Mit echtem Sauwetter verabschiedet uns Hochgurgl am letzten Tag. Nebel, Wind, Sicht unter fünf Meter – Skifahren macht so keinen Spaß. Das haben wir nicht verdient. Schön waren die letzten Tage. Mit, trotz oder gerade wegen des Elektroautos? Finden wir auf den nächsten Seiten heraus. Ich selbst muss zugeben: Ich bin leidenschaftlicher E-Auto-Skeptiker – aber technologieoffen. Es muss halt alles immer Sinn ergeben; der Anwendungsfall muss passen. Auf eine Technologie umsteigen, nur weil einer sagt, dass wir es wollen sollen? Das muss schon jeder selbst mit sich und seinen Bedürfnissen ausmachen. Also: Langstrecke, Winter – was soll das? Ganz einfach: Wir probieren mal aus, wie kompliziert das mit einem modernen E-Auto heute ist.
Start in Oberbayern
Wir starten und nehmen die sehenswerte Route über Tegern- und Achensee. Mit dem E-Auto muss man schließlich anders reisen – bedachter, entspannter, ohne Zeitdruck. Und wo geht das besser als im (imaginären) Urlaub. Natürlich sind wir in offizieller Mission unterwegs, aber wir tun einfach mal so. Ein bisschen sind wir auch in tödlicher Mission unterwegs, aber dazu später mehr, wenn wir auf den Spuren eines gewissen britischen Geheimagenten wandeln.
Bis dahin säuseln wir durch das Inntal – und nutzen die Gelegenheit, um in Innsbruck den 87-kWh-Akku noch mal vollzuknallen. Zum einen, weil die Tiroler Hauptstadt einiges zu bieten hat (siehe Reisetipps auf Seite 150/151) und andererseits: Ob sie im Ötztal schon auf die automobile Zukunft eingerichtet sind?

Als wir schließlich in Sölden eintreffen, wissen wir es besser. Unsere Ladeplanung zeigt uns reichlich Möglichkeiten. Sogar Schnelllader sind verfügbar. Zwar keine Ladeparks mit dutzenden Plätzen, aber in einem urigen Dorf ist das ja logisch. Gut zu wissen, doch bevor wir im Hotel einchecken, quälen wir das E-Mobil noch die erste Höhenetappe hinauf. Direkt nach dem Ortsausgang führt die Ötztaler Gletscherstraße hinauf zum Rettenbachferner. Es ist bereits später Nachmittag und wir wollen den Sonnenuntergang nutzen. Zum einen für spektakuläre Bilder und andererseits auch einfach weil‘s schön ist. Alpenpanorama mit schneebedeckten Gipfeln hatten wir schließlich lang nicht mehr.
Die Maut kostet pro Auto 24,50 Euro – ob Elektro oder Verbrenner, das macht (noch) keinen Unterschied. Wäre vielleicht mal ein Denkanstoß für die kommende Saison. Gäste mit gültigem Skipass kommen übrigens kostenlos durch die Schranke. Oben angekommen finden wir einen verwaisten Parkplatz. Wir fragen, ob wir für ein paar Bilder mal kurz die Sau rauslassen dürfen. Und siehe da, der Nissan kann auch Après-Ski-Gaudi. Modus Sport, ESP aus, anlenken, Vollgas. Das Heck bricht aus und schon brennen wir einen herrlichen Allraddrift in die Gletscherlandschaft. Freilich nur auf abgesperrtem Gelände und nicht im Straßenverkehr. Vorteil: Der Ariya macht das nahezu lautlos. Mit einem schreienden V10 unter der Haube hätten wir Bedenken, die ein oder andere Lawine auszulösen.

Der kann auch lustig: Auf abgesperrter Strecke lassen sich herrliche Allrad-Drifts in den alpinen Schnee zaubern.
Spaß kostet Akkukapazität
Als Fotograf und Kameramann schließlich zufrieden sind, meldet der Nissan 29 Kilometer Restreichweite. Ein schlechtes Gewissen stellt sich dennoch nicht ein, denn mit dem Elektroauto verblasen wir ja auch bei solchen Spaß-Einlagen keinen Dinosaft. Blöd nur, dass es zum Hotel 28 Kilometer sind. Könnte eng werden, obwohl der ARIYA bergab eher Reichweite dazugewinnen sollte. Zurück in Sölden zeigt der Nissan wieder 40 Kilometer – einwandfrei, das schaffen wir.
In unserem Hotel, dem Alpenhotel Laurin in Hochgurgl (mehr Infos in der Reisetipps-Sektion) hat man sich schon auf die neue Klientel eingestellt: Eine Wallbox sitzt an den Freiparkplätzen vor dem Hotel, eine weitere in der Halle des Chefs. Wir dürfen Letztere nutzen und unseren ARIYA über Nacht dort laden. Vorteil: Morgens ist der Crossover muckelig warm. Nach zwei Nächten laden stehen etwas über 60 Euro zusätzlich auf der Rechnung. 50 Cent verlangt das Hotel für die Kilowattstunde. Kein Schnäppchen, aber auch kein Wucher. Beim Check-out fragt uns die Chefin noch, wie das so sei mit dem Stromer. Für sie käme das ja nicht in Frage, sie braucht einen Bus – mit Allrad – und Drehmoment. Na gut, mit Letzterem können wir dienen – satten 600 Newtonmeter sogar –, aber ein echtes, knorriges Allradsystem für die Berge sieht natürlich anders aus. Wobei auch der e-4ORCE-Antrieb im ARIYA mit den hiesigen Straßenbedingungen keinerlei Probleme hat. Sein Vorteil: Dadurch dass es nicht auf eine mechanische Verbindung zwischen den Antriebsachsen angewiesen ist, kann sich das System blitzschnell auf neue Bedingungen einstellen. Innerhalb von 0,1 Millisekunden kann der ARIYA die Kraftverteilung anpassen.

Ein knorriges Allradsystem für die Berge sieht natürlich anders aus. Wobei auch der e-4ORCE-Antrieb im ARIYA mit den hiesigen Straßenbedingungen keinerlei Probleme hat.
Von Kaiserwetter und Kaiserschmarrn
Am nächsten Morgen nutzen wir das Kaiserwetter für ein paar weitere schöne Bilder, bevor wir uns wieder in Richtung Sölden bewegen. Denn nun wartet der nächste Gipfel auf uns – diesmal allerdings nicht mit dem Auto. Die Gaislachkoglbahn bringt uns auf 3.048 Meter hinauf, wo uns Abenteuer und Gaumenfreuden der besonderen Art erwarten. Den Nissan stecken wir vorher noch an einer der Säulen direkt an der Bergbahn an, denn so parken wir zudem gratis.
Mit der zweiteiligen Bergbahn fahren wir zur Eventlocation ice Q, wo Chefkoch Jonas Grundner (29) seit kurzem den Gästen ein Gourmet-Menü auf Zwei-Hauben-Niveau kredenzt. Er interpretiert Heimatküche auf die exklusive Art und kombiniert all das mit feinen Aromen. Frisch gestärkt geht es an den zweiten Teil des Gipfelabenteuers, denn die spektakuläre schwarze Glasfassade des ice Q diente 2015 als Kulisse für den James-Bond-Film Spectre. Das hat man sich zum Anlass genommen, eine Erlebniswelt in den Fels zu bauen: das "007 Elements". Der Bau erstreckt sich über zwei Etagen auf rund 1.300 Quadratmeter und befindet sich im Inneren des Gaislachkogls auf 3.050 m Seehöhe. Die Besucher können sich auf eine Reise durch interaktive Hightech-Galerien begeben. Insgesamt neun Räume behandeln unterschiedlichste Aspekte der sagenumwobenen Filmreihe. Neben Bonds technischen Gadgets werden auch die Actionszenen im Detail erklärt und der Zuschauer erfährt, wie die einzelnen Sequenzen zu einem fertigen Film zusammengesetzt werden. Zum Ende begeistert noch das originale Flugzeugwrack aus der berühmten Verfolgungszsene im Film, das an der Decke hängend so dargestellt ist, als würde es gerade erneut durch die Holzscheune brechen.

Beim Grundpreis des ARIYA e-4ORCE mit Evolve Pack, liegen wir bei 60.490 Euro.
Der Berg ruft
Am Folgetag wollen wir wieder auf den Berg – aber diesmal auf Skiern. Also leihen wir uns bei Sport Riml in Hochgurgl das passende Material und entern den Lift direkt nebenan. Zu mehr als ein paar Abfahrten kommen wir aber leider nicht, denn das Wetter zieht zu und gegen Mittag ist die Sicht auf rund fünf Meter gefallen. Wir treffen uns am Top Mountain Crosspoint Restaurant an der Mautstation hoch zum Timmelsjoch. Neben einer Stärkung wartet hier auch ein riesigen Motorradmuseum auf uns, in dem sich Schlechtwettertage ganz entspannt aushalten lassen.
Und dann droht auch schon wieder die Heimfahrt, auf der wir ebenfalls einmal den ARIYA-Akku auffüllen müssen. Doch dieser letzte Stopp kommt uns gerade gelegen, denn nach all diesen Erlebnissen haben wir Redebedarf – und der lässt sich wunderbar bei einem Kaffee an der Raststätte stillen.
Nissan ARIYA Vorstellung
Ein angenehmer Allrounder. Top-Verabeitung, der viel Platz bietet.

Hochwertiger ARIYA-Innenraum mit Holz und Alcantara.
Seit 2022 ist Nissan mit dem ARIYA auch im Crossover-Bereich vollelektrisch unterwegs. Nach dem europäischen Produktionsende der zweiten Leaf-Generation setzen die Japaner komplett auf den 4,60 Meter langen Fünftürer. Er ist in vier Versionen zu haben, wobei sich die Leistungsdaten und Akkugrößen je nach Kombination deutlich unterscheiden.
Wir versuchen das Ganze mal für Sie aufzudröseln: Für Kunden, die mit ein bisschen weniger Reichweite glücklich sind, steht ein Akkupack mit 63 kWh parat, den gibt es hierzulande allerdings nur als vorderradgetriebene Version. Der große 87-kWh-Akku kommt schon in der frontgetriebenen Basis mit einem etwas stärkeren E-Motor. 178 kW (242 PS) sorgen für Vortrieb, für bis zu 531 Kilometer soll eine Ladung reichen. Die allradgetriebene Version, mit der wir unterwegs waren, bringt es auf 225 kW (306 PS) und satte 600 Newtonmeter Drehmoment. 513 Kilometer nennt Nissan als maximale WLTP-Reichweite.

Über diesen Versionen rangiert in Europa ab Anfang 2025 nur noch der vor rund einem Jahr auf dem Tokyo Auto Salon vorgestellte ARIYA Nismo. Auch ihn bietet Nissan in Deutschland nur mit der größeren der beiden Akkugrößen an. Daher kommen wir auch nicht in den Genuss des 367-PS-Nismo. Viel mehr Spaß macht ohnehin die Variante mit den vollen 320 kW (435 PS) . Damit spurtet der Nismo in glatten fünf Sekunden auf 100 km/h.
Nissans Sportabteilung hat nicht nur die Optik des ARIYA nachgeschärft – am Fahrwerk haben die Entwickler das Feder-/Dämpfer-Setting angepasst und die Konstruktion steifer gestaltet. Auch das e-4ORCE-Allradsystem wurde so ausgelegt, dass tendenziell mehr Kraft an die Hinterräder fließt, um das Fahrverhalten zu agilisieren. Optisch gefällt der Nismo mit 20 Zoll großen Enkei-Felgen und einem Optikpaket mit Dachkantenspoiler und Frontsplitter.