Aston Martin ist das Gegenteil von McLaren. Der neue Konstrukteurs-Weltmeister startete mit großem Rückstand in die Saison 2023. Seit einem Upgrade beim GP Österreich im selben Jahr zeigte die Richtung stetig bergauf. Aston Martin überraschte Anfang 2023 alle mit einem Auto, das in den ersten sechs Rennen fünf Mal aufs Podium fuhr. In den folgenden 16 Grand Prix dann nur noch bei drei Gelegenheiten.
Das war der Beginn einer Entwicklung, die mit dem ersten Upgrade in Montreal den Rückwärtsgang einlegte. Erst langsam, dann immer mehr. Nur wenn man wie in Montreal, Zandvoort und Interlagos zufälligerweise noch mal das Arbeitsfenster des Autos traf, war Fernando Alonso in der Lage, das Wunder des ersten Quartals zu wiederholen.

Aston Martins Upgrades funktionierten meistens nicht wie gewünscht.
Austin-Unterboden war ein Flop
Aston Martin stieg in diesem Jahr in die Saison ein, wie man die alte abgeschlossen hatte. Das Team war klar fünfte Kraft, mit deutlichem Abstand zu den Top 4 und schwindendem Vorsprung auf den Rest. Der wurde gefühlt mit jedem Entwicklungsschritt kleiner. Bis zu dem Punkt, dass der AMR24 oft nur noch das siebt-, acht- oder neuntschnellste Auto war.
Sichtbares Zeichen war die Unterboden-Konfusion am Ende des Jahres. Von den vier Boden-Spezifikationen (Bahrain, Suzuka, Imola, Budapest) funktionierten nur zwei nach Wunsch. Die Version Suzuka für die schnellen Strecken und die Aero-Konfiguration mit wenig Abtrieb und das Modell Budapest für das Gegenteil. Die fünfte Spezifikation in Austin sollte beides verbinden. Um es kurz zu machen: Es war ein Flop. Bei den letzten Rennen kamen abwechselnd die Böden von Suzuka und Budapest zum Einsatz.

Der Aston Martin AMR24 litt unter einem zu starken Verschleiß der Hinterreifen.
Aerodynamik-Kennfeld ein spitzer Berg
Die grünen Autos waren mit jeder neuen Entwicklungsstufe eine Spur schwieriger zu fahren. Und es wurde immer schwieriger, ein Setup zu finden, in das die Fahrer halbwegs Vertrauen hatten. Auf dem Papier kam immer mehr Abtrieb dazu. Doch der kam auf der Rennstrecke nur in Bruchstücken an. Das Aerodynamik-Kennfeld war zuletzt ein spitzer Berg. Die Aston Martin glänzten in einem bestimmten Kurventyp, verloren aber zu viel Zeit in allen anderen Kurven.
Um einigermaßen brauchbaren Anpressdruck zu generieren, musste hinten die Bodenfreiheit auf ein Minimum gesetzt werden. So tief wie der Aston Martin fuhr sonst nur noch der Mercedes. Interessanterweise zeigten die beiden Fahrzeuge ähnliche Charakterzüge. Beide mochten es schnell und kalt. Nur dann hatte man die Abnutzung der Hinterreifen im Griff.

Teamchef Mike Krack fordert größere Entwicklungsschritte bei Aston Martin.
Neue Entwicklungsrichtung unter Bell
Nach der Upgrade-Pleite von Austin zog der britische Rennstall Konsequenzen. Technikchef Dan Fallows wurde wieder in die Aerodynamikabteilung versetzt. Er berichtet jetzt an seinen Nachfolger Bob Bell. Der zählt zu den erfahrensten Ingenieure in der Branche und zu den wenigen, die noch einen Gesamtüberblick über das Auto haben. Genauso wie der ehemalige Technikdirektor Andy Green, der zuletzt für das Erfolgsmodell Anfang 2023 verantwortlich war. Green kam mit dem damaligen CEO Martin Whitmarsh nicht klar und wurde quer versetzt. Aus heutiger Sicht ein Fehler.
Unter Bob Bell wird für 2025 die Entwicklungsrichtung geändert. "Wir haben zwei Jahre lang keine Performance ans Auto gebracht. Egal wie wichtig das Jahr 2026 für uns ist. Wir können die Saison 2025 nicht einfach sausen lassen, sondern müssen uns selbst beweisen, dass wir aus den Fehlern gelernt haben", fordert Teamchef Mike Krack.
Deshalb steht im Lastenheft des AMR25 ganz oben weniger Abtrieb in der Spitze, dafür mehr in der Breite. Krack fordert: "Dafür mussten wir unsere Entwicklungsziele umdefinieren. Alles hängt davon ab, inwieweit du verstehst, was zu tun ist, um das Auto in das Fenster zu bringen, in dem es funktioniert."

Aston Martin kämpfte mit Toro Rosso und Sauber in der zweiten Saisonhälfte. Das entspricht nicht den Ansprüchen.
Die Kunst, das Fenster zu treffen
Klingt einfach, ist es aber nicht. "Jeder versucht das Fenster so groß wie möglich werden zu lassen, doch mit jeder Entwicklung, die mehr Abtrieb verspricht, machst du dieses Fenster automatisch wieder etwas kleiner", beschreibt Krack den Spagat, den die Ingenieure schaffen müssen.
Aston Martin hatte eineinhalb Jahre Zeit, die Probleme zu verstehen und Lehren daraus für das 2025er-Auto zu ziehen. Laut Krack hat man mit dessen Entwicklung bereits in dem Moment angefangen, in dem das Upgrade von Austin abgesegnet wurde. Also irgendwann im September.
Nicht nur der WM-Fünfte ist zu dieser Erkenntnis gekommen. Red Bull, Mercedes, Alpine, Toro Rosso und Sauber steckten phasenweise im gleichen Teufelskreis und haben sich vorgenommen, das für nächstes Jahr abzustellen. "Die Teams werden 2025 noch enger zusammen rücken", ist Krack überzeugt. Deshalb ist es umso wichtiger, schon 2025 die Kurve zu kriegen. Ein Team wie Aston Martin kann es sich nicht leisten, am Ende des Feldes zu fahren.