Im Dezember 2025 fällt in Usbekistan die Entscheidung, ob Mohammed Bin Sulayem im Amt des FIA-Präsidenten bestätigt wird oder ob ein Gegenkandidat den Posten übernimmt. Noch hat kein anderer Rivale seine Bewerbung offiziell eingereicht. Doch Carlos Sainz Senior hat zumindest mal Interesse an dem Amt bekundet. Offenbar kam die Idee dazu aber nicht von ihm selbst.
Am Rande des F1-Rennens in Imola erklärte sein Sohn, wie der Gedanke langsam bei seinem Vater gereift ist: "Wir sprechen schon eine Zeit lang über das Thema. Viele Leute hier im Formel-1-Fahrerlager haben ihm das in den Kopf gesetzt. Und dann hat er nach und nach selbst angefangen, darüber nachzudenken."
Noch sei die Kandidatur aber keine beschlossene Sache, verrät der Williams-Pilot: "Er zieht es ernsthaft in Erwägung, hat aber immer noch keine offizielle Bewerbung abgegeben. Er hat auch noch kein Team zusammengestellt. Irgendwann muss er sich aber entscheiden, ob er das wirklich durchziehen will."
Hinter vorgehaltener Hand wünschen sich im Formel-1-Paddock viele einen neuen Präsidenten. Der aktuelle FIA-Boss hat in den vergangenen Jahren jede Menge verbrannte Erde hinterlassen. Immer wieder hat er sich mit den Rechteinhabern von Liberty Media angelegt. Und zuletzt hat er auch noch die Fahrer mit seinem rigorosen Fluch-Verbot gegen sich aufgebracht, auch wenn Bin Sulayem mittlerweile wieder ein Stück zurückgerudert ist.

Zwei Generationen Carlos Sainz: Durch den Sohn hat der Vater viel Erfahrung über den Formelsport gesammelt.
Der optimale Kandidat
Auf welcher Seite Carlos Sainz Junior steht, ist klar: "Ich bin sein Sohn. Deshalb bin ich da natürlich befangen. Aber ich möchte es mal so objektiv wie möglich ausdrücken: Es gibt niemanden, der eine komplette Kartzeit mit seinem Sohn durchlebt hat und sich deshalb sehr gut mit den Wurzeln des Motorsports auskennt. Er ist mit mir die Formel-Leiter hochgeklettert und weiß, wie hart und teuer das ist. Er hat zehn Jahre in der Formel 1 mit mir erlebt. Er kann auf 40 Jahre im Rallye-Sport zurückblicken. Und er setzt sich in Spanien für Mobilitätsthemen ein."
Bin Sulayem hatte vor seiner Präsidentschaft zwar auch eine Karriere als Rallye-Pilot absolviert, musste sich in andere Themen aber erst noch einarbeiten. "Mein Vater hat schon jede Menge Erfahrung in vielen Bereichen des Motorsports gesammelt. Jetzt versucht er dem Motorsport etwas zurückzuzahlen für all das, was ihm der Motorsport gegeben hat. Er ist also der optimale Kandidat, wenn man es objektiv betrachtet", findet Sainz Junior.

Carlos Sainz ist bei den Fans und den aktiven Sportlern beliebt und genießt viel Respekt in der Szene.
Politik raus aus dem Motorsport
Wie bereits erwähnt, ist die Kandidatur noch nicht offiziell beantragt. Der Sohnemann verrät, dass die konkreten Vorbereitungen aber schon laufen: "Er überlegt sich gerade, welche Leute er gerne in seinem Team haben würde. Er versucht zu verstehen, wie die Wahl abläuft und wen er alles überzeugen muss. Er lässt sich alles durch den Kopf gehen und informiert sich, wie alles funktioniert."
Das Problem ist, dass Bin Sulayem in den letzten Jahren ein Netzwerk aus loyalen Unterstützern im Weltverband aufgebaut hat. Viele Posten wurden mit Vertrauten neu besetzt. Es ist viel Politik im Spiel. "Die politische Seite ist einer der negativen Aspekte im Motorsport", ärgert sich Sainz Jr. "Aber wenn es jemanden gibt, der die ganze Politik rausbekommt, dann ist das mein Vater. Bei ihm zählt nur der gesunde Menschenverstand. Er ist sehr bodenständig, deshalb drängen ihn ja auch so viele dazu, dieses Amt zu übernehmen."
Schon jetzt ist klar, welches Gegenargument der aktuelle Amtsinhaber gegen seinen Herausforderer vorbringen wird. Mit einem Sohn in der Formel 1 könnte es zu Compliance-Problemen kommen. Bin Sulayem will deshalb einige Änderungen in den Statuten, um seine Macht abzusichern. Zwar darf der Präsident nicht persönlich Einfluss auf Entscheidungen der FIA-Kommissare nehmen. Doch in der Vergangenheit haben sich die Oberhäupter schon häufig mehr in das sportliche Tagesgeschäft eingemischt, als es ihnen eigentlich zustand.

Zwei Weltmeister unter sich. Kann Carlos Sainz Senior den aktuellen Amtsinhaber Mohammed Bin Sulayem wirklich schlagen?
Keine Rente für Carlos Sainz Sr.
Der Sohn des Kandidaten in spe sieht diesbezüglich aber keine Probleme. "Wir beide würden bei solchen Themen natürlich sehr vorsichtig agieren. Das Letzte, was ich will, ist, dass mein oder sein Image oder unsere Karrieren durch so etwas beschädigt werden. Ich sehe da keine Interessenskonflikte. Wer mich oder meinen Vater kennt, der weiß, dass wir ehrliche Menschen sind, die so eine Situation niemals ausnutzen würden."
Am Ende ist es aber oft egal, wie gut oder schlecht ein FIA-Präsident sein Amt ausübt. In solch einer exponierten Position ist man immer Kritik ausgesetzt – entweder von Sportlern, den eigenen Verbands-Mitgliedern oder den Fans. "Er hat ein dickes Feld und ist darauf vorbereitet. Meine Mutter aber eher weniger. Sie wünscht sich wohl eher, dass er sich mal zur Ruhe setzt. Mein Vater kann aber nicht aufhören. Er liebt den Motorsport einfach."
Der Sohnemann würde seinem Vater den Erfolg in der zweiten Karriere wünschen: "Das Amt wäre eine Möglichkeit für ihn, die aktive Fahrerlaufbahn zu beenden, aber trotzdem involviert zu bleiben und der FIA etwas zurückzugeben. Er hat viel Respekt vor dieser Organisation und dem, was sie in den letzten 20, 30 Jahren geleistet hat, um die Sicherheit und die Situation aller Beteiligten im Motorsport zu verbessern. Er hat nur das Wohlbefinden der FIA und des Motorsports im Ganzen im Sinn. Das ist seine Motivation."
Auch George Russell, der als Direktor der Fahrergewerkschaft GPDA eine besondere Rolle einnimmt, unterstützt die Kandidatur. "Carlos Senior ist eine sehr hoch angesehene Person in der gesamten Motorsport-Industrie – nicht nur um Bereich Rallye oder Formel 1. Er hat in dieser Welt so viel Erfahrung gesammelt. Er wäre sicher ein fantastischer Kandidat, wenn er das durchziehen will. Als ich zum ersten Mal von seinen Plänen gelesen habe, war ich zunächst etwas überrascht. Aber wenn man genauer nachdenkt, ergibt das Ganze viel Sinn."