Alpine-Fehlstart: Wo liegen die größten Baustellen?

Alpine wieder Tabellenletzter
Wo liegen die größten Baustellen?

Veröffentlicht am 28.03.2025

Wie sich die Bilder gleichen. Vor einem Jahr belegte Alpine nach zwei Grands Prix den letzten Platz in der Konstrukteurs-Wertung. Nach den ersten beiden WM-Läufen der Formel-1-Saison 2025 trägt das französische Werksteam erneut die rote Laterne.

Mit einer Wiederholung des Fehlstarts hatte eigentlich keiner im Fahrerlager gerechnet. Alpine hatte im Schlussdrittel der letztjährigen Spielzeit gehörig aufgedreht und die Wende geschafft. Das Team landete noch auf Rang sechs im Klassement. Vor dem Saisonstart versprühte die Truppe aus Enstone Optimismus. Man wollte an die starken Leistungen aus den letzten Grands Prix 2024 anknüpfen.

Das Ziel war klar formuliert: Best Of The Rest. Hinter den vier Goliaths McLaren, Ferrari, Red Bull und Mercedes wollte man sich zum Anführer des Mittelfelds aufschwingen. Nach den Rennen in Australien und China ist man davon erst einmal weit entfernt. Als einziges Formel-1-Team steht Alpine noch bei null Punkten.

Ist der neue A525 doch nicht so gut, wie die Ingenieure und Verantwortlichen glaubten? In Melbourne bezeichnete Berater Flavio Briatore den Vorgänger noch als "Traktor", jetzt habe man wieder ein leistungsfähiges Formel-1-Auto. Die Rundenzeiten und Ergebnisse sprechen aber (noch) nicht für den neuesten Entwurf der Designer um Technikchef David Sanchez.

Flavio Briatore - Oliver Oakes - Alpine - Formel 1 - GP China 2025 - Shanghai
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Melbourne verzerrt das Bild

Der Franzose kam im Mai 2024 zum strauchelnden Team und sorgte für einen Aufschwung. Noch im Vorfeld des F1-Launchs in London (18.2.) schwärmte man von den positiven Effekten, die Sanchez bei Alpine gebracht hat. Der Windkanal in Enstone war jahrelang falsch kalibriert, hieß es. Mit dem ehemaligen Ferrari- und McLaren-Ingenieur sei das Problem behoben worden.

Es folgten überzeugende Testtage in Bahrain Ende Februar. Die Experten waren sich sicher: Alpine fährt dieses Jahr um den fünften Platz in der Formel 1. Der Saisonauftakt in Australien ging jedoch in die Hose, was auch an den widrigen Umständen mit dem Regen im Rennen lag. Speerspitze Pierre Gasly hatte sich auf dem neunten Rang qualifiziert, Rookie Jack Doohan überstand immerhin den ersten Teil des Qualifyings.

Am Renntag wendete sich das Blatt. Doohan feuerte bei seinem Heimspiel das Auto bereits in der ersten Runde in die Wand. Er war eines von mehreren Opfern der weißen Linien und rutschte auf einer dieser Fallen im verregneten Melbourne aus. Gasly lag bis zum Restart kurz vor Rennende in den Punkten, musste nach einem Fahrfehler aber noch beide Ferrari und Oscar Piastri ziehen lassen.

Pierre Gasly - Alpine - Formel 1 - GP China 2025 - Shanghai
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China als Realitäts-Check

Nur eine Woche nach dem unglücklichen GP Australien wollte Alpine in Shanghai zurückschlagen. Doch beim ersten Sprint-Wochenende des Jahres setzte es die nächste Pleite. Pierre Gasly scheiterte im Sprint-Qualifying am ersten Cut, Jack Doohan am zweiten. Den Sprint beendete Gasly auf Rang zwölf, dabei bekam er fast 40 Sekunden in 19 Runden von Sieger Lewis Hamilton im Ferrari aufgebrummt.

Doohan hingegen sorgte am Ende des Feldes für Aufregung. In der letzten Runde knallte der 22-Jährige in Gabriel Bortoleto, als er den Sauber-Rookie in Kurve 14 angriff. Dabei riss er auch noch den unbeteiligten zweiten Sauber von Nico Hülkenberg in Mitleidenschaft, der nicht mehr ausweichen konnte und seinen Frontflügel beschädigte. Für sein Foulspiel kassierte Doohan eine 10-Sekunden-Strafe und zwei Strafpunkte.

Pierre Gasly - Alpine - Formel 1 - GP China 2025 - Shanghai
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Gasly in Shanghai disqualifiziert

Der Tiefpunkt traf Alpine nach dem Fallen der Zielflagge in China. Die FIA-Stewards disqualifizierten Pierre Gasly. Ein Kilo fehlte zum Mindestgewicht von 800 Kilogramm. Eine Folge der ungeplanten Einstopp-Strategie? Die 45 Runden alten Reifen hatten nach der überraschenden Ein-Stopp-Strategie nur noch wenig Gummi auf der Lauffläche. Derselbe Fehler unterlief auch Ferrari bei Charles Leclerc.

Die Disqualifikation war auch deshalb so ärgerlich, weil die Stewards neben Gasly und Leclerc auch Lewis Hamilton aus der Wertung nahmen. Gasly wäre auf P9 vorgerückt und hätte zwei WM-Punkte an Land gezogen. Teamchef Oliver Oakes sah zwar im Rennen einen Fortschritt, aber der genügt den Ansprüchen nicht. Das Team tappt im Dunkeln. "Es war besser als im Qualifying. Aber wir müssen verstehen, warum wir auf dieser Strecke nicht so konkurrenzfähig waren, und wie wir uns für künftige Rennen verbessern können."

Jack Doohan - Alpine - Formel 1 - GP China 2025 - Shanghai
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Welchen Einfluss hat die neue Heckflügel-Regel?

Verbessern muss sich auch Jack Doohan. Im Rennen kassierte der Australier eine weitere 10-Sekunden-Strafe, weil er in Kurve 14 über die Stränge schlug. Im Zweikampf mit Toro-Rosso-Mann Isack Hadjar drückte er den Rookie-Kollegen neben die Strecke. Obendrauf gab es zwei weitere Strafpunkte. Sammelt ein Fahrer innerhalb von zwölf Monaten zwölf Strafpunkte, muss er ein Rennen aussetzen. Doohan liegt nun nach zwei Rennen bereits bei vier. Spötter behaupten jedoch, dass es dazu gar nicht kommen wird, weil er vorher ausgetauscht wird.

Der Australier steht unter besonderem Druck. Mit Franco Colapinto verpflichtete Alpine für 2025 einen schnellen Ersatzmann, der selbst wieder im Formel-1-Auto sitzen will. Doohan fährt unter Beobachtung. Ist er zu weit weg von Gasly und erlaubt sich solche Patzer wie in Australien und China, könnte seine F1-Karriere schnell wieder vorbei sein. Dafür war Teamchef Oliver Oakes zumindest nach dem ersten Rennen von der Pace des Sohns von Motorrad-Legende Mick Doohan angetan.

Seine Hausaufgaben muss Alpine vor allem auf technischer Seite erledigen. Im Vorfeld des China-GP änderte die FIA kurzfristig die Vorgaben beim Belastungstest der Heckflügel. Red Bull hatte bereits bei den Testfahrten in Bahrain gegen einige Entwürfe der Konkurrenz vorgesprochen. Alpine soll eines der Teams gewesen sein, deren Heckflügel sich aus Sicht Red Bulls zu stark gebogen hätte. Es ist allerdings nicht bestätigt, ob man wegen der neuen Bestimmungen Performance eingebüßt hat.

So oder so. Alpine ist schlechter aus den Startlöchern gekommen, als es das Team selbst und die Experten erwartet hätten. Abschreiben sollte man die Truppe aber nicht. Letztes Jahr schafften die Franzosen die Kehrtwende und verwandelten den "Traktor" A524 noch zu einem Top-10-Auto. Hoffnung macht auch, dass die Basis des neuen Rennwagens besser ist als die des Vorgängers.