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Range Rover Evoque Cabrio im Fahrbericht
Ausfahrt mit dem Oben-ohne-SUV

Spätestens seit dem Evoque ist klar, dass Range Rover genug Drive hat, auch was zu riskieren. Also steigen wir nicht verwundert, sondern voller Freude in dieses herrlich unvernünftige Oben-ohne-Schmuckstück.

Range Rover Evoque Cabrio, Impression, Ausfahrt
Foto: Craig Pusey

"Wir können das Cabrio heute leider nicht so einsauen", sagt einer der Herren gleich beim Händeschütteln und zeigt auf den frisch gewienerten Lack des Evoque. "Nach der kleinen Geländetour schicken wir euch nämlich einmal quer über die Insel – der erste Fahreindruck auf dem Beifahrerplatz –, da wäre zu viel Dreck kontraproduktiv." Natürlich. Wir sind in Eastnor Castle, einem 2.500 Hektar großen 4x4-Spielplatz zwischen Bristol und Birmingham, der sich als Anwesen von Lord Bathurst tarnt. Hier hat Land Rover seit 1961 die härtesten Offroad-Pfade der Insel. Viele davon so wild und extrem, dass niemand ein Auto darüberquälen würde.

Erst recht kein Cabrio. Doch genau hier steht es, das erste Cabriolet von Range Rover. Das erste Cabrio im Club der kompakten SUV überhaupt. Ein herrlich unvernünftiges Teil in knalligem Orange mit schwarzen 20-Zöllern – das wir mal eben im Gelände ausprobieren dürfen, ohne es einzusauen. Der gewählte Trail versucht gar nicht erst, harmlos zu wirken. Die schmale Strecke windet sich ziemlich zerfurcht durch einen dichten Wald. Schaut aus, als wäre irgendwann mal eine große Fräsmaschine durchgegangen. Da es die vergangenen Tage heftig geregnet hat, schimmert die Oberfläche wie ein Schlammbad.

Range Rover Evoque Cabrio verbindet Offen und Off-Road

Unser Fahrer lacht nur verschmitzt, öffnet das Dach, stellt Terrain Response, das bekannte Allradsystem der Range-Rover-Familie, scharf und lässt das Cabrio vorsichtig in die erste Furche rutschen. Obwohl es über gleichviel Bodenfreiheit verfügt wie seine verlöteten Brüder (215 Millimeter vorn, 240 Millimeter hinten), kratzt es ab und an über den Trail. "Kein Problem", beruhigt unser Fahrer, "Bodenkontakt gehört hier dazu."

Range Rover Evoque Cabrio, Impression, Ausfahrt
Craig Pusey
Von wegen Dach ab und gut - auch das Cabrio muss es im Gelände Range Rover-mäßig drauf haben.

Wirklich erstaunlich ist, wie steif das Cabriolet bei all der Action bleibt. Obwohl es gerade ein Hinterrad in die Luft gestreckt hat, knackt und knistert nichts. Der Aufwand für maximale Versteifung hat sich offensichtlich gelohnt. Da das Dach eines jeden Fahrzeugs bekanntlich elementar für dessen Steifigkeit ist, mussten die Ingenieure eine Mammutaufgabe lösen. Sie schnitten dem Evoque also nicht einfach nur auf, sondern überarbeiteten ihn umfangreich. Der Unterboden, die Schweller, die A-Säulen, die hinteren Seitenteile – überall wurde klug verstärkt und versteift. Schließlich darf sich ein Range Rover keine Blöße im Gelände geben. Daher kann das Cabriolet auch problemlos durch 50 Zentimeter tiefes Wasser waten.

Gelände? Kann er!

Zurück auf den Offroad-Trail, wo eine ausgewaschene Kuhle mit anschließender heftiger Steigung wartet. Spätestens an diesem Punkt würde jeder von uns das Handtuch werfen und auf die 20 Zoll großen Straßenturnschuhe verweisen. Damit geht man halt nicht im Schlamm kraxeln. Unser Fahrer schmunzelt nur, bestellt sich via Schaltwippen den ersten der neun Gänge beim Automatikgetriebe (Serie beim Cabrio) und geht die Sache mit Schwung an. Kraftvoll krallen sich alle vier Räder in den weichen Boden – die Elektronik verteilt die 430 Newtonmeter des Zweiliter-Diesel (mit 180 PS, es gibt ihn auch mit 150 PS sowie mit einem Zweiliter-Benziner mit 240 PS) wohlkalkuliert. Und tatsächlich: Der offene Evoque klettert trotz Straßenreifen die glitschige Passage hinauf.

Der Schlamm spritzt dabei so heftig, dass der freundliche Begleiter auf der Rücksitzbank ihn sich von der Stirn wischen muss. Aber wir haben ja gelernt: Bodenkontakt gehört hier dazu. Nach einem guten Stündchen Geländekraxeln parkt das Cabrio ohne Blessuren auf einer der grünen Anhöhen. Rechts von ihm im Tal donnern Jägerbüchsen. Links formen die Wolken einen dunklen Vorhang. Während sich der Fotograf austobt, staunen wir noch immer, wie locker der kleine Range den Trail gemeistert hat.

Range Rover Evoque Cabrio auf den Spuren seiner Ahnen

Der freundliche Herr vom Anfang ist ebenfalls vor Ort und entschuldigt sich erneut, dass wir den Wagen leider nicht so richtig einsauen konnten. Immer wieder köstlich, der britische Humor. Nach zwei Teelängen fährt er den Wagen frisch gewaschen vor – und wünscht viel Spaß für den zweiten Teil der Test-Tour. Dieser führt auf 261 Kilometern einmal quer durch Wales zur Red Wharf Bay – jenem Strand, an dem Maurice Wilks 1947 seine Gedanken zu einem einfachen, robusten Geländewagen in den Sand zeichnete. Es war die Geburt des ersten Land Rover. Auf der rund vier Stunden langen Fahrt über geteerte Straßen zeigt das Evoque Cabrio keinerlei Schwächen, vorn sitzt es sich bauartbedingt besser als hinten (wobei auch da der Komfort ausreichend ist).

Range Rover Evoque Cabrio, Impression, Ausfahrt
Craig Pusey
Am für die Marke historisch wichtigen Wharf Bay trifft das Evoque Cabriolet auf seinen Ur-Ahnen.

Auf Wunsch gibt’s in der ersten Reihe eine Massage. Die Federung fällt sportlich straff aus, die Windgeräusche hat Dachlieferant Webasto gut in den Griff bekommen. Neu im Cockpit: ein rechteckiger Zentralbildschirm und das dazugehörige Unterhaltungssystem, das sich wie ein Smartphone bedienen lässt. An so was war beim ersten Land Rover nicht mal im Traum zu denken. Er wartet am besagten Strand auf ein Familienfoto. Ein kleines Geländewägelchen in dunklem Grün, das im direkten Vergleich mit dem Evoque Cabrio zerbrechlich wirkt. Vor allem jetzt, da es stürmt und regnet. Zum Glück hat der Himmel nach ein paar Minuten Erbarmen und lässt Sonnenstrahlen hindurch.

So kommt es zu einer eindrucksvollen Zeitreise. Während die Runde über den historisch so bedeutenden Strand im ersten Land Rover einem Abenteuer gleicht, das mit 50 PS, schwacher Federung, störrischen Gängen und zugigen Spaltmaßen unvergessliche Erinnerungen formt, so verdeutlicht die Runde im Evoque vor allem: welche Entwicklung diese Marke geschafft hat – und ihren Wurzeln dennoch treu geblieben ist. Wie modern, sanft und spielerisch dieser kleiner Range hier agiert – und seinen Passagieren wunderbare Aussichten beschert. Was beide eint? Eine riesige Portion Charakter, die bei vielen modernen Autos einfach nicht mehr so deutlich zu spüren ist.

Technik-Check: Detailarbeit für das offene Vergnügen

Der wohl aufwendigste Part bei der Verwandlung vom Coupé zum Cabrio lag bei der Karosseriesteifigkeit. Dafür wurden das Chassis und die Türen gründlich verstärkt, was das Leergewicht von rund 1.950 Kilogramm erklärt. Zudem erhielt das komplette Heck eine gründliche Überarbeitung – nur so ließ sich genug Platz für das große Verdeck schaffen, das platzsparend über dem Kofferraum abgelegt wird. Das Gepäckraumvolumen beträgt immer 251 Liter. Das Windschott wird klassisch eingehängt. Technisch gleicht der Wagen seinen Brüdern, jedoch verzichtet Range Rover auf eine Version mit Schaltgetriebe: Das Cabrio besitzt immer Allradantrieb und ein Automatikgetriebe.

Technische Daten
Range Rover Evoque Cabrio TD4 4x4 SE Dynamic SE DynamicRange Rover Evoque Cabrio TD4 4x4 SE Dynamic SE DynamicRange Rover Evoque Cabrio Si4 SE Dynamic
Grundpreis56.300 €53.400 €55.300 €
Außenmaße4370 x 1900 x 1609 mm4370 x 1900 x 1609 mm4370 x 1900 x 1609 mm
Kofferraumvolumen251 l251 l251 l
Hubraum / Motor1999 cm³ / 4-Zylinder1999 cm³ / 4-Zylinder1999 cm³ / 4-Zylinder
Leistung132 kW / 180 PS bei 4000 U/min110 kW / 150 PS bei 3500 U/min177 kW / 240 PS bei 5800 U/min
Höchstgeschwindigkeit195 km/h185 km/h209 km/h
Verbrauch5,7 l/100 km5,7 l/100 km8,6 l/100 km
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AUTO MOTOR UND SPORT 15 / 2024

Erscheinungsdatum 03.07.2024

148 Seiten