Charles Leclerc ausgebremst: Was stecke hinter dem mysteriösen Chassis-Problem?

Charles Leclerc künstlich ausgebremst
Was war das mysteriöse Chassis-Problem?

GP Ungarn 2025
Veröffentlicht am 05.08.2025

Das hatte man schon lange nicht mehr gesehen. Im ersten Stint dominierte Charles Leclerc. Der Ferrari-Pilot fuhr Oscar Piastri bis zum ersten Boxenstopp 2,5 Sekunden davon. Auch im zweiten Abschnitt stimmte die Marschroute noch. Leclerc führte in der 39. Runde mit 1,6 Sekunden vor Piastri, als er zum zweiten Boxenstopp abbog, um einen Undercut des McLaren-Piloten zu verhindern.

Bis zu diesem Moment sprach Teamchef Frédéric Vasseur von einer "realistischen Siegchance". Auch Leclerc träumte schon von der ersten vollen Punktzahl in dieser Saison. Doch plötzlich brachen seine Rundenzeiten ein. Leclerc fuhr nur noch mittlere 1.20er Zeiten. Er hätte mit den frischen harten Reifen mindestens eine Sekunde pro Runde schneller sein müssen. Insgesamt verlor er in 30 Runden noch 37 Sekunden auf Piastri.

Hinterher war das Rätselraten groß. Ferrari wollte oder konnte keine Antwort auf den mysteriösen Zeitverlust geben. "Irgendwas mit dem Chassis. Wir müssen untersuchen, was es war", wiegelte Teamchef Frédéric Vasseur ab. "Plötzlich war der Grip weg, und uns ging die Balance verloren." Der Franzose fügte noch hinzu: "Wir sind froh, dass wir überhaupt ins Ziel gekommen sind."

Charles Leclerc - Ferrari - Formel 1 - GP Ungarn 2025
Wilhelm

Leclerc-Funkspruch sorgt für Spekulationen

Das heizte die Spekulationen zusätzlich an, genauso wie Leclercs kryptischer Funkspruch in der Schlussphase des Rennens. "Das war der schlechteste Weg, dieses Problem zu lösen. Ich hätte es anders gemacht. So habt ihr mir ein Auto gegeben, das nicht mehr wettbewerbsfähig war."

Da wurden viele hellhörig. Drohte Leclerc vielleicht Ärger nach dem Rennen, weil sich die Befestigungsplatten des Unterbodens zu stark abgenutzt hatten? Lewis Hamilton war deshalb beim GP China disqualifiziert worden. Danach war Ferrari beim Einstellen der Bodenfreiheit im Heck vorsichtiger geworden. So opferte man hier und da Abtrieb, weil man höher fuhr als man wollte.

Es war auch nicht das erste Mal, dass Leclerc im zweiten Teil des Rennens langsamer wurde. In Imola und Spielberg musste er mit Rücksicht auf das Abnutzen der Bodenplatte mehr Lift & Coast betreiben als ihm lieb war, um das Aufsetzen des Autos bei hohen Geschwindigkeiten zu minimieren. "Die beiden Sachen haben mit dem Problem heute nichts zu tun", beteuerte Vasseur. "Damals haben wir zwei oder drei Zehntel pro Runde verloren, diesmal fast zwei Sekunden."

Charles Leclerc - Ferrari - Formel 1 - GP Ungarn 2025
xpb

Welche Rolle spielt die neue Hinterachse?

Mit Einführung der dritten Unterboden-Spezifikation in Spielberg und der neuen Hinterachse in Spa sollte diese Einschränkung eigentlich vom Tisch sein. Mehr Anti-Lift im Heck soll den Ingenieuren eigentlich helfen, die Fahrzeughöhe im gewünschten Bereich besser kontrollieren können.

Seltsam ist, dass sich die Misere gleich nach dem zweiten Boxenstopp von Leclerc einstellte. Das einzige, was da von außen am Fahrzeug geändert wird, sind die Frontflügeleinstellung und die Luftdrücke der Reifen. Am Frontflügel wurde tatsächlich die Anstellung verändert, wie das Video zeigt. "Da haben wir alles richtig gemacht", beharrt Vasseur.

Ein zu hoher Luftdruck würde dagegen zur veränderten Fahrdynamik des Ferrari mit der Startnummer 16 passen. Das kann versehentlich, aber auch absichtlich passiert sein. Zum Beispiel um die Fahrzeughöhe nach oben zu setzen, als Gegenmaßnahme für zu starkes Abschleifen der Schutzplanke.

Frédéric Vasseur - Ferrari - GP Kanada 2025 - Montreal - Formel 1
Mark Sutton via Getty Images

Vasseur zieht positives Fazit

Wenn Leclerc am Funk sagt, er hätte das Problem anders gelöst, muss er eine Vorahnung gehabt haben. Was auch immer es war, er hätte auch bei einer angepassten Fahrweise gegen die McLaren nicht gewonnen. Gegen die Papaya-Renner hat man nur eine Chance, wenn Auto und Fahrer top-fit sind. Vielleicht aber hätte Leclerc noch den dritten Platz gegen George Russell retten können.

Vasseur versuchte das Positive in einem Rennen zu sehen, bei der man als Erster gestartet ist, aber nur als Vierter ins Ziel kam. "Wir haben 40 Runden lang das Rennen kontrolliert. Sicher kam uns entgegen, dass Charles an der Spitze in sauberer Luft fahren konnte. Die Reifen sind trotz der schnellen Gangart nicht eingebrochen. Und wir hatten den Speed, uns nicht in einen frühen Boxenstopp zwingen zu lassen. Stattdessen hatten wir genug Luft, Piastris Undercut abzuwehren. Wir haben jetzt auf zwei unterschiedlichen Strecken gezeigt, dass wir vorne fahren können. Was uns noch fehlt, ist die Konstanz. McLaren ist immer und überall schnell."