In der Öffentlichkeit herrschten lange Zweifel, ob es Audi mit seinem Formel-1-Engagement auch ernst meint. Bei der Vorstellung des Projekts Mitte 2022 stand noch Markus Duesmann am Ruder der VW-Tochter. Der ursprüngliche Plan sah vor, den Sauber-Rennstall nur zu 75 Prozent zu übernehmen. Als Chef des neuen Werksteams wurde Andreas Seidl verpflichtet.
Von diesen Plänen ist zweieinhalb Jahre später nicht mehr viel übriggeblieben. Kurz schwirrten sogar Gerüchte durchs Fahrerlager, dass der Formel-1-Einstieg unter dem neuen Auto-Geschäftsführer Gernot Döllner komplett beerdigt wird. Mittlerweile lässt sich aber sagen: Das Gegenteil der Fall. Trotz Branchenkrise stürzt sich Audi mit voller Kraft in das Abenteuer Königsklasse.
Weil die Rennställe durch den globalen Formel-1-Boom und den Erfolg der Budget-Obergrenze immer weiter an Wert gewinnen, hatte Audi im März 2024 den Entschluss verkündet, Sauber komplett übernehmen zu wollen. Nachdem im Hintergrund noch letzte Modalitäten von den Behörden geprüft wurden, konnte der Autobauer jetzt endlich Vollzug vermelden.

Audi-CEO Gernot Döllner (links) und F1-Projektleiter Mattia Binotto (rechts) haben große Ziele für das neue Werksteam.
Audi macht jetzt schon Kasse
Auf Anfrage von auto motor und sport teilte der Konzern offiziell mit: "Die vollständige Übernahme der Sauber Holding AG durch die Audi AG wurde im Januar 2025 wie geplant abgeschlossen. Damit hat Audi kurz nach dem Jahreswechsel den nächsten wichtigen Schritt auf dem Weg in die Formel 1 gemacht. Audi hielt bislang eine Minderheitsbeteiligung an der Sauber Holding AG."
Über den Kaufpreis machte das Unternehmen keine Angaben. Schätzungen nach dürften die Ingolstädter rund 600 Millionen Euro auf den Tisch gelegt haben. Man muss nicht groß spekulieren, um festzustellen, dass sich das Geschäft für Audi finanziell gelohnt hat. Die Übernahme der Anteile vom schwedischen Milliardär Finn Rausing war schon eingeleitet worden, bevor die Preise explodierten.
Mittlerweile werden alle Formel-1-Rennställe auf über eine Milliarde Euro taxiert. Bevor die neuen Werksautos einen Meter gefahren sind, hat Audi auch schon damit begonnen, Kasse zu machen. Im November vergangenen Jahres vermeldete der Autobauer offiziell, dass man einen Minderheitsanteil an den katarischen Staatsfonds verkauft hat.

Der Staatsfonds von Katar übernimmt einen Minderheitsanteil am neuen Werksteam. Damit muss Audi die Modernisierung des Rennstalls nicht aus eigener Tasche bezahlen.
Investitionen in die F1-Fabrik in Hinwil
Unbestätigten Gerüchten nach sollen dabei rund 30 Prozent des Rennstalls den Besitzer gewechselt haben. In wirtschaftlich angespannten Zeiten sorgt der Deal für Einnahmen, ohne dass Audi man im Gegenzug die Kontrolle verliert. Das frische Geld des Investors wird dazu verwendet, den Rennstall in Sachen Personal und technischer Infrastruktur aufzurüsten.
Diese Investitionen sind auch dringend notwendig, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Mattia Binotto, der Mitte vergangenen Jahres als Nachfolger von Andreas Seidl als Projektleiter eingestellt wurde, hat bereits angekündigt, bis zum Ende des Jahrzehnts um Siege und Titel kämpfen zu wollen. Vom abgeschlagenen letzten Platz in der Vorsaison ist der Weg an die Spitze weit.
Mit Jonathan Wheatley konnte Audi noch eine weitere hochkarätige Personalie für die Führungsetage verpflichten. Der ehemalige Red-Bull-Teammanager soll sich als Teamchef um das Tagesgeschäft kümmern. Eigentlich läuft die Sperrfrist des Briten noch bis zum Juli. Im Hintergrund laufen gerade Gespräche mit Red Bull, um einen früheren Arbeitsbeginn zu ermöglichen.

In der Saison 2025 muss Sauber wohl noch kleinere Brötchen backen. Der Fokus der Entwicklung liegt auf dem Audi-Einstiegsjahr 2026.
Audi-Neustart nach Übergangsjahr
Die große Frage lautet, wie schnell der sportliche Umschwung gelingt. Mit Nico Hülkenberg und Gabriel Bortoleto wurden zwei neue Fahrer verpflichtet, die eine gute Mischung aus Erfahrung und aufstrebendem Talent mitbringen. Auch was die technische Basis angeht, gibt es Zeichen für Optimismus. Das Motorenprogramm in Neuburg liegt weiter im Plan. Mit Castrol wurde ein kompetenter Spritpartner gefunden.
Und auch bei der Chassis-Entwicklung scheint die Talsohle durchschritten zu sein. Mit den letzten Technik-Upgrades des Jahres 2024 ging es deutlich voran. Der Anschluss an das Mittelfeld konnte wiederhergestellt werden. Zwar reichte es noch nicht, die rote Laterne in der Tabelle abzugeben, doch die Ingenieure blicken jetzt wieder deutlich zuversichtlicher in die Zukunft.
Die Fans sollten im Übergangsjahr 2025 aber nicht von großen Erfolgen träumen. Der Fokus der Verantwortlichen liegt ganz auf dem Audi-Neustart 2026. Die Entwicklung des ersten Audi-Formel-1-Autos hat Priorität. Der letzte Rennwagen, der noch den Namen Sauber trägt, ist damit schon vor der offiziellen Präsentation ein Auslaufmodell. Um den langfristigen Erfolg nicht zu gefährden, wird am C45 nur das Nötigste an Weiterentwicklung vorgenommen.