Dass die Formel 1 ein schnelllebiges Business ist, dürfte den meisten Fans bekannt sein. Doch die Geschwindigkeit des Wandels, der sich in den letzten Wochen und Monaten vollzogen hat, ist auch für die Königsklasse außergewöhnlich. Was die Besetzung des Fahrerfelds angeht, kann man fast von einem Generationswechsel sprechen. Gleich sechs Fahrer gehen 2025 in ihre erste volle Saison in der höchsten Spielklasse.
Zum Vergleich: Beim ersten Rennen des letzten Jahres in Bahrain stand nicht ein einziger Rookie am Start. Jetzt tragen nur zwei Teams dieselben zwei Fahrernamen in die Nennliste ein wie vor zwölf Monaten. Die Jugend bekommt endlich eine Chance. Alle Neulinge sind in diesem Jahrtausend geboren.

Gabriel Bortoleto (BRA)
Geboren: 14.10.2004
Team: Sauber F1 Team
Startnummer: 5
Die Ergebnisse sprechen für sich. Gabriel Bortoleto schloss sowohl die Formel 3 als auch die Formel 2 als Meister ab – und das jeweils in seiner Rookie-Saison. Damit wandelt der Brasilianer auf den Spuren von Oscar Piastri, George Russell und Charles Leclerc.
Seit 2022 wird Bortoleto von Fernando Alonsos Management-Agentur betreut. Die Ratschläge seines Mentors erkennt man auf der Strecke. Bortoleto fährt mit Köpfchen und fällt selten aus. So gewinnt man zwar nicht jedes Rennen, aber Meister-Titel.
Der 20-Jährige ist für sein Alter ungewöhnlich reif. Wegbegleiter bezeichnen ihn als sehr professionell und als harten Arbeiter, der gerne Zeit im Simulator verbringt. Diese Qualitäten sind nicht bei allen Junioren so stark ausgeprägt. Im Gegensatz zu den anderen Rookies kann Bortoleto bisher aber kaum Formel-1-Erfahrung vorweisen. Der Neuling durfte einen "TPC"-Test mit einem zwei Jahre alten McLaren absolvieren. Freitagseinsätze gab es gar keine. Erst beim Junior-Test in Abu Dhabi konnte der künftige Audi-Werksfahrer sein Talent im Sauber unter Beweis stellen.
Ein großer Fan von schnellen Straßenautos ist der Youngster aus São Paulo nach eigenen Angaben übrigens nicht. Aber das kann sich ja beim neuen Audi-Botschafter noch entwickeln.

Isack Hadjar (F)
Geboren: 28.09.2004
Team: Toro Rosso
Startnummer: 6
Vor zwei Jahren haben wir Helmut Marko gefragt, welchen seiner Nachwuchsfahrer er wählen würde, wenn er nur einen einzigen Junior behalten dürfte. Ohne groß zu überlegen, nannte der Grazer den Namen von Isack Hadjar. Der Franzose fuhr damals seine erste Formel-3-Saison. Doch das Talent war nicht zu übersehen. Besonders beeindruckte Marko die Kompromisslosigkeit und die Abgezocktheit seines Schützlings in den Zweikämpfen.
Der gebürtige Pariser mit algerischen Wurzeln ist allerdings auch als Heißsporn bekannt. Wenn es mal nicht rundläuft, gibt es am Funk schnell mal ein paar deftige Ansagen. In seinem ersten Formel-2-Jahr 2023 gab es besonders viel Grund für Ärger. Dass am Ende nur Platz 14 für den damaligen Hitech-Piloten raussprang, schiebt Marko vor allem den großen Leistungsunterschieden der Motoren in die Schuhe. Nach dem Wechsel zu Campos lief es 2024 direkt deutlich besser. Den möglichen Meister-Titel für Hadjar verhinderte nur das mehrfache Technikpech.
Eigentlich war der F1-Einstieg bei Toro Rosso noch gar nicht für 2025 vorgesehen. Erst der Rausschmiss von Sergio Pérez öffnete Hadjar die Tür. Red-Bull-Teamchef Christian Horner verriet, dass der Neuling beim Abu-Dhabi-Test für mächtig Eindruck sorgte und sogar seinen künftigen Teamkollegen Yuki Tsunoda in den Schatten stellte.

Andrea Kimi Antonelli (I)
Geboren: 25.08.2006
Team: Mercedes-AMG F1 Team
Startnummer: 12
Italien bekommt endlich wieder einen Stammpiloten in der Formel 1. Zuletzt gab es drei Jahre lang niemanden, dem die Tifosi die Daumen drücken konnten. Und Antonio Giovinazzi sorgte zuvor auch nicht gerade für große Jubelstürme. Der Hype um Andrea Kimi Antonelli ist dagegen riesig. Der mit 18 Jahren jüngste Pilot im 2025er-Rookie-Sixpack tritt bei Mercedes direkt in große Fußstapfen. Er muss Lewis Hamilton ersetzen.
Im Training von Monza ging der erste Auftritt in der Königsklasse aber gleich mal in die Hose. Antonelli stopfte den Silberpfeil nach nur fünf Runden in die Parabolica-Bande. Der sechste Platz in der Formel-2-Tabelle deutete auf den ersten Blick auch nicht unbedingt darauf hin, dass hier der nächste F1-Rekordsieger heranwächst. Doch Mercedes ist nach wie vor überzeugt von seinem Juwel. In den Nachwuchsserien hatte Antonelli zuvor stets kurzen Prozess mit seinen Gegnern gemacht.
Ähnlich wie im Fall von Hadjar war der Aufstieg in die Königsklasse eigentlich noch nicht für 2025 vorgesehen. Der Hamilton-Abgang zwang die Verantwortlichen zum schnellen Handeln. Mit rund 9000 Testkilometern in älteren Silberpfeil-Modellen machten die Mercedes-Ingenieure Antonelli fit für die Aufgabe.

Oliver Bearman (GB)
Geboren: 08.05.2005
Team: Haas F1 Team
Startnummer: 87
Genau wie sein Prema-Teamkollege Antonelli hinterließ auch Ollie Bearman keinen besonderen Eindruck in der vergangenen Formel-2-Saison. Doch mit seinem gelungenen Formel-1-Debüt in Jeddah brachte sich der Ferrari-Ersatzmann nachhaltig ins Gespräch. Ohne große Vorbereitung war der Rookie auf dem anspruchsvollen Stadtkurs auf Platz 7 gerast. Haas fackelte nicht lange und verpflichtete Bearman als Hülkenberg-Ersatz.
Die durchwachsenen Vorstellungen in der Formel 2 spielten für Teamchef Ayao Komatsu keine Rolle. "Für mich haben die Daten von seinen FP1-Einsätzen in unserem Auto einen viel größeren Wert. Da haben wir alle Informationen, die wir brauchen", erklärte der Japaner nach der Vertragsunterschrift.
Als Kevin Magnussen für den Aserbaidschan-GP gesperrt wurde und in Brasilien mit Magenproblemen ausfiel, durfte Bearman noch vor Saisonende seine ersten beiden Rennen für den neuen Arbeitgeber abspulen. Immerhin schaffte es der Rookie, zwei Mal im Qualifying vor Nico Hülkenberg zu landen. Auf seiner Spezialstrecke in Baku, wo er 2023 in der Formel 2 sowohl den Sprint als auch das Hauptrennen gewann, sprang am Ende sogar noch ein WM-Punkt für den 18-Jährigen heraus.

Jack Doohan (AUS)
Geboren: 20.01.2003
Team: Alpine F1 Team
Startnummer: 7
Der Name Doohan ist sicher vielen Motorsportfans ein Begriff. Vater Mick gewann in den 90er-Jahren fünf WM-Titel in der höchsten Motorrad-Rennklasse. Sohn Jack versucht nun, seinem alten Herrn mit einer erfolgreichen Karriere auf vier Rädern nachzueifern.
Auf regelmäßige Renneinsätze musste der Australier im vergangenen Jahr allerdings verzichten. Erst beim Saisonfinale in Abu Dhabi wurde der Alpine-Junior überraschend für Esteban Ocon eingewechselt. Das F1-Debüt verlief durchwachsen. Gegen Teamkollege Pierre Gasly sah Doohan kein Land.
Vielleicht lag es auch an der mangelnden Rennpraxis. Ohne Starts in den Nachwuchsserien musste sich Doohan mit Trainingsläufen in älteren Alpine-Rennern fit halten. Bei einem dieser TPC-Tests kam es auch zum direkten Aufeinandertreffen mit seinem Kumpel Mick Schumacher in Le Castellet. Am Ende entschied sich die Alpine-Führung, Doohan in das Stammcockpit zu befördern.
Dabei steht der 21-Jährige von Beginn an unter Druck. Alpine verpflichtete kurz nach dem Jahreswechsel Franco Colapinto. Die Zündschnur von Teamberater Flavio Briatore ist bekanntlich äußerst kurz. Wenn Doohan nicht abliefert, kann der Spaß schnell wieder vorbei sein.

Liam Lawson (NZ)
Geboren: 11.02.2002
Team: Red Bull Racing
Startnummer: 30
Unverhofft kommt oft. Das gilt auch für Liam Lawson. Bis zum Rennen in Austin schmorte der Neuseeländer noch bei Toro Rosso auf der Ersatzbank. Um einen Wechsel des Talents zur Konkurrenz zu verhindern, blieb den Red-Bull-Verantwortlichen nur die Beförderung in ein Formel-1-Cockpit. Als Ricciardo-Ersatz eröffneten sich für Lawson damit sechs Chancen, um sich für größere Aufgaben zu empfehlen.
Vor allem der starke Auftritt im Regen von Brasilien mit Platz 5 im Qualifying und Rang 9 im Rennen überzeugte die Red-Bull-Führungsetage. Als es um die Nachfolgeregelung für Sergio Pérez ging, bekam Lawson schließlich den Vorzug vor Yuki Tsunoda. In den gemeinsamen Rennen bei Toro Rosso war der Japaner zwar meist einen Tick schneller, die geringere Fehlerquote und das größere Potenzial gaben am Ende aber den Ausschlag zugunsten des Kiwis.
In der Rookie-Klasse von 2025 weist Lawson klar die meiste Erfahrung auf. Mit den fünf Einsätzen aus der Saison 2023 kommt der 22-Jährige insgesamt schon auf elf GP-Starts. Die Fans sind gespannt, wie sich der DTM-Vizemeister von 2021 als neuer Teamkollege von Verstappen schlägt. An der Aufgabe sind bekanntlich schon einige Piloten gescheitert. Zum Glück für Lawson kommen aktuell keine weiteren Junioren aus dem Red-Bull-Kader für die Beförderung in ein F1-Cockpit infrage.