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Porsche Cayenne S Transsyberia Fahrbericht
Ein Porsche als sibrischer Express

Keine Zeit zum Bravsein: Der neue Porsche Cayenne S Transsyberia ist von der wilden Sorte. 405 PS folgen dem Ruf der Taiga. Das neue Sondermodell gibt es ab sofort ganz regulär beim Händler zu kaufen. Basispreis: 77.558 Euro.

Ein Porsche als sibrischer Express

Nach Osten, 7200 Kilometer. Das ist die Aufgabe der Rallye Transsyberia. Im vergangenen Jahr fand sie zum fünften Mal statt, und Porsche hatte sich vorgenommen, die Veranstaltung zu dominieren. 28 Wettbewerbsfahrzeuge bauten die Zuffenhausener seit 2007 auf. Mit ausgeräumtem Innenraum, Käfig, Unterfahrschutz, Seilwinde und grobstolligen All-Terrain-Reifen. Die Vorgabe wurde erreicht: Platz eins bis sechs ging voriges Jahr an Cayenne-Teams.
Jetzt muss man nicht erst Rallye in der Mongolei fahren, um einen Transsyberia-Porsche zu bekommen: Das neue Sondermodell kann nun regulär beim Händler geordert werden. Zwar stehen insgesamt vier Farbkombinationen bereit, doch die einzig wahre ist natürlich Schwarz-Orange. Diese Optik, in der Werksfahrer Armin Schwarz mit Co-Pilot Andreas Schulz aufs Treppchen fuhr, steht dem Cayenne am besten. Kein Vergleich zu Silber-Orange, Schwarz-Grau oder gar Grau-Silber. Die Technik ist ein Mix aus zwei Modellen. Basis ist der Cayenne S, der üblicherweise den Einstieg in die V8-Welt bei den großen Allrad-Porsche darstellt.

Unsere Highlights

Der Cayenne S Transsyberia kommt mit dem stärksten Saugmotor

Allerdings kommt bei ihm der stärkste Saugmotor zum Einsatz: Aus dem Cayenne GTS stammt der optimierte 4,8-Liter-Achtzylinder mit 405 statt 385 serienmäßigen PS. Der straßenorientierte GTS steuert außerdem noch die auf 4,1:1 verkürzte Achsübersetzung bei. Das Ergebnis sind zwar höhere Drehzahlen im Straßenbetrieb, dafür aber auch ein spürbar festerer Antritt. Gerade einmal 6,5 Sekunden vergehen, bis man den Transsyberia auf Tempo 100 gefeuert hat. Eine spektakuläre Darbietung für den schweren Brocken. Im Gegensatz zum Maschinenspender Cayenne GTS darf man den Transsyberia allerdings auch mit handfester Geländetechnik bestücken. Zusätzlich zur serienmäßigen Luftfederung (maximale Bodenfreiheit: 270 Millimeter) gibt es für ihn noch das aufpreispflichtige Offroad-Paket.

Damit zieht neben der manuell zuschaltbaren Hinterachs-Differenzialsperre (die Verteilergetriebesperre ist Serie) ein umfangreiches Schutzpaket ein. Abdeckungen für Motor, Getriebe, Hinterachse, Tank und Schweller schützen den Unterboden vor Steinschlag und möglichem Aufsitzen. Wer es gern heller hat, bekommt aufpreisfrei einen Leuchtbalken in den Kofferraum gelegt: Der vormontierte Dachträger ist mit vier Hella-Scheinwerfern bestückt und lässt sich mit einem Klappmechanismus in wenigen Sekunden auf dem Dach befestigen. Eine geschraubte Steckverbindung versorgt die Lichtorgel mit Strom, vor längeren Autobahn-Etappen ist sie schnell demontiert und im Heck verstaut – ab Tempo 100 liefern die Scheinwerfer ansonsten ein Pfeifkonzert vom Porsche-Dach.

Schräger wohnen heißt die Devise im Innenraum, wo auch das neue Porsche-Navigationssystem mit Berührungsbildschirm die etwas verquere Bedienlogik des Vorgängermodells abgelegt hat. Ebenfalls vom Cayenne GTS übernommen ist die stark konturierte Sportbestuhlung, die hinten gleichfalls mit Einzelsitz-Optik auffährt. Die Sportsitze sind extrem bequem, man fühlt sich darin wie hineingegossen, hat perfekten Halt bei jedem Wetter. Nicht nur die Sitzflächen sind mit Alcantara bezogen. Auch das Sportlenkrad mit seiner rallyemäßigen 12-Uhr-Markierung weist eine Bespannung mit dem flauschigen Mikrofaserstoff auf. Ein Grund, warum man den Cayenne Transsyberia unbedingt in Schwarz-Orange nehmen sollte, ist das Interieurdesign. Dort werden die Außenfarben fortgeführt, und im ebenfalls erhältlichen Grau-Silber wäre der Innenraum ähnlich aufregend wie der in einem Taxi. 

Vielfarbig: Sondermodell Porsche Cayenne Transsyberia

Stattdessen bekommt man es bei der Farbgebung unseres Testwagens mit orangenen Gurten, Querstreifen und ebenso schrillen Ziffernblättern zu tun. Das sieht im Stand schon schnell aus. Alu-Räder, Außenspiegel und vier Kühlerstreben tragen ebenfalls die fröhliche Farbe. Damit die Ohren auch etwas vom Kauf des Sondermodells haben, kümmert sich unter dem Transsyberia eine Sportanlage um die Abgasentsorgung. Beim Motorstart stößt der V8 einen Brunftschrei aus, weil die Elektronik erst mal kurz Gas gibt, bevor der 4,8-Liter-Motor in sein dumpfes Leerlaufbrodeln wechselt und auf Befehle wartet. Genießer öffnen vor dem Start die Seitenfenster. Genauso spaßig ist der Aufruhr, den der Transsyberia auf freiem Feld verursacht. Denn nicht nur auf der Straße kann man mit diesem Porsche richtig aufdrehen, der kann das auch abseits davon. Das Luftfederfahrwerk lässt sich in drei Stufen einstellen, von denen die Dritthärteste die etwas optimistische Bezeichnung „Comfort“ trägt und die Sport-Einstellung sich nach Rundstrecke anfühlt. Knipst man dann noch das bei Porsche PSM genannte ESP ab, kann der Spaß beginnen. Die hecklastige Auslegung des automatischen Allradantriebs – im normalen Betrieb gehen 62 Prozent der Kraft nach hinten – genehmigt einen provozierten Impuls per Gaspedal und Lenkung, um die Fuhre ins Übersteuern zu versetzen. Von da an lässt sich der Porsche fein am Pedal nach Lust und Laune quer zur Fahrtrichtung treiben. Mit der im Überfluss servierten Kraft des fast fünf Liter großen Achtzylinders läuft das Spiel, bis einem der Platz ausgeht. Die per Sport-Taste angespitzte Motorcharakteristik braucht man dafür nicht unbedingt, auch ohne sie kommt schon genug Freude auf. Wohl dem, der seinen Cayenne Transsyberia tatsächlich in der Mongolei Gassi führen kann, wo es statt Straßen reichlich Landschaft in alle Richtungen gibt – driften, bis die Sonne versinkt. Allerdings empfehlen sich hierfür dann doch etwas weniger fein ziselierte Reifen als die auf dem Testwagen aufgezogenen Pirelli-Wintergummis, sondern stattdessen robustere A/T – so, wie sie auf den Wettbewerbsfahrzeugen benutzt werden. Dann kann man sich auch erst richtig an den beachtlichen Geländefähigkeiten des schwarz-orangenen Brummers erfreuen.

Wenig Verschränkung, viel Power

Der hat zwar nicht allzu viel Verschränkung, dafür aber dank der kürzeren Achsübersetzung mehr Freude am Kraxeln: Minimal 51,8:1 statt 44,9:1 ist der erste Gang übersetzt, mancher Allradklassiker wäre froh darüber. Das Tiptronic-Automatikgetriebe bringt mit 45,9 im ersten Gang einen ebensolchen Fabelwert zustande. In Verbindung mit dem höhenverstellbaren Luftfederfahrwerk geht da schon einiges, wenn man sich traut. Nur auf Anfang und Ende des Transsibirien-Express muss man achten – die Böschungswinkel sind im Gegensatz zum Rallye-Cayenne nicht berauschend und der Kunststoff eher von der teuren Sorte. Da fragt man ungern beim Porsche-Händler nach Ersatz. Auch über weitere Feinheiten des echten Rallye-Renners kann man sich nur anhand schöner Bilder freuen. Denn eine zusätzliche Umrüstung des Cayenne Transsyberia im Stil der 28 Originale ist nicht geplant. Wer den vollflächigen Unterfahrschutz, spezielle Dämpfer für die Luftfederbeine, den schlank an der Scheibe anliegenden Luftschnorchel oder einen integrierten Käfig wünscht, muss sich mit seinem Anliegen an die einschlägigen Umrüster wenden; ab Werk werden die Teile nicht angeboten. Immerhin: Seilwinde und Ersatzräder im Heck – das geht auch ganz ohne Umbau.
 

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