Auf den ersten Blick machen die Ergebnisse der Wintertestwoche von Bahrain Hoffnung auf eine etwas spannendere Saison. Doch die schnellsten Rundenzeiten geben leider nicht das ganze Bild wieder. Schon am Donnerstag sicherte sich Carlos Sainz den Platz an der Sonne nur dank der weichen C4-Reifen.
Charles Leclerc griff bei seinem schnellsten Run am Freitag (22.2.) ebenfalls auf die C4-Mischung zurück. Am Ende blieb die Uhr bei 1:30.322 Minuten stehen – also vier Zehntel hinter der Wochenbestzeit von Teamkollege Sainz.
Das zeigt, dass Ferrari bei der Spritmenge und den Motor-Einstellungen auch längst noch nicht am Limit unterwegs war. Red Bull rührte die rotmarkierten Gummis überhaupt nicht an. Auf dem mittelharten C3-Reifen fehlten Max Verstappen am Ende gut vier Zehntel zur Leclerc-Vorgabe.

Mercedes kann den hinteren Querlenker in der Höhe verschieben. Dieses Feature hat kein anderes Auto.
Zeitenjagd mit weichen Reifen
Man muss aber gar nicht lange mit dem Grip-Unterschied der verschiedenen Reifensorten herumrechnen, um zu sehen, dass Red Bull aktuell in einer eigenen Liga fährt. Am Nachmittag legte Verstappen mehrere Longruns auf den Asphalt, die in Sachen Tempo und Konstanz niemand mitgehen konnte. Die Bestzeiten überließ das Weltmeisterteam generös der Konkurrenz.
Am Ende schob sich auch noch George Russell mit dem C4-Reifen vor den Red Bull – nur 46 Tausendstel hinter Leclerc. Im Kampf der Red-Bull-Verfolger sieht sich Mercedes selbst aber noch nicht ganz auf Ferrari-Niveau – zumindest nicht auf einer schnellen Quali-Runde. Dafür packte der Silberpfeil am Freitag einen interessanten Technik-Trick aus. Der obere Querlenker der Vorderachse lässt sich in der Höhe verändern. Das verändert das Fahrverhalten in den Bremszonen.
Im Endspurt des Tages bei besten Streckenbedingungen übte auch Sauber noch einmal im Quali-Trimm mit wenig Sprit und weichen Reifen. Das brachte Guanyu Zhou ebenfalls von vor den Red Bull von Verstappen auf Rang drei. Hinter dem Red Bull waren der fünfte Platz von Yuki Tsunoda und der sechste Platz von Alex Albon wohl ebenfalls dem C4-Joker zu verdanken.

Fernando Alonso wurde letztes Jahr Dritter in Bahrain. Wie gut der aktuelle Aston Martin ist, lässt sich nur schwer einschätzen.
Norris wieder mit Technikpech
Oscar Piastri reihte sich hinter dem Williams auf Rang sieben ein – allerdings mit dem langsameren C3-Gummi. Bei McLaren lief am letzten Testtag wieder mal nicht alles rund. Lando Norris musste nach den Benzintank-Problemen am Vortag erneut auf die geplanten Longruns verzichten, weil die Kupplung zickte. Der Brite kam nur auf 20 Umläufe.
Fernando Alonso direkt dahinter hielt den Abstand auf die Tagesbestzeit ebenfalls unter einer Sekunde. Ob Aston Martin wie im Vorjahr in Bahrain ein Kandidat für das Podium ist, darf man aber bezweifeln. Nico Hülkenberg sorgte bei den Haas-Fans für einen Hoffnungsschimmer. Der Rheinländer raste auf Rang 11 – und das mit den C3-Reifen.
Etwas Sorge muss man um Alpine haben. Zwar setzen die Franzosen wie üblich vor allem auf Longruns mit den härteren Mischungen. Doch mit Rang 15 für Pierre Gasly und Platz 17 für Esteban Ocon konnte das Werksteam die kritischen Stimmen im Fahrerlager sicher nicht ruhigstellen, die Alpine am hinteren Ende des Feldes sehen.

Nico Hülkenberg und Kevin Magnussen brachten Haas die Kilometerkrone.
Haas gewinnt Distanzwertung
Beim Speed haben einige Teams noch Luft nach oben. Bei der Zuverlässigkeit sieht es dagegen in den meisten Fällen schon ordentlich aus. Bis auf das kleine Problem am Norris-McLaren spulten alle Teams im Finale fleißig Kilometer ab. Albon, der als einziger die Doppelschicht absolvierte, kam auf den Bestwert von 121 Runden. Haas gewann erneut die Distanzwertung mit 169 Runden durch Hülkenberg und Magnussen.
Wie schon am Vortag ging zwischenzeitlich etwas Trainingszeit verloren, weil wieder die Abdeckung der Drainage in Kurve 11 Probleme machte. Am Vormittag standen die Motoren 90 Minuten still, bis das Metallteil endlich festgeschweißt war.
Die Rennleitung entschied kurzerhand, die Pause ausfallen zu lassen. So fehlte am Ende nur eine halbe Stunde der ursprünglich eingeplanten Fahrzeit. Für das kommende Grand-Prix-Wochenende wird nun überlegt, die in den Boden eingelassene Regenrinne einfach mit Beton zu verfüllen, um eine Wiederholung des Ärgers zu verhindern.