittelfeldes. Da war man schon mal bis zum vierten Rennen, stellte dann aber fest, dass die schönen Startplätze und Achtungserfolge am Samstag nichts bringen, wenn die Autos am Sonntag ihre Reifen fressen. Alpine ging in Klausur, gab im Zweifel etwas Speed auf eine Runde auf, um im Rennen nicht zu büßen. Seit Silverstone scheint der Knoten geplatzt. Das Reifenmanagement ist kein Schreckgespenst mehr.

McLaren hat sich durch den schlechten Saisonstart ein bisschen in die Irre führen lassen und dann unter Druck ein neues Paket entwickelt, das man durchaus als Konzeptwechsel deuten könnte. Weg von minimalen Seitenkästen im Stile von Mercedes, hin zu rampenförmigen Seitenteilen wie am Red Bull.

Aston Martin und Williams sind in der Mitte des Fahrzeuges den gleichen Weg gegangen. Ein Konkurrent stellt fest: "Keine der Red-Bull-Kopien hat bis jetzt funktioniert. Weil keiner so genau weiß, was Red Bull unter dem Auto macht, um die Strömung stabil zu halten. Es hilft nicht, einfach nur die Form der Seitenkästen nachzubauen."

Ferrari - Technik - GP Kanada 2022
ams
Ferrari ist durch effizientere Heckflügel konkurrenzfähiger in Sachen Top-Speed.

Fortschritt durch Stillhalten

McLaren ist trotz der Runderneuerung seines MCL36 auf seinen Problemen sitzen geblieben. Einer ineffizienten Aerodynamik, die in schlechten Top-Speeds resultiert. Einem nervösen Fahrverhalten auf Bodenwellen und Randsteinen. Problemen bei der Suche nach der perfekten Fahrzeugbalance. "Wir sind nicht konstant genug", kritisiert Teamchef Andreas Seidl, fügt aber hinzu: "Wir glauben an unser Barcelona-Upgrade, müssen es aber besser verstehen."

Es muss für viele Teams eine Ohrfeige sein, dass ausgerechnet Haas seit drei Rennen wieder groß in Fahrt kommt. Der VF-22 fährt immer noch in der gleichen Spezifikation wie beim Saisonstart in Bahrain. Und wird trotzdem immer besser. Haas verkürzte den Rückstand pro Kilometer auf die Spitze von 0,228 auf 0,141 Sekunden.

Teamchef Günther Steiner erklärt sich den Fortschritt nur so: "Wir werden immer sicherer, wie wir unser Auto abstimmen müssen." Kevin Magnussen ergänzt: "Die Ingenieure kennen das Auto immer besser. Das hat uns eine Zeitlang mehr Fortschritte gebracht als irgendein neues Teil. Jetzt aber werden die Landgewinne kleiner."

Beim GP Ungarn bekommt der Haas VF-22 endlich sein erstes und wahrscheinlich einziges Upgrade. Steiner spart mit Vorschusslorbeeren, weil er weiß, dass der Windkanal oft mehr verspricht als er halten kann. Gerade in diesem Jahr. "Die Ingenieure haben mir mehr als zwei Zehntel versprochen. Darunter hätten wir den Aufwand auch nicht betrieben."

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 21 / 2024

Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten