Als Alpine im Winter dieses Jahres Franco Colapinto als Reservefahrer verpflichtet hatte, schossen direkt die ersten Gerüchte um eine baldige Ablösung Jack Doohans aus dem Boden. Der Australier hatte selbst erst im August 2024 den Zuschlag für den zweiten Platz neben Pierre Gasly bei den Franzosen erhalten.
Vor allem Flavio Briatore wollte Colapinto. Doohan bekam sechs Rennen Zeit, um sich in der Königsklasse zu beweisen. Dann war Schluss. Der Sohn von Motorrad-Legende Mick Doohan musste auf die Ersatzbank. Alpine setzt seit dem Grand Prix der Emilia-Romagna Colapinto in das Auto. Der Formel-1-Rückkehrer hat nun selbst fünf Rennen Zeit, Briatore von seinem Talent zu überzeugen.
In Imola lief das noch nicht nach Wunsch. Der ehemalige Williams-Pilot feuerte den A525 im ersten Teil des Qualifyings am Ausgang der Tamburello-Schikane in die Reifenstapel. Seinen Mechanikern bescherte Colapinto damit reichlich Überstunden. Damit aber nicht genug, der Unfall des 21-Jährigen sorgte im Anschluss für mächtig Trubel in den sozialen Medien. Sowohl die Fans von Colapinto als auch die argentinischen Sender Fox Sports und ESPN echauffierten sich über Doohans Vater.

Mick Doohan (links) wurde unfreiwillig zur Zielscheibe argentinischer Fans und Medien. Sohn Jack (rechts) bat um Respekt seiner Familie gegenüber.
Instagram-Seite führt Medien aufs Glatteis
Was war passiert? Nach dem Crash tauchte eine Instagram-Story auf, die der fünfmalige Motorrad-Weltmeister vermeintlich abgesetzt hatte. Sie zeigte den havarierten Alpine und dazu den sarkastischen Kommentar von Doohan: "Wirklich beeindruckend." Garniert war die Aussage mit drei lachenden Smileys.
Die Argentinier reagierten sichtlich erbost. Ausgerechnet der Vater des Rivalen um das F1-Cockpit ihres neuen Helden machte sich über Colapinto lustig. Das Problem an der Sache ist allerdings, dass sie einem Fake aufgesessen waren. Auf X (vormals Twitter) verdreht der Account "Formula Fakers" aus Spaß die Wahrheit in der Formel-1-Welt.
Einen Fakten-Check führten die Argentinier offenbar nicht durch, was zu einem Shit-Storm gegen Mick Doohan und die gesamte Familie führte. Mittlerweile hat sich auch Sohn Jack auf Instagram zu Wort gemeldet. "Wie deutlich zu sehen ist, ist die Story, die im Internet zirkuliert, falsch. Sie haben den Beitrag so verändert, dass es aussieht, als hätte es mein Vater gepostet, was absolut nicht stimmt."
Der 22-Jährige forderte deshalb: "Bitte hört auf, meine Familie zu belästigen. Ich hätte nicht gedacht, dass es einmal so weit kommen würde." Auch sein Alpine-Rennstall äußerte sich zu dem Vorfall. "Als Team dulden wir keinerlei Online-Hass und fordern alle Fans auf, in unserem geliebten Sport nett und respektvoll miteinander umzugehen." Die Medienvertreter aus Argentinien haben sich mittlerweile bei Mick Doohan entschuldigt.

Yuki Tsunoda wurde nach einem Zwischenfall mit Franco Colapinto von argentinischen Fans rassistisch beleidigt.
Tsunoda rassistisch beleidigt
Formula Fakers stellte in einem Statement klar, dass sie niemals gewollt hätten, solch eine Welle der Entrüstung auszulösen. Bei der Familie baten die Hosts um Verzeihung.
Das war aber nicht der einzige hitzige Vorfall in Imola. Die argentinischen Fans attackierten auch Yuki Tsunoda. Der japanische Red-Bull-Pilot hatte sich im freien Training über Colapinto geärgert, weil er ihm in der Boxengasse die Vorfahrt genommen hatte. Tsunoda hatte den Mittelfinger aus dem Cockpit gestreckt, ob der an Colapinto gerichtet war, ist aber nicht genau überliefert.
Das interessierte die emotionalen Südamerikaner aber nicht. Einige von ihnen beleidigten Red Bulls Nummer 2 rassistisch. Der 25-Jährige appellierte an die Fans. "Es ist gut, dass die Leute so viel Energie haben, aber diese sollten sie kontrollieren. Wenn das so weitergeht und alles schlimmer wird, dann sollte die Formel 1 auch etwas dagegen unternehmen."
Sein Kontrahent Franco Colapinto versuchte, seine Landsleute zu beruhigen. "Sie müssen respektvoll bleiben, das ist es, was wir alle wollen. Es gibt eine Menge Hass in den sozialen Medien. Deshalb müssen wir immer versuchen, respektvoll und ruhig zu bleiben – das wünschen wir uns für alle Fahrer."

FIA-Präsident Mohammed Bin Sulayem duldet keinerlei Online-Hass im Motorsport.
FIA schaltet sich ein
Mittlerweile hat sich auch FIA-Präsident Mohammed Bin Sulayem zu den Attacken geäußert: "Ich stehe hinter Yuki Tsunoda und Franco Colapinto und bedanke mich dafür, dass sie sich gegen den wachsenden Online-Hass im Motorsport geäußert haben. Niemand sollte bedroht, gehasst oder diskriminiert werden. Es gibt keinen Platz für Hass in unserer Gemeinschaft."
Der 63-Jährige legte in seiner Stellungnahme noch nach. "Wir werden unser Bewusstsein dafür sensibilisieren. Wir wollen das Wohlbefinden jedes Einzelnen in unserem Sport steigern. Zusammen können wir eine sicherere und respektvollere Umgebung für alle schaffen."