2023er Formel-1-Auto von Alpine: erste Infos

Erste Infos zum 2023er Alpine
Neues Auto mit umgebauten Heck

Veröffentlicht am 27.12.2022

Man kann es so oder so sehen. Alpine verbesserte sich in der abgelaufenen Saison vom fünften auf den vierten Platz. Vorbei an McLaren. Der Rennstall aus dem englischen Enstone erbeutete 173 Punkte. Im Jahr davor waren es 155. Das spricht für eine Leistungssteigerung. Allerdings verschlechterte sich Rivale McLaren von 275 auf 159 Punkte.

McLaren hatte ein beinahe kugelsicheres Auto, doch mit Lando Norris nur einen Fahrer, der zuverlässig punktete. Daniel Ricciardo blieb auch in seiner zweiten McLaren-Saison weit unter den Möglichkeiten. "In diesem so engen Mittelfeld brauchst du zwei Piloten, die regelmäßig abliefern. Wenn du nur einen hast, schadet es dir doppelt", sagt Alpine-Teamchef Otmar Szafnauer. Dem würde Ex-McLaren-Rennleiter Andreas Seidl zustimmen.

Alpines Schwäche war die Zuverlässigkeit. Der französische Nationalrennstall beklagte zu viele Ausfälle. Acht Mal sahen die Alpine-Fahrer nicht die Zielflagge. Szafnauer kennt die Schwachstelle, sieht darin aber auch Positives im Hinblick auf die neue Saison. "Wenn wir die Zuverlässigkeit sicherstellen, holen wir automatisch mehr Punkte. Wir müssen näher am Drittplatzierten sein." In 19 von 22 Rennen gab es in der abgelaufenen Saison Zählbares. Acht Mal punktete Alpine doppelt.

Fernando Alonso - Alpine
Wilhelm

Topteams früher dran als Alpine

Die Ziele für die Formel-1-Saison 2023 sind abgesteckt. Alpine will den vierten Platz im Konstrukteurs-Pokal halten. Alpine will mehr Punkte holen. Alpine will die Lücke zu den Spitzenteams verringern. Es muss ein sichtbarer Schritt hin zu Red Bull, Ferrari und Mercedes passieren. Der Abstand zu den schnellsten Autos im Feld betrug rund eine Sekunde. "Ein bis maximal zwei Zehntel verlieren wir durch den Motor", rechnet Alpine-CEO-Laurent Rossi vor. Etwa 15 PS fehlen da zur Ferrari und Red-Bull-Honda. "Der Rest kommt von der Aerodynamik."

Das Defizit am Auto lässt sich nicht über einen Winter aufholen. Es wäre daher vermessen, den dritten Platz im Konstrukteurs-Pokal auszurufen. Eigentlich hatte man gehofft, dass durch den technischen Neustart 2022 die Abstände zu den Spitzenteams würden schrumpfen. Das trat nicht ein. Rossi hat eine Erklärung dafür: "Sie waren früher dran. Wir hatten vor Corona nicht viel mit dem neuen Auto gearbeitet. Sie haben sich durch Grundlagenforschung in dieser Zeit einen Vorsprung erarbeitet." Pro Woche gewinne man im Windkanal zwischen ein und drei Punkten an Abtrieb.

Alpine mit gesunder Basis

Mit dem A522 war Alpine spät dran. Zum Wintertest in Barcelona im Februar 2022 war man in "Trümmern" aufgetaucht, wie CEO Rossi beschreibt. Doch mit einem klaren Plan ging es schnell aufwärts. Teamchef Otmar Szafnauer und die Ingenieure schauten sich an, wie man die Entwicklung beschleunigen könne. Wie man Prozesse dahingehend verbessern müsse. Die Arbeit fruchtete. Alpine brachte kontinuierlich Upgrades. Der A522 wurde mit jedem neuen teil schneller.

Die Ingenieure, die sich auf ihre Entwicklungswerkzeuge verlassen können, und Teamführung sind zufrieden. Alpine baut auf einer gesunden Basis auf. "Unser letztes Unterboden-Update hat unsere Schwäche in langsamen Kurven ausgemerzt. Vorher hatten wir unsere Probleme auf Rennstrecken wie Monte Carlo oder Budapest. Jetzt haben wir keine Schwachstellen mehr in einem Typ Kurve."

Vielversprechendes Windkanalmodell

Und trotzdem ist da noch dieser Abstand zu den Topteams, die einfach in jeder Beziehung einen (kleinen) Schritt voraus sind. Beim Motor, bei der Aerodynamik, bei der Mechanik, bei den Abläufen. Doch Alpine wähnt sich auf dem richtigen Weg, sich ihnen anzunähern. Einerseits, weil das Regelwerk restriktiv geschrieben scheint, und daher für Red Bull, Ferrari und Mercedes nicht mehr so viel Entwicklungsspielraum vorhanden sein sollte. Wer weiß, ob das tatsächlich so ist.

Andererseits, weil man selbst vielversprechende Entwicklungen im Köcher hat. Oder besser gesagt im Windkanal, den man aufgrund der Regularien etwas mehr auslasten darf als Red Bull, Ferrari und Mercedes. "Unser 2023er Auto sieht auf dem Papier sehr schnell aus", traut sich Rossi zu sagen. Alpine ist vom neuen Entwurf überzeugt: So sehr, dass man überrascht wäre, wenn andere einen ähnlich großen oder sogar noch größeren Schritt gehen würden.

Esteban Ocon - Alpine - GP Singapur 2022
Wilhelm

Mehr Abtrieb, bessere Effizienz

Alpine wird den 2023er Rennwagen auf dem bestehenden Konzept aufbauen. "Wir hatten ein zweites getestet, standen damit aber an." Das neue Auto soll sich vor allem im Heck sichtbar vom Vorgänger unterscheiden. Einerseits soll dadurch den Anpressdruck erhöht, andererseits die Effizienz gesteigert werden. Alpine sucht nach mehr Abtrieb und nach einer besseren Höchstgeschwindigkeit – nach dem Vorbild von Red Bull. Effizienter Abtrieb: Das ist der heilige Gral für alle.

Die größte Spielwiese im Feld ist der Unterboden mit den Venturi-Kanälen. Darüber lässt sich effizienter Abtrieb holen. Es ist ein schmaler Grat. Wer zu viel will, bezahlt womöglich wieder mit Bouncing, obwohl die neuen Unterbodenregeln dagegen helfen sollten, oder Instabilität durch die Kurven. Das kostet die Fahrer Vertrauen und belastet zusätzlich die Reifen. 900 Leute in der Chassis-Fabrik Enstone arbeiten am Ziel, der Spitze näherzukommen. "Alle unsere Entscheidungen sind darauf ausgerichtet, unsere Performance zu steigen", sagt Teamchef Szafnauer.