Es war das beste Geschäft der Motorsportgeschichte. Ford legte 100.000 Pfund auf den Tisch und bekam dafür von Cosworth den erfolgreichsten Formel 1-Motor der Geschichte. Keith Duckworth und Mike Costin bauten einen V8-Motor mit 2.993 Kubikzentimeter Hubraum, 90 Grad Bankwinkel, vier Ventilen pro Zylinder mit Stirnradantrieb, kompakt und leicht und vor allem simpel. Der Vierventiler gab dem Motor auch seine Bezeichnung. DVF steht für Double Four Valve.
Der damalige Motorsportchef von Ford, Walter Hayes, fädelte den Jahrhundert-Deal ein. Als er mit seinem Plan in der Chefetage in Detroit aufschlug soll ihn Henry Ford II gefragt haben: „Und was soll uns dieser Motor Gutes tun?“ Hayes antwortete mit leisem Optimismus: „Er wird uns ein paar Grand Prix und meiner Meinung nach auch einen WM-Titel gewinnen.“ Es wurden 155 GP-Siege und 12 Weltmeisterschaften daraus.
100.000 Pfund für 155 GP-Siege
Am 1. März 1966 überwies Ford die ersten 25.000 Pfund an die Cosworth-Basis in Northampton. Die zweite Rate über 50.000 Pfund wurde am 1. Januar 1967 und damit fünf Monate vor dem ersten Renneinsatz bezahlt. Teil 3 über die restlichen 25.000 Pfund folgte am 1. Januar 1968.
Die ersten Exemplare des Cosworth DFV-Triebwerks kamen auf 400 PS und lagen damit nur wenig unter den besten Zwölfzylindern ihrer Zeit. Am Ende der ersten Saison waren es 410 PS bei 9.000/min. Jim Clark war von Anfang an begeistert: „Du startest mit einem Motor. Über 6.500/min glaubst du, dass ein zweiter Motor gezündet wird.“

Lotus hatte den Motor im ersten Jahr exklusiv. Das Triebwerk debütierte beim dritten Rennen des Jahres in Zandvoort zusammen mit dem neuen Lotus 49. Zum ersten Mal wurde der Motor als volltragendes Teil eingesetzt. Er war einfach mit vier Bolzen am Chassis befestigt und nahm seinerseits die Hinterradaufhängung auf. Das erhöhte die Verwindungssteifigkeit im Heck.
Es wurde ein Traumstart für die Revolution. Graham Hill fuhr auf die Pole Position, Jim Clark zum Sieg. Besser kann man eine Premiere nicht feiern. Graham Hill dominierte im Lotus 49-Cosworth das Training, Jim Clark das Rennen. Weil es für den Cosworth-V8 der erste Einsatz war, brachte Colin Chapman zur Sicherheit einen Lotus 43-B.R.M. mit nach Holland. Er blieb unangetastet im Lotus-Zelt stehen.
Cosworth DFV wird ein Kundenmotor
Man musste kein Hellseher sein, dass hier eine Kombination am Zusammenwachsen war, die schwer zu schlagen sein würde. Höchstens durch sich selbst. Und so kam es dann auch. 1967 wurde weder Jim Clark noch Graham Hill Weltmeister. Der Lotus 49-Cosworth war mit neun Pole Positions bei neun Einsätzen klar das schnellste Auto der Saison, aber nicht das beste. Jim Clark fiel in fünf der elf Rennen aus, Graham Hill in deren acht.
Die Schwachstelle des Cosworth-V8 waren das Ölsystem und der Stirnradsatz. Es kam bei bestimmten Drehzahlen zu Schwingungen, was sich auf die Steuerung der Nockenwellen auswirkte. Auch die Zündung machte immer wieder Ärger. Der Lotus 49 laborierte an vielen Aufhängungsschäden.
1968 fuhr Lotus die Ernte ein, obwohl Jim Clark zu Beginn des Jahres tödlich verunglückt war. Graham Hill entschied die WM in einem dramatischen Finale gegen Jackie Stewart auf Matra und Denis Hulme auf McLaren für sich. Alle drei fuhren mit Cosworth-Motoren. Das Exklusiv-Recht von Lotus auf den Wundermotor war erloschen. Ford-Visionär Walter Hayes erklärte Chapman: „Wenn wir weiter nur euch beliefern, zerstören wir den Sport. Wir müssen unseren Motor auch anderen Teams zugänglich machen.“ Man wünscht sich so viel Weitsicht auch heute.
V8 gegen die Zwölfzylinder
Für die Saison 1968 lieferte Cosworth bereits 22 Motoren an seine Kundschaft aus. Und die wurde immer größer. Motor Nummer 50 entstand noch vor Ende 1969. Bald hatten alle Autos mit Ausnahme von Ferrari, B.R.M. und Matra einen Cosworth-V8 im Heck. Bis 1985 baute die Motorenfabrik aus Northampton 516 DFV und 27 DFY-Motoren. Ab 1988 lebte der gute alte Cosworth als DFZ in einer 3,5-Liter-Version bis 1991 weiter.

Auf dem Papier hatte die Zwölfzylinder-Fraktion mehr Power, doch auf der Rennstrecke kam die Leistung entweder nicht an oder verpuffte in Rauch und Flammen. Der Cosworth-Achtzylinder war mittlerweile eine sichere Bank. Weil Cosworth mit der Wartung der Motoren von so vielen Kunden überfordert war, wurde der Service Schritt für Schritt an Tuner wie Swindon, Nicholson, Judd, Hart oder Langford & Peck ausgelagert.
Erst 1975 konnte Ferrari den Bann des Cosworth mit Niki Laudas WM-Titel brechen. Acht Jahre nach dem Debüt hatte Keith Duckworth die Leistung auf 465 PS bei 10.500/min hochgefahren und die Allzweckwaffe um 20 Kilogramm abgespeckt. Die Basis des Triebwerks war auch in der Tasman-Serie (DFW), bei den IndyCars mit Turbolader (DFX) und später auch bei Langstreckenrennen (DFL) unterwegs.
Das letzte Aufgebot gegen die Turbos
Nachdem Ferrari 1977 und 1979 zwei weitere Weltmeistershaften für den Zwölfzylinder an seine Fahnen heften konnte und auch der Alfa Romeo-Zwölfzylinder und der Matra-V12 deutlich über 500 PS produzierten, und als dann auch noch die Autokonzerne mit Turbo-Motoren Einzug hielten, wurde dem guten alten Cosworth-V8 bereits ein schnelles Ende vorausgesagt.
Doch 1980 schlug Cosworth zurück. Der nur noch 147 Kilogramm schwere Motor schaffte bei 11.000/min zum ersten Mal die 500 PS-Marke. Zwölf Teams vertrauten auf Cosworth-Power. Unter ihnen Williams und Brabham, die den WM-Titel unter sich ausmachten. Elf der 14 Siege gingen an Cosworth-Motoren, kein einziger an die Zwölfzylinder-Armada. Dafür drei an den Renault V6-Turbo.
Mit den aufgeladenen Triebwerken erwuchs Cosworth ein neuer Konkurrent. Und die würden, das war bald absehbar, den Saugmotoren den Rang ablaufen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Turbo-Raketen standfest sein würden. Mehr Power hatten sie sowieso. Cosworth-Vater Duckworth kritisierte in einer Art Abwehrreaktion den Hubraumfaktor für die Turbos als zu großzügig. Mit dem halben Hubraum ließ sich doppelt so viel Leistung erzielen.
1981 und 1982 ging die WM-Krone noch einmal an die Cosworth-Fraktion. Aber nur weil die Turboteams über ihre eigenen Füße stolperten. Sie kamen zu selten ins Ziel. 1983 hatte dann das neue Konzept zum ersten Mal Erfolg. Nelson Piquet wurde im Brabham-BMW erster Turbo-Weltmeister.
Auch Keith Duckworths Kurzhubversion DVY konnte das Blatt trotz 530 PS bei 11.200/min nicht mehr wenden. Cosworth trug sich mit John Watson (Long Beach), Keke Rosberg (Monte Carlo) und Michele Alboreto (Detroit) noch drei Mal in die Siegerliste ein. Der Triumph von Alboreto im Tyrrell-Cosworth am 5. Juni 1983 beim GP USA-Ost war der 155. und letzte GP-Sieg für einen Motor, der Renngeschichte schrieb.
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