Bin Sulayem: Plant der FIA-Präsident den Machtausbau?

FIA-Präsident plant Satzungsänderung
Will Bin Sulayem Konkurrenz verhindern?

Zuletzt aktualisiert am 14.05.2025

Demokratien haben es heutzutage nicht leicht. Vermeintlich stabile Strukturen sind in den letzten Jahren weltweit ins Wanken geraten. Da verwundert es nicht, dass sich auch immer mehr Sportfunktionäre ein Beispiel an den erfolgreichen Autokraten nehmen. Experten befürchten, dass jetzt auch in der FIA solch ein Fall drohen könnte. Präsident Mohammed Bin Sulayem eckte während seiner ersten Amtszeit immer wieder an. Die Fahrer übten immer wieder Kritik, langjährige FIA-Mitarbeiter verließen den Verband oder wurden aus ihren Posten entfernt.

Im Dezember 2025 stehen nun die nächsten Präsidentschaftswahlen zum Oberhaupt der FIA an. Bin Sulayem will seinen Posten halten und scheint zur Sicherung der Wiederwahl sogar einige Änderungen der Statuten zu planen, mit denen mögliche Gegenkandidaten schon vorher aus dem Weg geräumt werden könnten. Das zumindest deutet die BBC am Dienstag (13.5.) in einem Investigativ-Report an. Den Engländern liegt ein als vertraulich eingestuftes Dokument vor. Dort steht, dass der FIA-Präsident tiefgreifende Änderungen an den Statuten des Motorsport-Weltverbands anstrebt.

Konkret geht es unter anderem um die Vorverlegung des Bewerbungsschlusses für die nächste Präsidentschaftswahl im Dezember. Eine Formalität? Nicht ganz. Denn wer sich um den Vorsitz bewerben will, muss neben der Kandidatur auch sein ganzes Team zu einem früheren Zeitpunkt als bisher bekannt geben. Bin Sulayem will die Frist von bisher 21 auf 49 Tage erweitern. Damit hätten die FIA-Kommissionen in der Theorie mehr Zeit, Gründe für die Ablehnung von möglichen Gegenkandidaten zu suchen.

Carlos Sainz - FIA
Giuseppe Cacace via Getty Images

Unklare Regeln – gezielte Hürden?

Besonders umstritten ist eine Passage, die als eine weitere Hürde für neue Anwärter auf das Präsidentenamt interpretiert werden kann. Darin wird verlangt, dass die "Integrität" aus Sicht des Nominierungs-Komitees nicht infrage gestellt werden darf. Was genau damit gemeint ist, bleibt schwammig. Sollten es Bedenken geben, könnte das sogenannte Ethik-Komitee eingeschaltet werden.

Beide Gremien sind nach einer Änderung der Satzung im Vorjahr mit Vertrauten von Bin Sulayem besetzt. Laut BBC könnte die neue Regelung dazu führen, dass der amtierende Präsident Bewerber auf dieser Grundlage ausschließen lassen könnte – auch ohne gerichtliche Grundlage oder objektive Prüfung.

Was mögliche Gegenkandidaten angeht, steht bereits ein Name im Raum: Carlos Sainz Senior, zweimaliger Rallye-Weltmeister und Vater des Williams-Fahrers Carlos Sainz soll bereits Interesse an einer Kandidatur geäußert haben. In Funktion und Prominenz wäre er ein ernstzunehmender Herausforderer. Doch seine familiäre Nähe zur Formel 1 – speziell mit Blick auf mögliche Interessenskonflikte – könnte genau jene Grauzone sein, mit der die neue Statutenregelung greifen würde.

Mohammed bin Sulayem - GP Katar 2024
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Kritiker zum Schweigen verpflichtet

Der Amtsinhaber hat zudem Änderungen bei der Nominierung von Senatsmitgliedern vorgeschlagen. Das Gremium kontrolliert gemeinsam mit dem Präsidenten die FIA. Bislang ist dessen Zusammensetzung relativ unabhängig geregelt. Der Senat besteht aus 16 Mitgliedern, von denen zwölf Vertreter des Präsidenten, seines Teams und als Mitglieder der beiden Welträte für Sport sowie Mobilität und Tourismus vorgesehen sind.

Die verbliebenen vier Vertreter schlägt der Präsident aktuell vor. Sie müssen von den zwölf anderen Senatsmitgliedern offiziell bestätigt werden. Bin Sulayem soll aber nun planen, dass er diese vier Personalien künftig direkt ernennen kann – ohne eine formale Bestätigung. Der Präsident könnte somit loyale Gefolgsleute neben sich platzieren und seine politische Agenda leichter durchdrücken.

Leute innerhalb der FIA zeigen sich alarmiert. Allerdings nur hinter vorgehaltener Hand. Aufgrund interner Verschwiegenheitsabkommen äußert sich niemand offiziell. Ein Insider ließ sich von der BBC zitieren. "Die meisten Vorschläge zielen auf eine Art Machtkonsolidierung, eine stärker zentralisierte Kontrolle und den Versuch ab, unabhängige Kontrollmechanismen zu beseitigen." Eine weitere Quelle sagte: "Das Dokument ist sehr geschickt geschrieben." Die Sorge um eine Aushöhlung demokratischer Strukturen innerhalb der FIA scheint groß.

Bin Sulayem wünscht sich dazu auch eine Änderung im Motorsport-Weltrat. Das gesetzgebende Organ des Verbands ist momentan so aufgebaut, dass 21 der 28 Mitglieder unterschiedliche Nationalitäten aufweisen müssen. Der Präsident will jetzt aber offenbar zulassen, dass immer bis zu zwei Mitglieder aus dem gleichen Land kommen dürfen. Laut BBC könnte der Sinn dahinter sein, dass sich Bin Sulayem so kritische Stimmen vom Hals schaffen könnte und die Posten leichter mit Vertrauten besetzen kann.

Mohammed Ben Sulayem - FIA-Präsident - Formel 1 - 2024
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Strukturreform oder Machtsicherung?

Die vorgeschlagenen Änderungen sollen bereits im Juni 2025 im Rahmen der Generalversammlung der FIA zur Abstimmung gebracht werden. Eine einfache Mehrheit genügt, um die Satzung zu ändern. Ob sich ausreichend Gegenstimmen mobilisieren lassen, bleibt offen. In einem Verband, dessen Mitglieder stark von internen Förderprogrammen und politischen Netzwerken abhängig sind, ist Gegenwind selten offen sichtbar.

Der Vorstoß von Mohammed Bin Sulayem wirft fundamentale Fragen über die Regierungs-Strukturen der FIA auf. Zwischen Transparenz, Einflussnahme und Interessenkonflikten verschwimmen die Linien. Gerade im Lichte jüngster Spannungen mit der Formel 1 und der Liberty Media Group – etwa bei der Frage um neue Teams wie Cadillac – wirkt der Versuch, die eigene Macht zu festigen, alles andere als zufällig.