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Chapman, Newey, Barnard & Co.
Die großen F1-Konstrukteure

1000. GP

Sie sind so wichtig wie die Fahrer. Die Männer am Reißbrett oder CAD-Computer haben den Ausgang der Weltmeisterschaft mit ihren Konstruktionen oft mitbestimmt.

Adrian Newey - Red Bull
Foto: Daniel Reinhard

Die Frage ist so alt wie der Motorsport. Wie groß ist der Anteil des Fahrers, wie groß der des Autos? Die meisten würden sagen: Der des Autos ist größer. Das aktuelle Bild der Formel 1 gibt dieser These Recht. Wer nicht in einem Mercedes, Ferrari oder Red Bull sitzt, hat keine Chance, einen Grand Prix zu gewinnen. Sogar ein Fernando Alonso rannte vergeblich gegen diese Regel an. Er hatte nicht mal die Chance auf ein Podium.

Heute arbeiten bis zu 500 Ingenieure an Auto und Motor. Da sind die Stars unter den Konstrukteuren nur noch schwer auszumachen. Die Allrounder sterben sowieso aus. Adrian Newey ist einer der letzten, die ein Auto in seiner ganzen Komplexität verstehen. Er hat noch in der Ära gearbeitet, in der Rennautos von einer Handvoll von Ingenieure konstruiert werden. Den Jordan 191 zum Beispiel haben genau drei Leute zu Papier gebracht: Gary Anderson, Mark Smith und Andy Green.

Unsere Highlights

Newey sieht nur noch wenig Chancen für Allrounder: „Die Teams sind so groß, und das führt dazu, dass sich die Ingenieure immer mehr spezialisieren. Für Ingenieure mit der Passion Aerodynamik oder Fahrdynamik ist das ideal. Da können sie sich austoben. Wenn Ingenieure an mich herantreten, die auch mal über den Tellerrand hinwegblicken wollen, machen wir das möglich. Da das Niveau der Expertise in den einzelnen Fachbereichen so hoch ist, ist es natürlich sehr schwer geworden, die Disziplinen zu wechseln.“

Die großen Italiener

Die ersten großen Ingenieure der Formel 1 waren Italiener. Gioacchino Colombo, Vittorio Jano und Aurelio Lampredi wechselten alle paar Jahre die Fronten. Sie waren bei Alfa Romeo, Ferrari, Maserati und Lancia. Ein Mann wie Vittorio Jano zum Beispiel war schon in den 50er Jahren mehr ein Manager als ein Konstrukteur. Ihm wird zwar der Lancia D50 zugeschrieben, doch tatsächlich konzipiert haben ihn andere. Jano segnete am Ende nur alle Projekte ab. Auch Mercedes-Entwicklungschef Rudolf Uhlenhaut war Teil einer größeren Mannschaft. Aber er war ihr Star. Weil er fast so schnell fuhr wie Fangio, Moss und Co. In Monza verlor Uhlenhaut im Mercedes W196 etwa vier Sekunden auf seine Piloten. „Dem konntest nichts vormachen“, erinnert sich Hans Herrmann.

Mit dem Aufstieg der englischen Teams wurden auch die englischen Konstrukteure bekannt. Allen voran Colin Chapman, der übrigens ebenfalls ein exzellenter Fahrer war. Er baute zusammen mit Mike Costin die ersten Vanwalls, konzentrierte sich dann aber auf seine eigenen Autos, die er Lotus nannte. Tony Rudd führte bei B.R.M. Regie, Owen Maddock bei Cooper. Jack Brabham heuerte Ron Tauranac an, Bruce McLaren Robin Herd und Gordon Coppuck. Für Dan Gurneys Eagle-Team arbeitete Len Terry.

Für die Ferrari 156 von 1961 war Carlo Chiti verantwortlich. Der desertierte im Jahr nach dem WM-Titel zusammen mit Teammanager Romolo Tavoni zu A.T.S. Seine Aufgabe übernahm ein junger Ingenieur namens Mauro Forghieri, der bis in die 80er Jahre das Konstruktionsbüro von Ferrari leitete. Außer Enzo Ferrari hatte den Brillenträger mal wieder in die Verbannung geschickt, was bei Durststrecken schon mal vorkam. Forghieri war für Motor und Auto verantwortlich. Niki Lauda nannte den Brillenträger mal einen „genialen Chaoten“.

Die Ikone Colin Chapman

Nach dem Abschied von Ferrari 1987 wechselte Forghieri zu Lamborghini und baute dort einen Zwölfzylinder-Motor. Als kleine persönliche Rache an seinem alten Brötchengeber. Auch Vorgänger Carlo Chiti vagabundierte durch die italienische Rennszene. Zuerst bei Alfa Romeo, dann bei Motori Moderni. Forghieris Posten bei Ferrari übernahm der Engländer Harvey Postlethwaite, der bereits bei Hesketh und Wolf Siegerautos abgeliefert hatte.

Colin Chapman - Bernie Ecclestone - GP Italien 1978
Wilhelm
Das Genie und der Boss: Colin Chapman zusammen mit Bernie Ecclestone.

Die Ikone unter den Konstrukteuren war jedoch Colin Chapman. Der exzentrische Engländer revolutionierte den Rennwagenbau mit seinen Ideen. Angefangen vom Monocoque, über die Keilform, bis hin zum Groundeffect. Chapman skizzierte seine Geistesblitze auf einem Stück Papier und ließ dann seine Konstrukteure den Rest der Arbeit machen. Das waren über die Jahre Len Terry, Maurice Philippe, Ralph Bellamy, Tony Southgate und Peter Wright. Teammanager Peter Warr schrieb in seinen Memoiren: „Er ließ seine Ideen wie Bomben fallen. Neun von zehn stellten sich als richtig heraus. Er stürmte in das Zeichenbüro und erklärte dem Ingenieur sein Konzept. Der begann zu zeichnen, und wenn Colin später vorbeischaute und es gefiel ihm nicht, dann nahm er dem Mann den Stift aus der Hand und skizzierte am Rand des Blattes, was er meinte. Er wiederholte diese Prozedur so lange, bis er zufrieden war.“

Gardner und sein Tausendfüßler

In den 70er Jahren fand laut Newey eine „Explosion der Formen“ statt. Das Reglement war immer noch vage genug, verschiedensten Konzepten ihren freien Lauf zu lassen. Derek Gardner baute für Tyrrell meistens recht biedere Autos. Doch dann griff der gelernte Ingenieur für Antriebe ganz tief in die Trickkiste und grub ein Auto mit sechs Rädern aus. Der Tyrrell P34 war kein schlechtes Auto, aber eben auch nicht gut genug, dass es den Aufwand rechtfertigte, den man mit den sechs kleinen Rädern an der Vorderachse betrieb. Nachdem der „Tausendfüßler“ beerdigt wurde, zog sich Gardner zurück und wurde durch Maurice Philippe ersetzt.

Bei Brabham suchte Ron Tauranac das Weite, weil er nicht mit dem neuen Boss Bernie Ecclestone klar kam. Sein Nachfolger Gordon Murray war eher der Typ Chapman. Immer auf der Suche nach dem „unfairen Vorteil“, der noch besseren Idee. Der damals 28-jährige Südafrikaner brachte frischen Wind zu Brabham. Er erfand den Seitenkasten in Trapezform, die zwei Mini-Airboxen auf den Seitenkästen für den Alfa Romeo-Boxermotor, er kopierte das Chaparral-Staubsaugerprinzip und er holte sich mit der Oberflächenkühlung eine blutige Nase. Der Trick, das Auto beim Start nur halbvoll zu tanken und während des Rennens Benzin und frische Reifen an Bord zu nehmen, fand schnell Nachahmer. Murrays BT52-Pfeil gewann 1983 gegen alle Gesetze der Aerodynamik den WM-Titel.

Dafür floppte das BT55-Bügelbrett. Das Auto war stolze 23 Zentimeter niedriger als sein Vorgänger, was die Stirnfläche um 15 Prozent reduzierte. Der BMW-Motor, der es bei 5,2 bar Ladedruck bis auf 1.430 PS brachte, wurde um 72 Grad nach links gekippt, um auch das Heck flach zu halten. Ihm schloss sich ein vor der Hinterachse quer eingebautes Siebengang-Getriebe von Weisman an, bei dem die Kraft um 90 Grad umgedreht werden musste. Prinzipiell richtig gedacht, aber falsch ausgeführt. Das Auto war zu langsam auf der Geraden, und es bekam beim Beschleunigen die Kraft nicht auf den Boden. Es gab Ärger mit der Kühlung, dem Getriebe und der Ölversorgung des Motors. Weil ihn der Misserfolg 6,5 Millionen Pfund gekostet hatte, verkrachte sich Bernie Ecclestone mit seinem südafrikanischen Konstrukteur. Murray wechselte zu McLaren.

Das unschlagbare Duo: Head und Newey

Frank Williams verbündete sich bei seinem zweiten Anlauf mit dem Konstrukteur Patrick Head. Er wusste warum. Die Konstruktionen des bärbeißigen Engländers gewannen die Weltmeisterschaften 1980, 1982 und 1987. Head war Pragmatiker. Er verzichtete auf spektakuläre Lösungen, perfektionierte lieber den Mainstream. Head baute das bessere Groundeffect-Auto als Lotus, das bessere halbautomatische Getriebe als Ferrari, die bessere aktive Aufhängung als Lotus. Im Zusammenspiel mit Adrian Newey entstanden bei Williams fast unschlagbare Autos. Zwischen 1992 und 1997 gingen vier Titel nach Grove.

Der große Name unter den Konstrukteuren der 80er Jahre war John Barnard. Der Engländer lernte sein Handwerk bei Lola, McLaren, Parnelli und Chaparral. Ron Dennis holte ihn 1980 zu McLaren zurück. Unter der Verantwortung von Barnard entstand das erste Kohlefaserauto, die Flaschenhalsform und die Verpackung des Motors auf kleinstem Raum. Barnard machte Porsche Vorschriften, wie groß der V6-Turbo sein durfte.

Der Meistermacher war so viel wert wie die besten Fahrer. Ferrari warb ihn 1989 ab, wurde aber mit dem kapriziösen Engländer nicht glücklich. Barnard weigerte sich, in Italien zu leben, und ihm war die italienische Arbeitsweise suspekt. Als er Wein und Spaghetti in der Mittagspause verbot, brach Krieg aus. Barnard musste gehen und wurde wieder zurückgeholt. Zwei Mal baute ihm Ferrari eine Filiale in England auf, ohne je den Titel mit seinem Gastarbeiter zu gewinnen. Der Österreicher Gustav Brunner musste mehrmals Ausputzer spielen. Barnards spektakulärste Hinterlassenschaft war das halbautomatische Getriebe.

Costas Weg von Ferrari zu Mercedes

In den 90er Jahren wurden die Designteams immer größer. Es bildeten sich immer neue Jobbezeichnungen aus. Die Arbeit wurde auf viele Schultern verteilt. Benetton war das Paradebeispiel. Ross Brawn war als Technischer Direktor mehr Manager als Konstrukteur. Für das Auto war Rory Byrne zuständig, für die Aerodynamik Frank Dernie, für die Fahrdynamik Pat Symonds, für die Elektronik Tad Czapski.

Die Top-Ingenieure wechselten die Teams wie Fußballtrainer die Vereine. Brawn lernte bei Wolf, Williams und Haas-Lola. Bei Arrows war erstmals verantwortlich für das gesamte Auto. Dann nahm ihn Tom Walkinshaw mit zu Jaguar und Benetton. 1997 folgte er Michael Schumacher zu Ferrari. Adrian Newey ging von March zu Williams, von dort zu McLaren und schließlich zu Red Bull. Dort hat er ein Quartett von Abteilungsleitern unter sich: Ron Marshall, Pierre Waché, Dan Fallows und Paul Monaghan.

Aldo Costa ging bei Minardi in die Schule. Ferrari erkannte sein Talent und lockte ihn 1997 den kurzen Weg von Faenza nach Maranello. 2011 war Costa bei Ferrari das Bauernopfer für einen schlechten Saisonbeginn. Man warf ihm vor, er sei zu konservativ. Mercedes griff zu. Es wurde ein goldener Griff. Zusammen mit Aerodynamikchef Mike Elliott und Entwicklungschef Mark Ellis legte der Italiener das Fundament für ein Auto-Konzept, das seit 2014 ungeschlagen ist. Zuerst führte Paddy Lowe die Technikabteilung, dann James Allison. Costa und Ellis haben sich Ende 2018 teilweise zurückgezogen. John Owen und Loic Serra rücken nach.

Auch in der Motorensparte wurden Karrieren gemacht. Mauro Forghieri haben wir schon erwähnt. Keith Duckworth und Mike Costin setzten sich mit dem Cosworth-V8 ein Denkmal. Mario Illien baute für Mercedes Siegermotoren für die Formel 1 und Indianapolis. Heute ist der Schweizer einer der Berater für Hondas Formel 1-Projekt. Gilles Simon ist der Mann hinter Michael Schumachers Erfolgsmotoren. Er arbeitet mittlerweile für die FIA. Bernard Dudot führt Renault in die Turbo-Ära. Unter seiner Leitung entwickelten die Franzosen den pneumatischen Ventiltrieb. Für den Erfolg des Mercedes V6-Turbo Hybrid steht ein Name: Andy Cowell. Der 49-jährige Engländer machte vorher bei Cosworth und BMW Station. Seit die Formel 1 mit Hybrid-Technik fährt, hat noch keiner Cowells Mercedes-Motor geschlagen.

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