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Porsche 911 Cabrio im Fahrbericht
Von Luft und Liebe

Überraschung! Porsche öffnet ganz zufällig zur kommenden Cabrio-Saison den neuen 911. Deutlich überraschender: das aufwendig verstärkte und isolierte Verdeck in Mischbauweise. Und vor allem der Auftritt des hubraumreduzierten Basistriebwerks mit 350 PS.

Porsche 911 Carrera Cabriolet, Heck
Foto: Hans-Dieter Seufert

Ob es wohl einem Ingenieur gelingt, das Wort „Flächenspriegelverdeck“ halbwegs stolperfrei in eine Liebeserklärung einzubetten? Vermutlich nicht. Dabei umschreibt diese holprige Ansammlung von Buchstaben höchst technokratisch das durchaus elegant geratene Dach des neuen Porsche 911 Cabrio. Ein ganz normales Verdeck, so scheint es, doch eigentlich handelt es sich um ein gut getarntes Hardtop. Um das gleich abzuhaken: Selbst bei hohem Autobahntempo halten sich Windgeräusche in Grenzen, die Mütze sitzt perfekt.

Porsche 911 Cabrio mit echter Sportwagen-Seele

Am allerschönsten sieht sie allerdings aus, wenn sie in ihrem Kasten steckt und so den Fahrer nicht nur den Elementen, sondern auch dem Antrieb aussetzt. Schließlich behauptet Porsche, die Sportwagen-Seele des Elfer eins zu eins in das Cabrio herübergerettet zu haben. Dass es der Hersteller damit wirklich ernst meint, beweist die Option 220. Hinter diesem Code verbirgt sich eine mechanische Hinterachs-Quersperre inklusive Torque-Vectoring-Funktion. Der Haken dabei: Nur die Porsche 911 Cabrio-Varianten mit manueller Siebengang-Schaltung lassen sich damit ausrüsten. Da Porsche entsprechende Fahrzeuge noch nicht herausrückt, ragt also einmal mehr der Wählhebel des Doppelkupplungsgetriebes aus der Mittelkonsole des draufgängerisch racinggelben Testwagens. Dann eben erst später.

Stattdessen: Dach auf, Motor an. Leicht rasselnd und mit dumpfer, porschetypisch nach leichtem Halsweh klingender Stimme brodelt das Basis-Triebwerk im Heck des Porsche 911 Cabrio vor sich hin. Noch bevor die Entwickler das Flächenspriegelverdeck erfanden, klauten sie den sechs Zylindern je vier Millimeter Hub. Bleiben also 3,4 Liter Hubraum übrig, die Leistung steigt gegenüber dem 3,6-Liter-Vorgängertriebwerk um fünf auf 350 PS, das Drehmoment bleibt unverändert bei 390 Newtonmetern. Durch die Hubraumreduktion erhöht sich das Drehzahlniveau deutlich, was bei einem Saugmotor die Sportwagen-Fans in der aktuell stark turbogesättigten Autowelt sicher bejubeln. Und wie soll dann die versprochene Verbrauchsreduktion von 15 Prozent realisiert werden? Darüber machen wir uns an anderer Stelle Gedanken, dann unterfüttert von Messwerten.

Sportauspuff ist besser als jedes Soundsystem

Jetzt rollt das Porsche 911 Cabrio auf seinen 20 Zoll großen Winterreifen los, eine Mütze trägt nur noch der Fahrer. Erste Frischluftperlen purzeln über den verstärkten Frontscheibenrahmen und kriechen um die Spiegeldreiecke in das unverändert vom Coupé übernommene Interieur, das demnach ordentliche Platzverhältnisse sowie ein aufgewertetes Infotainmentsystem bietet. Einziger Unterschied: drei zusätzliche Knöpfe – damit kennt sich Porsche schließlich aus – hinter dem PDK-Wählhebel. Sie steuern das Verdeck sowie das elektrisch betätigte Windschott, das ähnlich wie ein zierlicher Überrollbügel hinter den Vordersitzen des Porsche 911 Cabrio aufspannt. Rücksitze? Physisch vorhanden, psychologisch eine Zumutung für jeden, der dort einen Platz angeboten bekommt – Sportwagen eben.

Keine Watschn, sondern eine bauchkraulende Symphonie erfüllt die Luft, wenn das Gaspedal unnachgiebig den Kontakt zum Teppich sucht. Basismotor? Teufel noch eins, das Triebwerk ist der Gipfel. Gierig, aber nicht bösartig schnappt es nach Gaspedalbefehlen, um prompt eine Ziffer nach der anderen auf dem Drehzahlmesser zu vernaschen. So gleichmäßig wie ein Sportruderer schraubt sich der mit 12,5:1 verdichtete Direkteinspritzer hoch, wirbelt durch die 7.000er-Marke, um bei 7.800/min seinen Leistungsgipfel zu erreichen. Dabei pfeffert die optionale Sportauspuffanlage mit Klappensteuerung trotzig-röhrend Klangsalven dem nachfolgenden Verkehr zwischen die Scheinwerfer, das Soundsystem im Innenraum des Porsche 911 Cabrio steht längst auf stumm. Jetzt rockt nur noch der Boxer.

Mag sein, dass die 400 PS starke S-Variante des Porsche 911 Cabrio oberhalb von 5.000 Umdrehungen druckvoller schiebt – geschenkt. Drei Zehntel schneller von null auf 100 km/h für 14.399 Euro Aufpreis? Ein mäßiger Deal, denn eine Zeit von 4,6 Sekunden für den Standardsprint besteht jedes postpubertäre Gepose, falls nötig.

Porsche 911 als Cabrio bleibt ein faszinierender Sportwagen

Die optischen Unterschiede beschränken sich ohnehin auf ein Zoll größere Räder (19 Zoll Serie) und ein ohne die Pflichtoption Sportauspuff anderes Auspuffdesign. Alles andere – von der gewichtssparenden Karosseriekonstruktion (im Vergleich zum Vorgänger um bis zu 60 Kilogramm) bis hin zur präzisen, elektromechanischen Lenkung – bietet bereits der Basis-Carrera. Das fleißig dämpfende, jedoch immer straff federnde Active-Suspension-Fahrwerk muss in jedem Fall extra bezahlt werden. Es ermöglicht nicht nur ordentlichen Komfort, sondern zirkelt um nahezu jeden Kurvenradius locker aus dem Federbeingelenk, solange der Fahrer des Porsche 911 Cabrio dran denkt, immer leicht am Gas zu bleiben.

Ungeachtet des gegenüber dem Coupé um 70 Kilogramm höheren Leergewichts bleibt der Porsche 911 als Cabrio das, was die Fans der Marke erwarten: ein faszinierender Sportwagen – und zwar nicht trotz, sondern wegen seines prächtigen Einstiegstriebwerks. Dessen Klang veredelt eine Liebeserklärung noch besser als das Flächenspriegelverdeck.

Technische Daten
Porsche 911 Carrera Cabriolet
Grundpreis104.043 €
Außenmaße4491 x 1808 x 1299 mm
Kofferraumvolumen145 l
Hubraum / Motor3436 cm³ / 6-Zylinder
Leistung257 kW / 350 PS bei 7400 U/min
Höchstgeschwindigkeit284 km/h
Verbrauch8,4 l/100 km
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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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