Noch wird das Geheimnis um die Autos für die kommende Saison gut gehütet. Doch parallel läuft in den Fabriken der Formel 1 schon die Arbeit an den Modellen für das übernächste Jahr. Weil es sich um eine große Technik-Revolution handelt, kann es sich niemand leisten, zu spät mit der Entwicklung zu beginnen. Sowohl beim Antrieb als auch bei der Aerodynamik betreten die Ingenieure komplettes Neuland.
Die Power Units der nächsten F1-Generation laufen schon seit einigen Monaten auf den Prüfständen. Obwohl die MGU-H wegfällt, soll der Anteil der Elektro-Power am gesamten Energie-Output auf 50 Prozent steigen. Damit den Autos über die Distanz nicht der Saft ausgeht, müssen die 2026er-Rennwagen kleiner und leichter werden sowie deutlich weniger Luftwiderstand produzieren.
Die Regelexperten der FIA haben deshalb einen verstärkten DRS-Modus entworfen. Künftig dürfen die Piloten auf Knopfdruck nicht nur den Heckflügel hochklappen, sondern auch die Frontflügel-Flaps in eine flachere Stellung bringen. Damit das Hinterherfahren und das Attackieren leichter wird, sollen die Autos insgesamt weniger stark auf Verwirbelungen reagieren.

Erst seit dem 1. Januar sind Windkanal-Runs mit dem 2026er-Modell erlaubt.
Steile Lernkurve für 2026
Auch wenn ein Großteil des Abtriebs weiterhin über den Unterboden generiert wird, bleibt am Ende nicht mehr viel übrig, was die Ingenieure von den aktuellen Autos übernehmen und lernen können. Damit stehen die Techniker vor einem Dilemma. Die Frage lautet, wie lange sie die 2025er-Autos in der kommenden Saison noch weiterentwickeln wollen. Wer nichts zu verlieren hat, wird früh die Weichen auf 2026 stellen.
Damit keiner einen kompletten Frühstart hinlegt, hatten sich die Teams mit der FIA darauf geeinigt, dass die Aerodynamik-Entwicklung an den 2026er-Autos nicht vor dem 1. Januar 2025 beginnen durfte. Die Teams konnten zwar Testträger erstellen, um die Unterbringung der mechanischen Komponenten zu testen. In den Windkanal durften die 2026er-Modelle aber noch nicht. Und CFD-Runs waren ebenfalls verboten.
Mit dem Jahreswechsel fiel somit in allen zehn Fabriken der Startschuss für die große Aerodynamik-Offensive. Trotz Doppelprogramm mit den 2025er-Autos bekommen die Teams nicht mehr Budget und Entwicklungszeit zur Verfügung als sonst auch. Die sogenannten "Aerodynamic Testing Restrictions" (ATR) sehen vor, dass die starken Teams weniger Runs im Windkanal und in der CFD-Simulation durchführen dürfen als die schwachen. Das soll das Feld näher zusammenbringen.

Die FIA hat schon erste Renderings vorgestellt, wie das Formel-1-Autos 2026 aussehen könnte. Die Regelhüter versprechen mehr Action.
Alle Karten auf die Saison 2026?
Die großen Teams können es sich nicht so einfach leisten, die Saison 2025 vorzeitig abzuschreiben. Es gibt immerhin noch einen wertvollen WM-Titel zu gewinnen. Wer weiß schon, wie es 2026 läuft. Wer jetzt vorne dabei ist, will auch noch bis zum Ende des aktuellen Technik-Zyklus die Lorbeeren der Arbeit aus den letzten ernten – auch wenn das auf Kosten der nächsten Generation geht. Eine bessere Position in der WM bedeutet natürlich auch höhere Einnahmen.
In der Theorie sollte das alles helfen, dass die Hinterbänkler einen Schritt nach vorne machen. Doch ein großer Reglement-Wechsel birgt auch immer die Gefahr, dass einige wenige Teams schneller auf die richtigen Lösungen kommen als andere. Das zeigt auch der Blick in die Vergangenheit: Obwohl Red Bull 2021 bis zum Ende der Saison gegen Mercedes um den Titel kämpfte, ging man 2022 mit einem Vorsprung in die erste Saison der modernen Groundeffect-Ära.

Die Endplatten der Frontflügel sind im Vergleich zur aktuellen F1-Generation komplett neu gestaltet. Dazu gibt es neue Leitbleche seitlich am Unterboden.
Mehr Action mit neuen Autos
Wir können also nicht versprechen, dass sich am Ende alles auf den Kopf stellt. Aber die Karten werden auf jeden Fall neu gemischt. Was die Fans optisch von den neuen Autos erwarten können, ist noch nicht ganz klar. Alpine hat jetzt immerhin schon mal ein erstes Bild aus dem eigenen Windkanal auf seinen eigenen Social-Media-Kanälen veröffentlicht. Damit deuteten die Franzosen ihre Ambitionen an, 2026 wieder vorne mitmischen zu wollen.
Das Foto zeigt die deutlich weiter innen liegenden Endplatten am Frontflügel der neuen Autos. Restriktionen im Reglement sollen es den Teams erschweren, die Luft wie bisher außen an den Vorderrädern vorbeizuleiten. Diese Maßnahme soll die sogenannte Dirty Air hinter dem Auto verringern.
Zu sehen sind auf dem Foto auch zwei horizontale Leitbleche außen an der Frontflügel-Endplatte, wie sie heute nicht erlaubt wären. Mit ihnen sollen Turbulenzen beim dichten Hinterherfahren beruhigt werden. Ob das neue Konzept aufgeht, werden wir erst 2026 erfahren.