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Silvretta-Tour im Mercedes S 500 Plug-in-Hybrid
S-Klasse fährt auch elektrisch

Eigentlich soll der Mercedes S 500 Plug-in-Hybrid vor allem im Stadtverkehr mit seinem Elektromotor punkten. Doch das Flaggschiff mit den zwei Antrieben lässt sich auch von der Bergwelt des Montafon nicht aus dem Konzept bringen.

Silvretta-Tour, Mercedes S 500 Plug-in-Hybrid
Foto: Dino Eisele

Das Auto bewegt sich, aber der Zeiger steht still. Gut, dass der Drehzahlmesser in einem Hybriden unterwegs mal Pause hat, überrascht heute niemanden mehr. Es sei denn, man sitzt im Mercedes S 500 Plug-in-Hybrid und rollt durch die Bergwelt des Montafon, die mit ihren zahlreichen Steigungen nicht gerade das bevorzugte Einsatzgebiet der Luxuslimousine mit den zwei Herzen sein dürfte. Geht es doch vornehmlich darum, lokal emissionsfrei voranzukommen.

Da macht der Mercedes S 500 Plug-in-Hybrid keine Ausnahme. Im Prinzip ist seine elektrische Reichweite – typisch für einen Plug-in – für urbane Distanzen ausgelegt. Der 8,7 kWh fassende Akku ermöglicht im Zusammenspiel mit dem 85-kW-Elektromotor (340 Nm) im Heck etwa 30 Kilometer lokal emissionsfreies Fahren, dann muss er an die Steckdose, oder der 245 PS starke Dreiliter-V6-Benziner muss einspringen. Alles nichts Neues, sollte man meinen. Doch wie die Mercedes S-Klasse das Zusammenspiel von Verbrenner und E-Antrieb managt, beeindruck selbst vom Beifahrersitz aus. Lange vor der offiziellen Fahrvorstellung bleibt uns nur der Logenplatz, am Steuer sitzt Harald Maurer. Der 50-Jährige ist als Teamleiter im Gesamtfahrzeug-Versuch für die Mercedes S-Klasse zuständig und demonstriert hier in den Alpen, was der Neue kann. Und das ist mehr als nur einige Kilometer lautlos dahinzurollen und anschließend Benzin zu verbrennen.

Mercedes S 500 Plug-in-Hybrid betont unauffällig

Beim Topmodell des Hauses ist eben nicht nur entscheidend, was er kann, sondern wie er es umsetzt: am besten möglichst komfortabel und für die Passagiere kaum wahrnehmbar. Wie zum Beispiel die Drehzahlmessernadel verdeutlicht. Nur wer sich konzentriert, bemerkt den Wechsel der Antriebsart. Auffällig ist aber auch, wie oft sich die Elektronik entscheidet, auf das Verfeuern fossiler Brennstoffe verzichten zu können. Es genügt schon ein wenig Gefälle, und der Benziner hat Pause.

Und das im Standard-Hybrid-Modus. Insgesamt stehen dem Fahrer vier Programme zur Verfügung, die ganz nach Wunsch die Energiezufuhr regeln. Im reinen E-Modus heißt das, dass Energie nur aus der Batterie gezapft wird. Clever: Das Gaspedal hat einen variablen Widerstand. Er signalisiert dem Fahrer, wie weit er gehen kann. Wer ihn überwindet, aktiviert trotz E-Mode zusätzlich den Sechszylinder.

Auf der Landstraße wäre das nicht unbedingt notwendig, wie Maurer eindrucksvoll beweist. Zum einen sprintet die Mercedes S-Klasse theoretisch rein elektrisch auf Tempo 140 – was wir angesichts österreichischer Tempolimits nicht ausreizen –, zum anderen macht er auch an steilen Bergstraßen nicht schlapp. Eine enge, gewundene Nebenstrecke von Silbertal nach Bartholomäberg hat sich der Versuchsingenieur Maurer, der als begeisterter Bergsportler das Montafon von Urlaubsaufenthalten her kennt, als Test-strecke auserkoren. Souverän schiebt der E-Antrieb die rund 2,4 Tonnen schwere Limousine bergauf. Und zwar ohne mit langsamer Fahrweise den Verkehr zu behindern. Nur die Kühe schauen ein wenig verdutzt, was da so leise vorbeirollt.

Optimales Timing des E-Antriebs

Dass so eine Klettertour reichlich Saft aus der Batterie saugt, versteht jeder, der in Physik ein wenig aufgepasst hat. Um zu verhindern, dass der Fahrer das Potenzial zum lautlosen und vor allem emissionsfreien Gleiten allzu früh verpulvert, haben die Mercedes-Ingenieure neben Hybrid und E-Modus noch zwei weitere Fahrprogramme installiert.

Besonders clever agiert der Mercedes S 500 Plug-in-Hybrid im E-Save-Programm. Wie der Name schon sagt, wird hier Strom gespart – etwa, weil elektrisches Fahren am Ende der Reise in einer Stadt sinnvoller ist als auf der Anreise. Programmiert man zusätzlich ein Ziel ins Navi-System ein, versucht die Bordelektronik, den Strom stets im städtischen Umfeld für den Vortrieb zu nutzen. Im Idealfall kommt die Mercedes S-Klasse so mit fast leeren Batterien am Zielort an, wo sie an die Steckdose kann. Das entspricht dem effizientesten Einsatz des Hybridantriebs. Im NEFZ-Zyklus erreicht die Limousine so einen Gesamtverbrauch von rund drei Litern/100 km.

So weit die Theorie, uns interessiert die Praxis. Wir folgen der Route der Silvretta E-Auto-Rallye von Partennen nach Rankweil, insgesamt etwa 70 Kilometer. Die Ladestandsanzeige der Batterie steht bei 30 Prozent. Das entspräche rein elektrisch einer Reichweite von vier Kilometern, wie der Bordcomputer meldet. Doch nun ist SBS gefragt: Die Streckenbasierte Betriebsstrategie soll mit der Energie haushalten, und das auf einer Strecke, die neben Ortsdurchfahrten auch einige Bergetappen bereithält.

Rein gefühlsmäßig geht Kollege Computer nicht wirklich sparsam mit dem Strom um. Zwar herrscht talabwärts naturgemäß ein leichtes Gefälle, aber dennoch muss der nicht eben leichte Mercedes bewegt werden. Das ist aber – wie der Blick auf den Drehzahlmesser zeigt – offenbar kein Anlass, den Verbrenner anzuwerfen. Im Kolonnenverkehr zeigt der Mercedes eine weitere Stärke: Per Radarkeil kann er vorausfahrende Autos erfassen und sich automatisch deren Tempo anpassen. Anders als beim Abstandsregeltempomat geschieht das so dezent, dass nicht einmal die Bremsleuchten angehen: "Wir wollen ja nicht, dass sich der Hintermann fragt, warum die S-Klasse ständig scheinbar grundlos auf die Bremse tritt", grinst Maurer. Solche Kleinigkeiten helfen, Kraftstoff zu sparen.

Verbrenner des Mercedes S 500 Plug-in-Hybrid schaltet sich unmerklich um

Verblüffend bleibt, dass der Ladestand der Batterie bei der Fahrt gen Rankweil nur geringfügig schwindet. Erst als eine kurze Autobahnetappe folgt, greift der Hybrid verstärkt auf den V6 zurück. Aber selbst auf der Autobahn nutzt der Mercedes S 500 Plug-in-Hybrid wann immer möglich den Segelmodus und knipst den Verbrenner aus. Ein Umschalten, das die Insassen kaum wahrnehmen. Doch das Gleiten hat schon an der nächsten Ausfahrt wieder ein Ende. Jetzt kommt der anspruchsvolle Teil der Strecke. Durch kleine Ortschaften und über enge Nebenstraßen nach Rankweil. Selbst Maurer blickt mittlerweile skeptisch auf die Batterieanzeige. "Eine gewisse Unschärfe bleibt bei der Kalkulation. Zum einen, weil das Kartenmaterial nicht immer gleich gut ist, zum anderen kann das Auto natürlich nicht vorausahnen, wie ich fahre."

Zumindest mit dem zügigen Landstraßentempo kommt der Bordrechner aber gut zurecht. Die letzte große Steigung vor dem Ziel hat er offenbar ebenso eingeplant wie das anschließende Gefälle. Am Ziel meldet der Akku noch zehn Prozent Kapazität. Da passt es, dass der örtliche Stromversorger Illwerke am Marktplatz eine Ladesäule installiert hat. Mit dem haushaltsüblichen 230-Volt-Kabel hätten wir drei Stunden Zeit, bis der Akku wieder voll wäre. Wer die Zeit nicht hat, aber dennoch nachladen möchte, kann entweder den 380-Volt-Anschluss nutzen, oder er lädt während der Fahrt. Dazu gibt es den vierten Modus. Wer "Charge" wählt, sorgt dafür, dass der Benziner nicht nur die Räder antreibt, sondern darüber hinaus auch Energie in den Akku speist. Nach 40 Minuten ist er wieder vollständig geladen. Somit steht ausgiebigen Bergtouren nichts im Wege – inklusive ausgiebiger Erholungspausen für den Drehzahlmesser.

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Erscheinungsdatum 03.07.2024

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