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Neue Mercedes E-Klasse im Fahrbericht
Mit Mega-Modellpflege gegen die Konkurrenz

Die modellgepflegte Mercedes E-Klasse will mit sportlich-runderer Optik, neuen Turbo-Benzinmotoren und einer Armada an Assistenzsystemen ihren Konkurrenten endlich davonziehen. Wir fuhren sie mit allen neuen Motoren.

Mercedes E-Klasse, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Gorden Wagener ist zufrieden mit der Mercedes E-Klasse. Den Pulli lässig über die Schultern geschwungen, streicheln seine Hände über die Frontpartie, während er erklärt, dass die Formen jetzt geschmeidiger und die neuen Scheinwerfer für sich schon „wahre Kunstwerke mit LED-Lichteinheiten, die wie Diamanten funkeln“ seien. Zudem würde der Verzicht auf das getrennte Vier-Augen-Gesicht nun weniger Fugen und damit Fertigungsprobleme verursachen.

Die Aufgabe des Mercedes-Chefdesigners war klar: einem unbestritten guten Auto wie der Mercedes E-Klasse eine dynamischere Optik verpassen. Die Konkurrenten Audi A6 und BMW 5er kokettierten bisher viel offener mit Sportlichkeit, die – so führt Wagener aus – als Zeichen von Jugendlichkeit und Erfolg gelte. Ob die neue, sehr extrovertierte Leuchtengrafik (optional auch Voll-LED) dabei als cool oder zu modisch rüberkommt, darf jeder selbst entscheiden. Der neue Avantgarde-Grill mit integriertem, ziemlich großem Stern macht jedenfalls was her, und die bisherigen Radhausverbreiterungen hinten wird keiner vermissen.

Dynamischeres Design und komfortablere Federung

Nun mag die größtenteils eher ältere Kundschaft der Mercedes E-Klasse zwar nach außen gerne das Polohemd tragen, aber kratzen soll es nicht. „Wir haben die Federung der Avantgarde-Linie etwas komfortabler abgestimmt“, erläutert Entwicklungsleiter Thomas Ruhl. „Am Basis-Fahrwerk mussten wir nichts machen.“ Der Mann hat Recht. Wie komfortabel und ausgewogen schon die normale Stahlfederung ist, fällt im direkten Vergleich mit A6 und 5er sofort auf. Sie spricht exzellent an, versteckt Straßen-Verwerfungen, die die Konkurrenten erst aufdecken, und wird trotzdem nie schunkelig. Die neue Mercedes E-Klasse überzeugt vom ersten Moment an. Sie lässt sich mit der neuen elektromechanischen Lenkung ruhig steuern, ist präzise und agil genug sowie mit einer Fähigkeit gesegnet, die heute nur noch wenige Autos besitzen: Sie fließt ruhig und bleibt beim Fahren im Hintergrund.

Mercedes E-Klasse assistiert dem Fahrer mehr denn je

So wirkt es subjektiv; objektiv kümmert sich die Mercedes E-Klasse mehr als je zuvor darum, dass der Fahrer den richtigen Abstand und die Spur hält, keine Fußgänger anfährt oder andere Verkehrsteilnehmer auf der Parallelspur oder an Kreuzungen anrempelt. Hechelte Mercedes bisher Volvo beim Thema aktive Sicherheit hinterher, so übernimmt man nun zumindest den Daten nach wieder die Führungsposition. Dafür sorgt vor allem die neue Stereokamera, die ihre 3D-Bilder mit den Daten des Radarsystems fusioniert und damit eine höhere Zuverlässigkeit schafft.

Welche Funktionen man hiervon nutzen möchte, lässt sich – leider immer noch umständlich – nur im netter und bunter animierten Bordcomputer-Menü entscheiden. Am meisten dürfte passionierte Langstreckenpiloten in der Mercedes E-Klasse begeistern, wie souverän damit der Abstandsregeltempomat funktioniert. Mit schnelleren und harmonischeren Reaktionen kommt er näher als jedes andere System bisher an das Verhalten eines Autofahrers heran. Die aktive Unterstützung beim Spurhalten (elektromechanische Lenkung sei Dank) wirkt auf sehr kurvigen Strecken allerdings störend. Was nichts daran ändert, dass der A6 und speziell der 5er in diesen Disziplinen nochmals deutlich nachlegen müssen.

Antiquiertes Infotainment-System

Aber auch die Mercedes E-Klasse muss im Vergleich zu den deutschen Premium-Mitbewerbern bei der Elektronik besser werden. Immer noch glimmt einem der inzwischen recht kleine Bildschirm des alten Infotainmentsystems entgegen. Grafisch und technisch etwas aufgehübscht (3D-Ansicht der Navigation, neue Apps in Comand Online), fehlt weiterhin ein präzises, handydatenbasiertes Stauinfosystem (nur TMC erhältlich) und eine grundsätzliche Modernisierung der Bedienlogik. Darüber dürfen sich erst die Fahrer der kommenden S-Klasse ab Mai freuen.

Ansonsten hat das Interieur der Mercedes E-Klasse etwas Wagenersche Schminke aufgelegt: Neu gestaltete Lüftungsdüsen und ein markant über das Armaturenbrett geschwungener Zierstreifen – nach Gusto in Holz, Metall oder Lack – verleihen der Stern-Limousine nun mehr Pepp und Glanz. Die Sitzmöbel der E-Klasse sind einfach klasse: Am Anfang unauffällig, entlassen sie den Rücken nach Hunderten Kilometern entspannt nach draußen.

Mit breiter Motorenpalette bis zu 585 PS trumpft die Mercedes E-Klasse auf

Sie spenden auch genug Halt, wenn der neue, recht teure 250er schon ab 1.200/min mit vollen 350 Nm loslegt. Der Zweiliter-Turbo verleiht der Mercedes E-Klasse angemessene Dynamik, braucht aber zusammen mit der Siebengang-Automatik einen Tick, bis er loslegt. Beachtlich ist sein dieselähnlicher Verbrauch von 5,8 L/100km. Der 333 PS starke Dreiliter-Biturbo-Benziner genehmigt sich 1,7 Liter mehr, jagt aber mit 480 Nm fast ansatzlos aus dem Drehzahlkeller.Dazu trompetet ein überraschend kehliger Beschleunigungston, der nur noch vom prächtigen Bollern und Wummern des 585 PS starken V8 im Mercedes E 63 AMG S übertroffen wird.

Der fährt sich mit seinem neuen, heckbetonten (30:70) Allradantrieb äußerst agil, aber vor allem bei Nässe sicherer als bisher. Bei der brutalen Wucht und Traktion, mit der er nach vorne schießt, sollte Herr Wagener aber seinen Pulli ganz, ganz fest verknoten.

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Erscheinungsdatum 03.07.2024

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